Deutsche-Bank-Chef verteidigt Risiko-Investitionen

Politiker verwechseln Ursache und Wirkung beim CDS-Markt


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Josef Ackermann sieht einen Stabilisierungsfonds für die geordnete Abwicklung von Banken als "unabdingbar" an. "Ein verfügbarer Pool von Kapital zur Stabilisierung, Restrukturierung oder geordneten Abwicklung von Banken ist in meinen Augen (...) unverzichtbar", sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank AG am Mittwoch in Frankfurt. "Wir ersparen uns damit die Notwendigkeit, in einer angespannten Situation und unter höchstem Zeitdruck frisches Kapital zusammenzusuchen." Die damit verbundene Unsicherheit würde einem geordneten Prozess weichen, dessen Spielregeln und Abläufe bereits vorher festgelegt seien.

Dabei gehe es nicht darum, gescheiterte Banken künstlich zu erhalten, sondern die Mittel für eine Abwicklung im Falle des Falles parat zu haben, betonte Ackermann. Die Einrichtung eines Stabilisierungsfonds wird derzeit von den Regulierungsbehörden und der Politik intensiv diskutiert. In seiner Rede schilderte Ackermann, wie er sich eine Reform vorstellt, und forderte eine systemische Regulierung, die internationale Gültigkeit für die Finanzinstitute haben soll. Kein Land könne sich einen Alleingang leisten, warnte er. Dabei setzte sich Ackermann für eine schlagkräftigere Aufsicht ein, die über frühzeitige Eingriffsrechte verfügen und das Recht haben müsse, Geschäftsmodelle zu hinterfragen. Um hierfür die Qualifikation zu haben, müssten die Mitarbeiter der Aufsicht weitergebildet werden, sagte er.

Die Aufsicht solle kein zahnloser Tiger sein, war die Botschaft von Ackermann. Sie sollte bei Banken, die sich nicht aus eigener Kraft stabilisieren können, über robuste Eingriffsrechte verfügen und eine Restrukturierung vornehmen dürfen. "Das schließt zum Beispiel das Ausgliedern und Übertragen einzelner Konzernteile ein", sagte er.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank forderte erneut eine Reform der Eigenkapitalstandards. Es sei klar, dass das Niveau an Eigenkapital insgesamt zu gering war, sagte er und forderte eine Stärkung der Eigenkapitaldecke des Finanzsystems. Dabei zitierte er die vom Baseler Ausschuss in Aussicht gestellten Maßnahmen wie antizyklische Kapitalpuffer und eine dynamische Risikovorsorge, höhere Kapitalanforderungen für bestimmte Geschäfte zwischen Banken sowie eine Leverage Ratio (Verschuldungshebel.)

Ackermann verteidigte bei seiner Rede zudem Risiko-Investitionen. Bei der Suche nach einer der richtigen Lösung für eine Reform der Finanzaufsicht seien Schuldzuweisungen an "sogenannte Spekulanten" im Zusammenhang mit den Problemen Griechenlands nicht zielführend, kritisieret er. "Die gegenwärtige Diskussion um die CDS-Märkte ist illustrativ für die Problematik", sagte er. "Die Reaktion mancher Politiker legt eine Verwechslung von Ursache und Wirkung nahe." Die Entwicklung der CDS-Prämien spiegele die Verschlechterung der fiskalischen und wirtschaftlichen Lage Griechenlands sowie die Unsicherheit über inländische Reformen und internationale Rettungsmaßnahmen wider. "Es bedurfte nicht des CDS-Marktes, damit Investoren ein Haushaltsdefizit von 12% als nicht nachhaltig erkennen."

Gleichzeitig setzte sich Ackermann - der stolz darauf ist, dass die Deutsche Bank ohne Staatshilfe ausgekommen ist - dafür ein, dass sich die Bundesregierung an einer Rettung Griechenlands beteiligt. Er verwies auf die "beträchtlichen Milliarden", die Deutsche Banken "im Feuer" haben. Eine Stigmatisierung von riskanten Produkten als "angeblich hochriskantes Kasino-Banking mit Derivaten, Verbriefungen, Hedge-Fonds, Private Equity und Eigenhandel" verbat sich Ackermann. Ohne Absicherung von Langlebigkeitsrisiken gebe es beispielsweise keine Pensionspläne und ohne Emissionszertifikate und Wetterderivate würden die Kosten zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels höher ausfallen, sagte er. Es wäre falsch zu denken, diese Instrumente dienten nur der Bereicherung einiger weniger, so genannter Spekulanten.

[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

Pleitegeier /18.03.2010 00:34
Es passiert ja höchst selten dass ich Ackermann mal zustimme, aber in diesem Fall kann ich nicht anders. Banken müssen sterben können wie jedes andere Unternehmen auch. Und dieser Sterbeprozess sollte sich weder über Jahre hinziehen, noch den Steuerzahler Milliarden kosten.

Ein geordneter Prozess für die Abwicklung von maroden Banken würde in der Tat bei der nächsten Finanzkrise dem Aktionismus, nächtelange Verhandlungen zwischen Politikern und Bankern sowie einem Vertrauensverlust der Märkte vorbeugen.

Und: Jedem Bankmanager muss klar sein dass er nun keine Vollkasko-Versicherung auf Kosten des Steuerzahlers hat. Ähnlich wie bei Sal. Oppenheim kann man auch alles verlieren bei falschen Entscheidungen.... Und da zahlt uach keiner Steuerzahler für die Dummheit und Unfähigkeit der Vorstände.
dirk /18.03.2010 12:17
@Pleitergeier: Völlig richtig, ich stimme Dir und auch Joe Ackermann zu. Was mich vor allem ärgert, dass die Politiker immer das Argument der Systemkrise herausgeholt haben, obwohl viele der Milliarden in Institute geflossen sind, die in keiner Weise ein systemisches Risiko darstellen. Daher sollte man sich in der nächsten Zeit mal Gedanken machen, wie man derartige systemische Risiken eigentlich messen will.

Und unabhängig davon, dass es nicht okay ist, dass der Steuerzahler für die Arroganz, Dummheit und Überheblichkeit der Vorstände gezahlt hat, werden sich die Staaten keine zweite Krise leisten können. Auch deren Risikotragfähigkeit ist begrenzt ... das wussten viele bisher nur leider nicht ;-(
Markus /18.03.2010 16:43
Zwar hat Josef viel Richtiges in seinem Statement niedergelegt, jedoch vermisse ich eine aktivere Rolle beim größten deutschen Finanzinstitut.

Banken müssen wie jedes Unternehmen, GmbH usw. abgewickelt werden können. Zwar ist die Masse größer, aber das Prinzip bleibt gleich.

Dazu gehört ein Testament und die Einsicht, dass die momentanen Eigenkapitalvorschriften nicht ausreichend sind.

Man wird viel über RM-Systeme, Laufzeit-Kongruenzen usw. diskutieren können,
BOTTOM-LINE wird sein, dass ab einer Eigenkapitalquote von 25%, viele negative Ereignisse der letzten Jahre hätten abgemildert werden können und dieses vom Vorstand noch nachzuvollziehen ist, im Gegensatz zu mathematischen Risikobewertungen bzw. -einschätzungen.

Es bedarf keiner staatlichen Unterstützung, sondern vielmehr entsprechender Gesetzte, die die Unternehmen zwingen mehr an ihrer Substanz, als am Gewinnstreben orientiert zu sein.

Alle Banken, die möglicherweise vom deutschen Steuerzahler gestützt werden müssten, sollten diesem Leitprinzip folgen.

Es gibt keine systemrelevanten Institute, sondern nur Institute für sich.

Wenn jede einzelne Bank, abgewickelt werden kann, besteht kein Systemrisiko oder die Notwendigkeit einzelne Institute zu unterstützen und Steuergeld zu verbrennen, für Entscheidungen von Vorständen, die nicht meht Herr der Lage sind.
eddi /18.03.2010 19:01
@Markus: Völlig richtig. Das Interessante ist aber doch, dass genau die Banken seit Jahren ihren Kunden erzählen, dass sie Substanz ansetzen sollen (EK aufbauen etc.), um die Risikotragfähigkeit zu erhöhen.

Bin allerdings nicht der Ansicht, dass es keine systemrelevanten Institute gibt. Für die Versicherer ist bspw. die HRE sehr wohl systemrelevant und eine Insolvenz hätte deren Bilanzen massiv durcheinandergewirbelt und auch zu der einen oder anderen Pleite geführt.
Judith /18.03.2010 22:49
Systemrelevant sind aus meiner Sicht weder die Geldinstitute der zweiten und dritten Reihe noch die ganzen Spezialbanken. Aus meiner Sicht ist auch die HRE (und auch nicht die HSH Nordbank) nicht wirklich systemrelevant. Ein Dominoeffekt wäre bei der HRE nicht zu befürchten. Lehman war sicherlich systemrelevant und wurde trotzdem fallengelassen. Der Begriff wird sehr gerne (vor allem von Politikern) verwendet, ohne dass definiert wird, was mit Systemrelevanz eigentlich gemeint ist ...
RiskNET Redaktion /19.03.2010 11:54
+++ IWF/Strauss-Kahn: EU braucht Behörde für Abwicklung von Banken +++

Die Europäische Union muss nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) eine neue Behörde für die Abwicklung von grenzüberschreitend tätigen Banken schaffen, die zahlungsunfähig werden. Der Geschäftsführende Direktor des IWF, Dominique Strauss-Kahn, sagte am Freitag bei einer von der EU-Kommission veranstalteten Konferenz, ein neues EU-Organ sei erforderlich, um illiquide Banken rasch und kosteneffektiv abwickeln zu können.

Diese "European Resolution Authority" müsse mit dem entsprechenden Mandat sowie den erforderlichen Mitteln ausgestattet werden und sollte Teil eines umfassenderen Krisenmanagementsystems sein. Der IWF-Direktor bemängelte, dass die EU im Zuge des radikalen Umbaus der Regulierungsstruktur bisher noch kein Krisenmanagementsystem entwickele. Ein solches System sollte seinen Worten zufolge Krisenprävention, Krisenmanagement, Krisenbewältigung und den Einlagenschutz umfassen.
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