Spreadsheets begegnen uns überall. Sie ermöglichen es, schnell und flexibel Analysen durchführen, die sonst nur schwer oder zeitaufwendig zu erstellen wären.
Als Folge neigen wir dazu, nicht mehr über alternative Werkzeuge nachzudenken. Allerdings wurden Tabellenkalkulationen nie entwickelt, um Anwendungen auf Unternehmensebene zu etablieren. Dennoch werden vermehrt hochkomplexe Spreadsheet-Anwendungen mit meterlangen Makros, benutzerdefinierten Funktionen und vielfältigen externen Links zu anderen Spreadsheets erstellt. Solche Konstruktionen besitzen häufig eine nur eingeschränkte Revisionssicherheit. Etwaig notwendige Strukturänderungen lassen sich meist nur mit viel Mühe durchführen und sind wiederum risikobehaftet.
Spreadsheets stellen daher für manche Unternehmungen ein ernstzunehmendes operationelles Risiko dar. Und dennoch: Auch im Risikomanagement werden bislang vielfach vorwiegend Spreadsheets als Werkzeug eingesetzt (siehe RiskNET Umfrage).
Spreadsheets begrenzen die Methodenvielfalt im Risikomanagement
Neben der eingeschränkten Auditsicherheit komplexer Spreadsheets gilt es ein weiteres Manko in den Augen zu behalten: Auch komplexe Spreadsheets bleiben in ihrer Leistungsfähigkeit bei der Risikoquantifizierung weit hinter den Möglichkeiten einer Statistiksoftware wie R zurück. Das kann dazu führen, dass sich die Methodik der Risikoquantifizierung gänzlich an den begrenzten Möglichkeiten der Spreadsheets orientiert. Stattdessen sollte sich aber umgekehrt das Werkzeug der gewünschten Methodik anpassen.
Risikoquantifizierung ist der zentrale Baustein eines adäquaten Risikomanagements. Es muss zunächst die Risikolandschaft in Einzelrisiken oder Risikoklassen segmentiert werden. Sodann sind diese Risikosegmente zu quantifizieren, um schließlich zu einem Gesamtrisiko aggregiert zu werden. Der Aggregationsprozess muss die Abhängigkeitsstrukturen zwischen den einzelnen Risikosegmenten berücksichtigen, um eine Unterschätzung des Gesamtrisikos zu vermeiden. Das alles kann zuweilen ein sehr aufwändiger Prozess sein. Zudem ist das Ganze stets nachzubessern und muss insbesondere laufend an die sich ändernden Umstände angepasst werden. Die stochastische Simulation (Monte Carlo Simulation) ist eine etablierte Methode dieser Komplexität Herr zu werden.
Spreadsheets und Monte Carlo Simulation
Zu den oben genannten Hindernissen bei der Verwendung von Spreadsheets kommt, dass Tabellenkalkulationsprogramme für viele Simulationsanwendungen eine zu geringe Rechengeschwindigkeit bieten, um als geeignetes Werkzeug einsetzbar zu sein. Dies ist insbesondere dann misslich, wenn es zu häufigen Neukalibrierungen oder gar partiellen Restrukturierungen des Modells kommt.
Spezielle Add Ons für MS Excel® wie etwa Risk Kit®, @Risk®, Chrystal Ball® oder ModelRisk® schaffen zwar deutliche Erleichterung, können aber die grundsätzlichen Probleme von Tabellenkalkulationsmodellen nicht vollständig beseitigen.
Die andererseits angebotenen Spezialsoftwarepakete bieten zunächst eine anwenderfreundliche Oberfläche und sind dadurch schnell einsetzbar. Genannt seien hier insbesondere die für die Assekuranz entwickelten Systeme ReMetrica, IGLOO® und RiskExplorer®.
Aber auch das besonders im Bankenbereich für OpRisk im Rahmen des AMA (Advanced Measurement Approach) von Basel III zum Einsatz kommende Instrument ORC - Operational Risk Center (Interexa AG) kann hier mit Einschränkung genannt werden. Die Einschränkung rührt daher, dass das ORC System über die Risikoanalyse bzw. die Monte Carlo Simulation hinausgeht, indem es insbesondere Prozessunterstützung für das Risikomanagement bietet.
Die aufgeführten Systeme sind aber trotz aller Komplexität in der verwendeten Methodik im Vergleich zu einer Software wie R doch relativ unflexibel. Ferner sind solche Softwaresysteme typischerweise sehr kostenintensiv.
Die Alternative: Das Statistikprogramm R
Bereits heute wird R in der Industrie und im Finanzbereich intensiv verwendet. Hierunter befinden sich viele namhafte Weltkonzerne. Genannt seien hier die Unternehmen: Unilever N.V. , Merck & Co., Inc., Thomas Cook Retail Ltd, Google, Inc. und Facebook Inc.. oder die Banken: Unicredit Group, Intesa Sanpaolo S.p.A.
Dessen ungeachtet übersehen immer noch viele Unternehmungen – insbesondere auch KMUs – die Möglichkeiten, die sich aus der Verwendung von R und verwandter Open Source Softwaresysteme ergeben können. Dabei kann gerade die Verwendung solcher Systeme eine sowohl kostengünstige als auch qualitativ hochstehende Alternative zu kommerziellen Softwaresystemen sein.
Neben seiner Grundausstattung verfügt R über die Möglichkeit, Zusatzpakete einzubinden. Tausende solcher Zusatzpakete lassen sich bequem und kostenlos dem System hinzufügen. Diese Pakete decken alle klassischen und auch die jüngsten Entwicklungen in der Statistik bzw. Datenanalyse ab.
In der Praxis ist die Anbindung einer neu zum Einsatz kommenden Software an andere im Unternehmen bereits benutze Softwaresysteme wesentlich. Gerade hier besitzt R eine seiner Stärken. Es gibt eine Vielzahl von Paketen, die es erlauben R mit anderen gängigen Softwarepaketen zu verknüpfen. So ist etwa eine Anbindung an MS Excel® und MS Access® leicht zu bewerkstelligen.
Durch seine Vielfalt an Zusatzpaketen kann R verschiedenste Aufgaben, die bei einer Risikoquantifizierung mittels MCS abzuarbeiten sind, in einer Arbeitsabfolge durchführen:
- Datenreinigung / Datenfilterung,
- Statistische Analysen,
- Verteilungsanpassungen / Kurvenfitting,
- Bestimmung von Abhängigkeitsstrukturen zwischen verschiedenen Risikoquellen,
- Umsetzung dieser Ergebnisse in einem Monte-Carlo-Simulationsmodell,
- Durchführung von Monte-Carlo-Simulationen,
- Auswertung der simulierten Daten,
- Verfassen eines Berichtes.
Zentrale Webseite zu R:
Autor:
Dr. Heiko Frings, Geschäftsführer der Syntropia GmbH, München
RiskNET Intensiv-Seminar:
Einsatz der Open Source Software R im Risikomanagement (RN-S06)
7. - 8. März 2013 (Brannenburg/Wendelstein)
17. - 18. Oktober 2013 (Schloss Hohenkammer bei München)
Schwerpunkte:
- Installation von R und von Zusatzpaketen
- Einführung zu den wichtigsten Befehlen in R
- Arithmetik
- Datenhandling
- Grundlegende statistische Analysen mit R
- Graphiken in R
- Wahrscheinlichkeitsverteilungen in R
- Monte Carlo Simulationen in R
- Überblick: Zusatzpakete zur Risikoquantifizierung
- Fallbeispiele
- Anwenderfreundliche GUIs für R
- Interaktion von R und Excel® und anderen MS Office Anwendungen
- Erstellen von Reports in R
Ihr Vorteil:
Sie lernen, wie Sie mit kostenloser Open-Source-Software anspruchsvolle Analysen Ihrer Risikolandschaft durchführen, Monte Carlo Simulationen ausführen und Risikoreports erstellen können.
Zielgruppe:
Risikomanager, Controller und Geschäftsführung mit allgemeinen Kenntnissen der quantitativen Risikoanalyse. Vorkenntnisse der Software R sind nicht erforderlich.
Zertifikat/Unterlagen:
Alle Teilnehmer erhalten eine umfangreiche Dokumentation in gedruckter und elektronischer Form (USB-Stick, auf dem auch die verwendete Software installiert ist) sowie ein Zertifikat der Risk Academy.
Termine und Orte:
7. - 8. März 2013 (Brannenburg/Wendelstein)
17. - 18. Oktober 2013 (Schloss Hohenkammer bei München)
Referent:
Dr. Heiko Frings
[Bildquelle oben: © momius - Fotolia.com]
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