Ab dem kommenden Jahr wird in der EU erstmals der außerbörsliche Derivatemarkt reguliert. Es wird eine Meldepflicht für alle Derivate-Transaktionen eingeführt und die große Masse der OTC-Derivate muss zentral abgewickelt und mit Eigenkapital unterlegt werden. Das Europäische Parlament befürwortete am Donnerstag eine entsprechende Verordnung zur Marktinfrastruktur (EMIR), für die zuvor ein Kompromiss mit den Mitgliedstaaten erzielt worden war. Damit ist EMIR de facto verabschiedet, der Rat muss sie nur noch formell auf den Weg bringen.
Die Europäische Wertpapieraufsicht ESMA soll nun bis Ende September die für die künftige Regulierung erforderlichen technischen Standards entwickeln, die Rat und Parlament dann ebenfalls noch billigen müssen. Daher können die neuen Vorgaben, die Licht ins Dunkel dieses billionenschweren Marktsegments bringen sollen, erst ab 2013 zur Anwendung kommen.
"Dreieinhalb Jahre nach der Lehmann-Pleite sorgen wir endlich dafür, dass diese risikoreichen Finanzwetten abgesichert und gemeldet werden", sagte der Parlamentsberichterstatter, der CDU-Abgeordnete Werner Langen. Nach Angaben der Bank für internationalen Zahlungsausgleich BIZ umfasste dieser Teil des Finanzmarktes im vergangenen Jahr ein Nominalvolumen von 707 Billionen US-Dollar und einen "Versicherungswert" von etwa 20 Billionen USD.
Eine zentrale Rolle wird mit der neuen Verordnung der ESMA gegeben. Genehmigung und Aufsicht der zentralen Gegenparteien unterliegen zwar den nationalen Behörden, ESMA soll aber bei Unstimmigkeiten zur verbindlichen Streitschlichtung angerufen werden können.
"Es wird künftig keinen Handel mit Derivaten mehr geben, bei dem weder Käufer noch Verkäufer irgendeiner Kontrolle unterliegen", erklärte der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann. Er wies zudem darauf hin, dass das künftige transparente Transaktionsregister die flächendeckende Erhebung einer Finanztransaktionssteuer ermögliche.
Die neue Gesetzgebung geht auf einen Beschluss der G-20-Staaten von September 2009 zurück, die vor dem Hintergrund der Finanzkrise beschlossen hatten, den außerbörslichen Handel mit standardisierten OTC-Derivaten bis 2012 zu regulieren.
EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier sprach von einem Meilenstein auf dem Weg zu einem sichereren und nachhaltigeren Regelwerk für die EU-Finanzmärkte. Er forderte die Gesetzgeber auf, sich jetzt auf die ergänzenden Regelwerke zu konzentrieren, insbesondere auf eine zügige Revision der Richtlinie Märkte in Finanzinstrumenten MiFID, mit der die Bedingungen für den gesamten Wertpapierhandel in der EU geregelt werden.
Der zuständige Parlamentsberichterstatter, der CSU-Abgeordnete Markus Ferber, strebt eine Abstimmung im federführenden Wirtschaftsausschuss für Juli an, wie er am Donnerstag mitteilte. Die Mitgliedstaaten werden ihre Position voraussichtlich nicht mehr vor der Sommerpause festlegen.
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