Credit Default Swaps (CDS) sind die am häufigsten verwendeten Kreditderivate und gehören zur Untergruppe der Default Instruments. CDS ermöglichen die grundsätzliche Trennung des Kreditrisikos von der zu Grunde liegenden Kreditbeziehung und damit den separaten Handel dieses Risikos. Der CDS ist eine Absicherung eines bestimmten Kredits gegen den Ausfall des Kreditnehmers. Bei einem CDS muss der Sicherheitsnehmer (protection buyer, etwa ein Kreditinstitut) regelmäßig eine Prämie an den Sicherheitsgeber (protection seller, in der Regel auch Kreditinstitute) zahlen. Der Sicherheitsgeber ist verpflichtet, im Fall des Ausfalls des Schuldners den Nominalwert des Kredits an den Sicherheitsnehmer zu zahlen.
Der Markt für Credit Default Swaps hat in den letzten Jahren ein stürmisches Wachstum erfahren. So ist weltweit der Bestand an Credit Default Swaps bis zum zweiten Halbjahr 2007 auf über 60 Billionen US-Dollar angewachsen (zweites Halbjahr 2004 noch unter 10 Billionen US-Dollar) und lag im ersten Halbjahr 2008 dann im Zuge der Finanzkrise ab 2007 noch bei über 50 Billionen US-Dollar. Vor diesem Hintergrund hat der US-Investor Warren Buffet die CDS einmal als "finanzielle Massenvernichtungswaffen" bezeichnet. In seinem jährlichen Bericht an die Aktionäre seines Unternehmens Berkshire Hathaway schrieb er: "Wenn Derivat-Kontrakte nicht besichert oder garantiert werden, hängt ihr Wert letztendlich von der Kreditwürdigkeit der Parteien ab. Einstweilen aber berichten die Parteien, bevor ein Vertrag unterzeichnet wird, Gewinne und Verluste – oft riesigen Ausmaßes – in ihrer Gewinnaufteilung, ohne dass auch nur ein Penny den Besitzer wechselt. Das Ausmaß der Derivat-Kontrakte ist lediglich durch die Fantasie des Menschen (oder manchmal, so scheint es, der Verrückten) begrenzt."
Regulierung des CDS-Marktes auf EU-Ebene
Credit Default Swaps (CDS) auf europäische Unternehmen und auf diesen basierende Indizes unterliegen in der EU ab diesem Monat dem Clearing durch zentrale Gegenpartei-Clearingstellen (CCP). Dadurch wird die Finanzstabilität gestärkt, indem ein besseres Risikomanagement für europäische CDS gewährleistet wird. "Ich freue mich, dass es die außerordentlichen Anstrengungen der Branche sowie der Dienstleister möglich gemacht haben, dass zwei europäische CCP diese Produkte nun dem Clearing unterziehen können und eine dritte CCP Ende des Jahres ihre Dienste anbieten kann", sagte Binnenmarkt- und Dienstleistungskommissar Charlie McCreevy. "Die Tatsache, dass mehr als eine CCP besteht und einsatzfähig ist, ist für die Entwicklung eines sicheren und wettbewerbsfähigen Umfelds von großer Bedeutung."
Derivate als Hebel in der Bilanz
Auch Unternehmen wie Fluggesellschaften, Unternehmen des produzierenden Gewerbes u. a. greifen auf Derivate zurück, um das Risiko von Preissteigerungen bei den von ihnen verwendeten Grundstoffen abzudecken und so ihren künftigen Bedarf besser planen zu können. Durch den Rückgriff auf Derivate können auf diesen Märkten tätige Institute Risiken absichern. Erfolgt diese Absicherung jedoch auf OTC-Märkten, ist es für die Marktteilnehmer und die Aufsichtsbehörden angesichts der fehlenden verlässlichen Informationen über diese Märkte schwierig zu bewerten, ob die Risiken tatsächlich wirksam abgedeckt sind. Wenn die Derivatehändler weder ‚Market Maker’ sind noch ein Interesse am Basiswert haben, begünstigen sie Spekulation, Volatilität und das Auflaufen von Risiken im System. In einem solchen Fall können die Derivate als Hebel in der Bilanz derjenigen Marktteilnehmer verwendet werden, die auf dem Derivatemarkt tätig sind, da Positionen mit geringeren Eigenkapitalanforderungen als für Positionen auf dem Kassamarkt eingegangen werden können. Wenn zudem eine Gegenpartei ausfällt, kann es schwierig sein, andere Gegenparteien zu finden, die die Absicherung übernehmen. Letztere könnten sich nämlich selbst in einer Notlage befinden oder angesichts einer allgemeineren Ungewissheit vor der Übernahme eines Geschäfts zurückschrecken. Auf Märkten mit wenigen Teilnehmern stellt sich dieses Problem in verschärfter Form. Unterm Strich ist die Bewertung des Ausfallrisikos einer Gegenpartei zum Zeitpunkt des Abschlusses des OTC-Kontrakts schwierig.
Auf hochvernetzten Finanzmärkten würde es eine solche Bewertung grundsätzlich voraussetzen, dass die Marktteilnehmer einander sehr gut kennen. Da OTC-Märkte aber nur wenige Informationen veröffentlichen, ist diese Voraussetzung hier nicht gegeben.
Kreditrisiken werden handelbar
CDS sind unter all diesen Gesichtspunkten besonders anfällig. Während die meisten Derivate von beobachtbaren Marktkursen abhängen (beispielsweise Zins- oder Wechselkursen), reagieren CDS unterschiedlich. Das von ihnen abgedeckte Risiko, d.h. das Kreditrisiko, ist nicht unmittelbar beobachtbar, erfordert aber spezifische Informationen über den Kreditnehmer, über die in der Regel nur die Banken verfügen. In den letzten Jahrzehnten wurde das Kreditrisiko aber in immer größerem Umfang handelbar, etwa durch die Verbriefung. Die Bewertung des Risikos bleibt aber schwierig. So können Situationen auftreten, in denen sich der Markt völlig überraschend einem größeren Ausfall gegenüber sieht. Die mit den CDS verbundenen Risiken werden zudem noch durch die Tatsache gesteigert, dass sie mit extrem hohen Eventualverpflichtungen verbunden sind. Diese Risiken sind aber nicht auf die CDS beschränkt. Sie gelten durchweg für alle Derivate, wenn auch in einem weniger dramatischen Ausmaß.
Folgen der Finanzkrise
Die Finanzkrise hat gezeigt, dass diese Risiken nicht theoretisch, sonder real sind. Bear Sterns, Lehman Brothers und AIG waren wichtige Marktteilnehmer auf dem OTCDerivatemarkt, und zwar entweder als Händler oder Nutzer von OTC-Derivaten oder sogar beides. Ihre Probleme entstanden außerhalb der OTC-Derivatemärkte, gingen mittels der von diesen Häusern ausgestellten CDS aber auf den Derivatemarkt über und kontaminierten angesichts ihrer zentralen Stellung auf sämtlichen OTC-Derivatemärkten nicht nur andere CDS, sondern die gesamte Weltwirtschaft. Die Undurchsichtigkeit des Marktes hinderte die Marktteilnehmer zum einen daran, in Erfahrung zu bringen, wie hoch die ausstehenden Forderungen ihrer Gegenparteien gegenüber diesen drei Instituten lagen, was zu Misstrauen und zum plötzlichen Austrocknen der Liquidität führte. Auf der anderen Seite wurden auch die Regulierungsbehörden daran gehindert, frühzeitig die sich im System aufbauenden Risiken und das Ausmaß, in dem diese Risiken konzentriert waren, zu erkennen und die Folgen ihres Ausfalls für die Finanzstabilität abzuschätzen.
Das geringe Maß an Markregulierung verstärkte dieses Problem noch, da die Aufsichtsbehörden nicht über genügend Informationen verfügten. Die Krise hat klar gezeigt, wie Derivate im Allgemeinen und CDS im Besonderen ein Netz gegenseitiger Abhängigkeit geschaffen haben, das nur schwer zu durchschauen, zu entflechten und unmittelbar nach einem Ausfall zu begrenzen war. In der Krise wurde also sehr deutlich, dass die Merkmale der OTC-Derivatemärkte, d.h. die private Art des Abschlusses von Kontrakten bei nur begrenzt vorliegenden öffentlichen Informationen, das komplizierte Netz gegenseitiger Abhängigkeit, die Schwierigkeiten beim Verständnis von Art und Höhe der Risiken, die Unsicherheit in Zeiten notleidender Märkte noch erhöhen und folglich die Finanzstabilität gefährden.
Steuerung von Gegenparteiausfallrisiken
Diese Risiken können durch den Aufbau der Handels- und Nachhandelsstrukturen abgemildert werden. Auf Handelsebene können die Risiken durch eine Steigerung der operationellen Effizienz verringert werden, d.h. durch die Gewährleistung der elektronischen Handelsausführung, -akzeptanz und –bestätigung. Dadurch würde die Ausführung der OTC-Aufträge der an den Börsen üblichen Ausführung angenähert. Die Steigerung der operationellen Effizienz stand schon vor der Finanzkrise im Mittelpunkt der Arbeit der Aufsichtsbehörden und hat z.B. dazu beigetragen, dass CDS heutzutage in zunehmendem Maße elektronisch akzeptiert und bestätigt werden. Auch wenn die operationelle Effizienz eine notwendige Voraussetzung ist, reicht sie allein aber noch nicht aus. Um die oben genannten Risiken wirksam angehen zu können, ist es wichtig, auch die Nachhandelsinfrastrukturen - und vor allem das Clearing - auszubauen.
Durch das Clearing werden die oben genannten Risiken abgemildert. Folglich spielt es auf den Derivatemärkten eine ausschlaggebende Rolle. Das Clearing kann entweder bilateral zwischen zwei Gegenparteien eines bestimmten Handelsabschlusses oder aber zentral mittels einer Zentralen Gegenpartei-Clearingstelle (Central Counterparty; CCP) erfolgen. Das Clearing für Börsengeschäfte wird fast ausschließlich von den CCP getätigt. Im Freiverkehr bleibt das bilaterale Clearing die Norm, auch wenn einige Marktsegmente darüber hinaus über ein CCP-Clearing verfügen (vor allem bei Zinsswaps).
- Bilaterales Clearing: Die beiden Gegenparteien haben in den allermeisten Fällen Sicherheitenvereinbarungen abgeschlossen, die eine regelmäßige Überwachung des Werts des Kontrakts ermöglichen, so dass sie ihre Kontrahentenrisiken steuern können. Sollte sich der Wert so entwickeln, dass eine Partei eine Forderung gegen die Gegenpartei verbuchen muss, ist sie befugt, Sicherheiten in Anspruch zu nehmen. Während die Sicherheiten für die Abmilderung des Kreditrisikos wichtig sind, müssen über das Clearing die Beziehungen zu zahlreichen Gegenparteien geklärt werden. Aufgrund dieses komplexen bilateralen Netzes kann ein Institut seine eigene Kreditrisikoposition im Zusammenhang mit den Risikopositionen der Gegenparteien untereinander nur schwer erfassen, von den weiteren Komplikationen beim Ausfall einer Gegenpartei ganz zu schweigen.
- CCP-Clearing: Die CCP übernimmt bei jedem Abschluss die Rolle einer Gegenpartei für jede Seite des Geschäfts. Die beiden Handelspartner sind nun gegenüber dem CCP verpflichtet, d.h. die Risikoposition einer jeden Partei auf diesem Markt besteht nun gegenüber ein und derselben Gegenpartei. Der Rückgriff auf eine CCP hat zahlreiche Vorteile. Diese Clearingstelle stellt nämlich eine gegenseitige Versicherung mit gegenseitigen Schutzmechanismen dar. Sie vereinfacht die Verwaltung der Sicherheiten, denn sie ist die Stelle, die die Sicherheiten zentralisiert und managt. Als zentraler Garantiegeber bietet sie eine Absicherung und sie ist ein Institut, das sich lediglich auf die Verwaltung von Risiken auf mehreren Schutzebenen konzentriert. Dieser Fokus auf das Risikomanagement macht die CCP zu einer neutralen Gegenpartei. Durch ihre zentrale Stellung kann die CCP Risiken leichter verstehen und managen. Aufgrund der in der CCP zentralisierten Informationen können die Regulierungsbehörden die Risiken zudem einfacher überwachen. Angesichts der systemisch relevanten Rolle der CCP ist es von großer Bedeutung, dass sie professionell betrieben wird, großzügig kapitalisiert und gut reguliert ist, so dass sie sicher und solide funktionieren kann.
[Bildquelle: iStockPhoto, Eigener Text basierend auf: KOM(2009) 332 (Mitteilung der EU-Kommission]
Kommentare zu diesem Beitrag
Kreditderivate sind eine prinzipiell einfache Art, Risiken zu diversifizieren.
Erst bei komplexeren Strukturen CDO² wirds problematisch (mal wieder wegen der Korrelation).
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Mehr Know-How bei Führungspositionen.
Mehr Transparenz auf den Märkten, wo kann man heutzutage CDS-Papiere öffentlich handeln usw. --> keine OTC-Geschäfte mehr
Mal sehen was beim nächsten Finanzgipfel so beschlossen wird