In den vergangenen Jahren haben die meisten Unternehmen auf die Risikoprävention ausgerichtete Management-Systeme etabliert. Als „fuzzy risks“ werden dabei Reputationsrisiken regelmäßig ausgeblendet. Als Folge wird die Unternehmensreputation als eines der wichtigsten immateriellen Assets im Risikomanagement praktisch ignoriert. Allenfalls findet eine Ad hoc-Schadensbegrenzung im Zuge eines Krisenmanagements statt. Im vorliegenden Beitrag werden Ansätze eines präventiv ausgerichteten Reputationsrisikomanagements skizziert.
Eine gute Unternehmensreputation gilt als einer der wichtigsten immateriellen Vermögensgegenstände und ist unbestritten eine zentrale Quelle von Wettbewerbsvorteilen. Aufbau bzw. Weiterentwicklung der Unternehmensreputation bedürfen systematischer Anstrengungen über einen langen Zeitraum [Vgl. Fombrun 2000]. Umgekehrt jedoch kann die Reputation in Windeseile beschädigt oder gar gänzlich zerstört werden, wie es einige prominente Fälle der jüngeren Vergangenheit (beispielsweise Arthur Andersen, Enron) eindrücklich belegt haben. Und dies mit steigender Tendenz: Denn globale Kommunikationskanäle, ständige Medienpräsenz und schwindende Kundenloyalität wirken als Verstärker, wenn die Reputation eines Unternehmens erst einmal beschädigt wurde. So überrascht es denn auch nicht, dass aus Sicht von Corporate Risk Managern Reputationsrisiken zunehmend an Aufmerksamkeit gewinnen und etwa beim „Corporate Risk Barometer“ des Economist inzwischen den ersten Platz belegen (vgl. Abb. 01) [Economist 2006; ähnliche Ergebnisse finden sich auch AON 2006; AON 2005; NYSE 2006].
Abbildung: Corporate Risk Barometer
Verständnis und Ursachen von Reputationsrisiken
Es besteht weitgehender Konsens darüber, dass die Reputation – in Abgrenzung zur stärker produktbezogenen Marke – die (Außen-)Wahrnehmung eines Unternehmens aus Sicht seiner wichtigsten Stakeholder repräsentiert (etwa Anteilseigner, Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Aufsichtsbehörden, NGOs etc.). Reputationsrisiken stehen entsprechend für mögliche Beschädigungen der Unternehmensreputation, wobei zwischen zwei grundsätzlichen Interpretationen unterschieden werden kann [vgl. Economist 2006, S. 18]:
- Reputationsrisiken als originäre Risikokategorie bzw. -klasse („reputational risk“).
- Reputationsrisiken als mögliche Konsequenz anderer Risiken („risk to reputation“ oder „reputational impact“), also genau genommen als „Reputationsschäden“.
Sofern in Unternehmen bereits Enterprise Risk Management-Systeme fest etabliert sind, überwiegt die zweite Interpretation von Reputationsrisiken als zusätzliche Auswirkungsdimension neben monetären Schäden, der auch hier gefolgt wird.
Gefährdungen der Unternehmensreputation können unterschiedlichste Ursachen haben [Vgl. Atkins/Bates/Drennan 2006, S. 12 ff.]:
- Non-Compliance: Häufig ist die Unfähigkeit, den einschlägigen rechtlichen bzw. regulatorischen Erfordernissen zu entsprechen, Auslöser für eine Beschädigung der Reputation. So führen handels- oder steuerrechtliche Verstöße zu einem Bilanzskandal, wettbewerbsdiskriminierendes Verhalten oder die Missachtung von Umweltauflagen können eine Sanktionierung durch die entsprechenden Aufsichtsbehörden zur Folge haben.
- Unethische Praktiken im Unternehmen: Häufig sind auch unethische Praktiken wie Betrug bzw. Korruption, menschenverachtende Arbeitsbedingungen oder die Diskriminierung religiöser bzw. ethnischer Gruppierungen Auslöser von Reputationskrisen.
- Ereignisrisiken: Schließlich können unvorhergesehene Ereignisse wie ein feindliches Übernahmeangebot, gravierende Restrukturierungen (beispielsweise eine Standortschließung wie etwa im Fall Danone), eine massive Betriebsunterbrechung (wie etwa der RWE-Netzausfall im Münsterland) oder auch ein schwerer betrieblicher Unfall (beispielsweise die Raffinerieexplosion und Pipelinekorrosion bei British Petroleum) den „guten Ruf“ beschädigen.
Schon diese knappe Auflistung zeigt, dass die Auslöser von Reputationsschäden sehr unterschiedlich sein können. Dies erschwert es, Risiken für die Reputation frühzeitig zu erkennen und mögliche Auswirkungen abzuschätzen.
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