Es wird aus Sicht des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) immer wahrscheinlicher, dass die deutsche Wirtschaft in eine Rezession schlittert. Der Konjunkturindikator des Instituts weist für den Zeitraum von August bis Ende Oktober ein Rezessionsrisiko von 43 Prozent auf, erklärte das IMK, das zur Hans-Böckler-Stiftung gehört. Damit ist das Risiko gegenüber Juli deutlich gestiegen, als der Wert noch bei 36,6 Prozent lag.
"Deutschlands Konjunktur steht auf der Kippe. Wir hatten - wie die anderen führenden Wirtschaftsforschungsinstitute - bislang damit gerechnet, dass es im zweiten Halbjahr zu einer raschen Erholung der Wirtschaft und insbesondere der Industrie kommen würde", sagte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK. "Die Chancen für ein solches Positivszenario sind nun deutlich gesunken."
Die deutsche Industrie schwächele bereits seit einem Jahr, vor allem wegen globaler Unsicherheiten. Noch bewahre die Stärke von Konsum und Bauwirtschaft vor einer Rezession. Allerdings sei es angesichts des starken Rückgangs der Produktion im verarbeitenden Gewerbe immer fraglicher, ob diese noch vermieden werden könne.
Das nach dem Ampelsystem arbeitende Frühwarnsystem des Instituts zeige zwar weiterhin "gelb-rot", was eine Situation erhöhter konjunktureller Unsicherheit jenseits von 30 Prozent Rezessionsrisiko beschreibe. "Berücksichtigt man aber zusätzlich die prognostische Unsicherheit, die anhand der Streuung der für die Gesamtprognose relevanten Einzelgleichungen derzeit in Höhe von knapp 22 Prozent gemessen wird, ist die Schwelle nicht mehr weit entfernt, ab der die IMK-Konjunkturampel auf Rot schaltet und damit das Signal für eine Rezession gibt", erklärte das IMK. Diese Schwelle liegt bei einer Rezessionswahrscheinlichkeit von 70 Prozent.
Das Zusammenspiel schlechterer Produktionszahlen für das verarbeitende Gewerbe und einer weiteren Eintrübung des Ifo-Geschäftsklimas seien die Ursachen für den weiteren Anstieg des Rezessionsrisikos. Stabilisierend wirkten hingegen die jüngsten Zentralbankentscheidungen, die auf mittelfristig günstige Finanzierungsbedingungen hindeuteten, sowie eine Zunahme der Auftragseingänge für das verarbeitende Gewerbe aus dem Ausland, so das IMK.
Der "Finanzmarktstress", den das IMK mit einem zusätzlichen Indikator misst, ist nach den Angaben nahezu unverändert bei einem Wert von 20,9 Prozent nach 22,1 Prozent im Vormonat geblieben.