Nur ein Drittel der deutschen Private-Equity-Gesellschaften gibt an, über aktive Risikomanagement-Prozesse zu verfügen.
Vor allem bei der Absicherung des Investmentmanagements bestehen noch
große Lücken. Das zeigt die aktuell veröffentlichte Marsh-Studie "Private Equity Management Liability", die auf einer Befragung von 100 Private-Equity-Managern in ganz Europa basiert. Die größten Risiken sahen die Befragten beim Ausstieg aus ihren Investitionen in Beteiligungsunternehmen, dem so genannten Exit. Das Portfoliomanagement, mit dem der Beteiligungsmix und die wertsteigernde Unternehmensführung der Beteiligungen sichergestellt werden soll, ist das zweithöchste Risiko im Private-Equity-Geschäft. In den letzten Jahren haben rechtliche Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Private-Equtity-Aktivitäten zugenommen. Das wird nach Ansicht der Experten mindestens auf dem derzeitigen Niveau bleiben.
Europaweit sind 72 Prozent aller befragten Private-Equity-Unternehmen der Ansicht, die Haftungsrisiken gegen Unternehmen und Management über bereits existierende Risiko-management-Prozesse adäquat kontrollieren und abdecken zu können. In Deutschland ist diese Zahl mit 31 Prozent nur in etwa halb so hoch. Noch problematischer ist die Situation bei der Manager-Haftpflichtversicherung, kurz D&O genannt: Weniger als 10 Prozent der befragten deutschen Private-Equity-Manager waren der Ansicht, gut genug gegen Haftungsansprüche versichert zu sein, 30 Prozent empfanden ihren D&O-Schutz als ungenügend. Auch hier ist die Lage im übrigen Europa entspannter als in Deutschland: 57 Prozent der europäischen Private-Equity-Manager fühlen sich ausreichend versichert und nur 28 Prozent ungenügend.
Besser sieht die Situation bei der Managementabsicherung in den Beteiligungs-unternehmen aus: Hier gaben die deutschen Private-Equity-Unternehmen ausnahmslos an, das Management aller oder fast aller ihrer Beteiligungsgesellschaften ausreichend mit D&O-Versicherungen abgesichert zu haben, und belegten damit in Europa den zweiten Rang hinter Großbritannien.
Risiken vor allem beim Exit
Die zunehmende Häufigkeit und Höhe der Haftungsansprüche führte in der Vergangenheit zu laufend steigenden Prämien und immer mehr Deckungsausschlüssen in der Manager-Haftpflichtversicherung. Mit knapp 60 Prozent glaubt die Mehrheit der Befragten, dass die Haftungsansprüche gegen Private-Equity-Unternehmen auf dem heutigen Niveau bleiben werden. Fast 40 Prozent der befragten Experten denkt jedoch, dass die Haftungsansprüche weiter ansteigen werden, viele halten eine Angleichung an das anglo-amerikanische Niveau mittelfristig für möglich.
Risiken für Haftungsklagen bestehen in allen Phasen des Private-Equity-Zyklus, vom Einsammeln des Investivkapitals, dem so genannten Fundraising, über Investment und Portfoliomanagement bis hin zum Exit. Die Experten sehen vor allem in der letzt-genannten Phase das größte Gefahrenpotenzial: Europaweit wurden Konflikte um die zugesicherten Eigenschaften des verkauften Unternehmens als größtes Private-Equity-Risiko genannt. Für die deutschen Private-Equity-Unternehmen stand das Risiko einer ungenügenden Werterzielung für die Anleger im Vordergrund. Das zweitgrößte Risikopotenzial des Private-Equity-Zyklus steckt im Management der Beteiligungsgesellschaften. Für die befragten französischen Unternehmen und denen in kleineren europäischen Ländern ist diese Phase des Private-Equity-Zyklus sogar die risikoreichste.
Private-Equity-Manager erwarten Klagen am ehesten von Anlegern. Deren Professionalität ist nach Ansicht der Befragten in den letzten Jahren deutlich gestiegen, daher sind sie jetzt schneller mit Klagen bei der Hand, wenn sie sich getäuscht fühlen oder glauben, dass ihr Private-Equity-Fonds schlecht gemanagt wurde. Am zweithäufigsten werden Klagen von Unternehmenskäufern erwartet. Die Ursache dafür liegt vor allem in Altlasten aus den Anfangsjahren der Private-Equity-Aktivitäten in Europa: schlecht verfasste Kaufverträge und eine nicht gründlich genug durchgeführte Due Diligence.
"Die Tendenz in den USA zu vermehrten Rechtsstreitigkeiten sowie die gestiegenen Anforderungen an Corporate-Governance-Richtlinien veranlassen immer mehr Private-Equity-Manager dazu, den Blick auf die Absicherung ihrer eigenen persönlichen Haftung zu richten", resümiert Carsten Bähr, Projektleiter PEMA (Private Equity, Mergers & Acquisitions) von Marsh Deutschland und Österreich. "Unsere Studie hat gezeigt, dass bei den deutschen Private-Equity-Gesellschaften vor allem Nachholbedarf in der D&O-Versicherung ihres Managements besteht."