An den Märkten werden ABS gehandelt, deren zugrunde liegende Wertpapiere subprimes sind (Residential Mortgage Backed Security mit niedriger Bonität). Diese verbrieften Kreditpakete sind die Junk Bonds im ABS Bereich. Als Junk Bonds titulieren Anleiheinvestoren Bonds mit hohem Risiko (Ausfallwahrscheinlichkeit). In ihnen sind Hypothekendarlehen von US-Häuslebauern verbrieft, die über keine Sicherheiten verfügen. Ein Sozialhilfeempfänger ohne einen Groschen in der Tasche und ohne Einkommensnachweis hat mit Hilfe von Darlehen ein Haus kaufen können. Wenn Hauspreise steigen ist dies kein Problem. Als in den USA die Preise für Häuser und Appartements stagnierten und die Zinsen anzogen, konnten die Hausbesitzer (Kreditnehmer) keine Zinsen oder Tilgung mehr zahlen. Das Finanzierungskarussell geriet ins Schwanken. Heute weiß niemand, was diese Hauskredite wert sind (siehe Das System). Nun kommen die Zwangsversteigerungen. Was nach Abwicklungsgebühren übrig bleibt, gehört den Investoren von subprimes, also Fonds, Hedge Fonds, Banken, Pensionskassen oder Stiftungen.
Das Groteske ist, dass Strukturierer und Investoren in der gleichen Bank, aber unterschiedlichen Abteilungen sitzen können. Damit sind die Geschäftsergebnisse der Bank einerseits dem Geschäft mit ABS ausgesetzt (Gebühren und Beratungshonorare). Und andererseits tritt die Bank als Anleger in der gleichen Asset Klasse auf. So geschehen bei der IKB Bank. Natürlich ist die Frage nach den Verantwortlichen wichtig und sie wird ja auch gestellt. Aber was bisher unerwähnt blieb: Wie kann eine Bank, deren Kernkompetenz die Einschätzung von Kreditrisiken ist, Risiken - und dazu gehört die Liquidität! - so schlecht einordnen? Und das alles für ein paar Basispunkte und Provisionen? Der Aktienmarkt misstraut Bankaktien seit Wochen.
Markt für ABS niedriger und mittlerer Qualität ist ausgetrocknet
Der Markt für ABS niedriger und mittlerer Qualität ist ausgetrocknet. Was bedeutet das? Hedge Fonds oder Investmentbanken als potentielle Käufer dieser ABS Tranchen stellen nur Kurse mit einem starken Abschlag. Für eine Tranche, die vor sechs Monaten eine Mio. Euro wert war, werden heute vielleicht 300 000 Euro geboten. Finanzsprech: Der Markt ist ausgetrocknet. Da keine ‚richtigen’ Preise festgestellt werden, setzen Fondsgesellschaften die Rücknahme der Anteile aus. Sie haben kein Interesse zu liquidieren, denn sie würden den Ast absägen, auf dem sie sitzen. Auch Banken, die ABS Tranchen als Investment in ihren Bilanzen liegen haben, hoffen auf eine Markterholung, um die Risikoengagements loszuwerden.
Interessant wäre sicherlich eine Beteiligung an einem neu aufgelegten Hedgefonds, der in Subprimes investiert. Banken oder Investmentfonds könnten in den kommenden Monten gezwungen sein, einige Subprimes loszuwerden. Wo kein Käufer, da fällt der Preis und es könnten sich lukrative Chancen eröffnen. Allerdings werden gewöhnliche Fondssparer keinen Zugang zu diesen Hedgefonds haben.
Frühwarnsysteme der Ratingagenturen waren eher Spätwarnsysteme
Die Ratingagenturen S&P, Moody’s und Fitch spielen im Finanzierungsspiel eine sehr umstrittene Rolle. Der Vorwurf: Sie haben zu spät auf die Krise am Markt für zweitklassige Hypotheken reagiert und waren zu sehr in die Geschäfte der Immobilienfinanzierer und Investmentbanken einbezogen. Kritiker monieren, dass die Agenturen zu gute Bonitätsnoten für die Kreditderivate ausgestellt haben. Die Agenturen verdienten prächtig an der Einstufung von sehr komplexen Kreditderivaten und CDOs (collaterized debt obligations). Zudem wird ihnen vorgeworfen, eine Art indirekte Beratungsfunktion für Investmentbanken bei der Verbriefung und Strukturierung eingenommen zu haben.
Kurzum: Die Rating Agenturen haben Reputation verloren, denn scheinbar hatten die Ratings nicht die Solidität wie von Investoren erwartet. Es läuft der Prozess der Down Grades.
Systemische Risiken durch globale Märkte
Der Wohnungsmarkt hat neben den USA auch in Großbritannien und Spanien geboomt. Analog zu den US subprimes gibt es sogenannte UK non-conformings oder entsprechende spanische Papiere. Auf solche verwandten Bereiche weiten sich Krisen sehr schnell aus. Auch andere ABS sind selbstverständlich betroffen, weil die Risikoaufschläge zugenommen haben. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich um OTC Geschäfte handelt. Das sind Telefongeschäfte ohne Börsenplatz und damit mit geringer Liquidität.
Märkte sind heute stark verbunden. Kommt es zu einem Anstieg der Risikoprämien, dann sind gleich mehrere Asset Klassen betroffen (Unternehmensanleihen, Aktienmärkte, Emerging Markets, Kreditmärkte, Finanzierungen von Leveraged buy outs). Das konnte man in den letzten Wochen beobachten.
Das alles hat aber auch etwas Gutes
Die Märkte steigen nicht mehr blind nach oben. Für Risiken wird wieder bezahlt. Ob Aktien, Anleihen oder Unternehmensschulden, in den kommenden Monaten werden sich gute Fondsmanager herauskristallieren. Sollte das ausgezeichnete konjunkturelle Umfeld anhalten, werden künftig ‚schwache’ Investments höher rentieren, die Kapitalmärkte aber wieder positive wirtschaftliche Daten honorieren. Die Banken und Investoren werden die subprime Einbußen schon verkraften. Die Deutsche Bank schätzt die Abschreibungen weltweit auf 90 Mrd. USD. So viel ist die Allianz AG an der Börse wert.
Einzig die Frage nach dem amerikanischen Konsumenten bleibt: Wie reagiert der US Konsum, wenn Wohlstandseffekte durch Umschuldungen und Hausse am Häusermarkt in die andere Richtung drehen und zu negativen Effekten werden. Können Zinssenkungen dem entgegenwirken? Und welchen Einfluss haben US Konsumenten auf das globale Wachstum? Es wird spannend.
[Quelle: Morningstar / Zwischenüberschriften von RiskNET-Redaktion eingefügt]
Risiken sind global - global sind Risiken
Werner Hedrich