Die mittelständischen Unternehmen in Europa haben große Fortschritte bei der Kontrolle und Absicherung ihrer Elementar- und Finanzrisiken gemacht: 60 Prozent geben an, diese Risiken heute besser im Griff zu haben als noch vor zwei Jahren. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Marsh-Studie zum Risikomanagement mittelständischer Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 30 und 300 Millionen Euro. Dennoch sehen sich mehr als die Hälfte der befragten Verantwortlichen schlecht auf ihre größten Risiken vorbereitet: Risiken aus verschärftem Wettbewerb, Nachfrageänderungen und Personalfluktuation werden in vielen Risikobetrachtungen noch ausgeklammert.
Im Vergleich zum Durchschnitt der europäischen Unternehmen haben die Deutschen ein ausgeprägteres Verständnis für die strategischen Risiken ihres Geschäfts. Zudem verstehen sie Risikomanagement häufig auch als Chance für das Geschäft und nicht nur als Methode, um mögliche Gefahren in Grenzen zu halten. So sagt ein Finanzvorstand: "Beim Risikomanagement geht es um das Erkennen neuer Chancen. Wir halten unsere Wettbewerber unter Beobachtung und stoßen dadurch auf einen neuen Markt. Dann schauen wir uns unser Geschäftsmodell an und überlegen, wie wir eine Nasenlänge vorausbleiben können."
Ihre größten Risiken sehen deutsche Unternehmen wie auch der europäische Durchschnitt in der zunehmenden internationalen Konkurrenz. An zweiter und dritter Stelle folgen Veränderungen in der Nachfrage und strukturelle Änderungen in den Kernmärkten. Aber die Risiken unterscheiden sich von Branche zu Branche: So sieht der Leiter eines Maschinenbau-Unternehmens die Abhängigkeit von der Automobil-Konjunktur als eines seiner größten Risiken, gepaart mit der international stärker werdenden Konkurrenz. Der Leiter Finanzen eines Engineering-Unternehmens betrachtet seine Konkurrenten und die allgemeine Wirtschaftslage als größte Risikofaktoren, und – unter finanziellen Gesichtspunkten gesehen – die Banken. "Die brechen sofort ein, wenn das Geschäft härter wird", so seine Aussage.
Über alle Branchen hinweg auf dem Vormarsch: das Thema Markenrisiko
Insgesamt gaben deutsche Unternehmen mit 5 Prozent die mit Abstand geringste Großschadenquote aller europäischen Unternehmen an, danach folgten Italien mit 10 Prozent und Irland mit 14 Prozent. Spanische Unternehmen bildeten mit 27 Prozent Großschäden das Schlusslicht in Europa. Bei der Häufigkeit der Risiko-Reviews liegen alle europäischen Länder etwa gleichauf, etwas mehr als die Hälfte aller mittelständischen Unternehmen überprüft seine Risiken mindestens zweimal im Jahr und ein Viertel auf Ad-hoc-Basis. Nur 14 beschränken sich auf eine jährliche Risikoprüfung.
"Die Einstellung zum Risikomanagement hat in Deutschland enorme Fortschritte gemacht", kommentiert Hans-Peter Klassen, Geschäftsführer von Marsh Deutschland und Leiter des Bereichs Industriekunden. "Viele Mittelständler begreifen es als eine echte Chance und nicht nur als Pflicht, um den gesetzlichen Regelungen wie etwa dem KonTraG nachzukommen." Selbst die kleineren Unternehmen mit unter hundert Mitarbeitern, bei denen die Marsh-Studie europaweit beinahe gar keine Beachtung für Risikomanagement fand, zeigten in Deutschland ein sehr fortschrittliches Denken. Das sei ein gutes Zeichen für die Wettbewerbsfähigkeit, so Klassen, denn "wer die Methoden des Risikomanagements dazu nutzt, unternehmerische Risiken bewusster einzugehen und laufend zu kontrollieren, hat im Markt die Nase vorn."
Die Marsh-Risikostudie basiert auf einer Befragung von 950 mittelständischen Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 30 und 300 Millionen Euro und wurde in elf europäischen Ländern durchgeführt: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Holland, Irland, Italien, Schweden und Spanien. Von den Befragten waren 15 Prozent verantwortliche Geschäftsführer bzw. Vorstandsvorsitzende (CEO) und 42 Prozent Leiter Finanzen bzw. Finanzvorstände (CFO). Sie gehörten den Branchen Chemie und Pharmazie, verarbeitende Industrie, Kommunen und kommunale Betriebe, Einzelhandel, IT und Telekommunikation, Transport sowie Reise und Tourismus an.
Die komplette Studie können Sie hier herunterladen: