Mit mehr als 11.500 Todesopfern und über 375 Milliarden US-Dollar (in Kaufkraftparitäten) Schäden geht das Jahr 2017 als das bisher verheerendste Extremwetterjahr weltweit in die jüngere Geschichte ein. Tropische Wirbelstürme verheerenden Ausmaßes trafen vor allem die Inseln Puerto Rico und Dominica hart. Beide Inseln wurden schwer verwüstet, über 3000 Menschen verloren ihr Leben. "Allein Puerto Rico verzeichnete Sachschäden von über 82 Milliarden US-Dollar in Kaufkraftparitäten, die Schäden Dominicas übertreffen das Bruttoinlandsprodukt des Landes um mehr als das Doppelte. Puerto Rico liegt nach dieser Jahrhundert-Katastrophe sowohl in unserem Klima-Risiko-Index für 2017 als auch im Langfrist-Index über die letzten 20 Jahre an der Spitze. Dass die Stürme an Intensität bei Windgeschwindigkeiten und Niederschlägen zunehmen, deckt sich mit den Prognosen der Klimawissenschaft", sagt David Eckstein von Germanwatch, Hauptautor des bei der Weltklimakonferenz in Katowice veröffentlichten Klima-Risiko-Indexes.
Der Globale Klima-Risiko-Index (KRI) von Germanwatch zeigt, wie stark Länder von Wetterextremen wie Überschwemmungen, Stürmen, Hitzewellen etc. betroffen sind. Untersucht werden die menschlichen Auswirkungen (Todesopfer) sowie die direkten ökonomischen Verluste. Als Datenbasis dient die weltweit anerkannte Datenbank NatCatSERVICE des weltweit führenden Rückversicherers Munich RE, unter Einbezug weiterer demographischer (Bevölkerungszahl) und wirtschaftlicher Daten (Bruttoinlandsprodukt) des Internationalen Währungsfonds. Germanwatch veröffentlicht den KRI jährlich und in diesem Jahr zum 14. Mal. Im KRI 2019 sind die Extremwetterereignisse des Jahres 2017 und für den Zeitraum 1998 bis 2017 erfasst.
Frühwarnindikator für das Risikomanagement
Wenngleich die Auswertungen über die Schäden und Todesopfer keine Aussage darüber erlauben, welchen Einfluss der Klimawandel bereits bei diesen Ereignissen hatte, so lässt sich doch ein Bild der Verwundbarkeit der Staaten zeichnen. Dies kann als Warnsignal verstanden werden, sich auf zukünftig möglicherweise vermehrte und stärkere Extremwetterereignisse durch Katastrophenvorsorge und Anpassung an den Klimawandel besser vorbereiten zu müssen.
Einige Kernaussagen des Klima-Risiko-Indexes
- Puerto Rico, Sri Lanka und Dominica waren im Jahr 2017 am stärksten von Extremwetterereignissen betroffen.
- Im Zeitraum zwischen 1998 und 2017 waren Puerto Rico, Honduras und Myanmar die am stärksten betroffenen Länder.
- Insgesamt kamen zwischen 1998 und 2017 mehr als 526 000 Menschen als direkte Konsequenz von über 11 500 Extremwetterereignissen zu Tode. Die wirtschaftlichen Schäden beliefen sich auf etwa 3,47 Billionen US-Dollar (in Kaufkraftparitäten).
- Stürme und ihre direkten Auswirkungen – Niederschläge, Überschwemmungen und Erdrutsche – waren 2017 eine Hauptursache für Schäden. Von den zehn am stärksten betroffenen Ländern im Jahr 2017 wurden vier von tropischen Wirbelstürmen heimgesucht. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse haben einen klaren Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und den rekordverdächtigen Niederschlägen der Hurrikane 2017 gefunden. Sie deuten auch darauf hin, dass die Zahl der schweren tropischen Wirbelstürme mit jedem Zehntel Grad globaler Erderwärmung zunehmen wird.
- In einigen Fällen haben einzelne außergewöhnliche Katastrophen so starke Auswirkungen, dass die betroffenen Länder allein dadurch auch im Langzeitindex dauerhaft weit oben platziert sind. In den letzten Jahren hat eine weitere Kategorie von Ländern an Bedeutung gewonnen: Länder wie Haiti, die Philippinen und Pakistan werden immer wieder von Katastrophen heimgesucht. Sie gehören sowohl im Langzeitindex als auch im Index des jeweiligen Jahres kontinuierlich zu den am stärksten betroffenen Ländern.
- Von den zehn am stärksten betroffenen Ländern (1998-2017) waren acht Entwicklungsländer der Ländergruppe mit niedrigem oder niedrigem mittleren Einkommen, eines wurde als Land mit ho- hem mittleren Einkommen (Dominica) und eines als fortgeschrittene Wirtschaft mit hohem Ein- kommen (Puerto Rico) eingestuft.
- Der Klimagipfel in Katowice (COP24) muss die Entwicklung des sogenannten "Regelwerks" zur Umsetzung des Pariser Abkommens abschließen, einschließlich des globalen Anpassungsziels und der Kommunikationsleitlinien für die Anpassung. Darüber hinaus muss die COP24 ihre Anstrengungen verstärken, um Schäden und Verluste angemessen zu adressieren. Bisher wird der Umgang mit Schäden und Verlusten zwar als Querschnittsthema in verschiedenen Verhandlungssträngen erwähnt, es besteht jedoch die Gefahr, dass er aus dem endgültigen Verhandlungstext gestrichen wird. Die Risiken zukünftiger klimabedingter Schäden und Verluste sind jedoch viel zu hoch, um sie als Verhandlungsmasse zu instrumentalisieren.
Die Ergebnisse im Detail
2017 waren Puerto Rico, Sri Lanka und Dominica am stärksten von Extremwetter betroffen, gefolgt von Nepal, Peru und Vietnam. Tabelle 1 zeigt die zehn meistbetroffen Länder des letzten Jahres mit ihrer durchschnittlichen gewichteten Platzierung (KRI-Wert) und den konkreten Ergebnissen in den vier analysierten Kategorien.
Ranking 2017 (2016) | Land | KRI-Wert | Todesopfer | Tote pro 100.000 Einwohner | Schäden in Mio US$ (KKP) | Schäden pro Einheit BIP in % | Human Development Index 20171 |
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1 (105) | Puerto Rico2 | 1,50 | 2.978 | 90,242 | 82.315 | 63,328 | - |
2 (4) | Sri Lanka | 9,00 | 246 | 1,147 | 3.129 | 1,135 | 76 |
3 (120) | Dominica | 9,33 | 31 | 43,662 | 1.686 | 215,440 | 103 |
4 (14) | Nepal | 10,50 | 164 | 0,559 | 1.909 | 2,412 | 149 |
5 (39) | Peru | 10,67 | 147 | 0,462 | 6.240 | 1,450 | 89 |
6 (5) | Vietnam | 13,50 | 298 | 0,318 | 4.052 | 0,625 | 116 |
7 (58) | Madagaskar | 15,00 | 89 | 0,347 | 693 | 1,739 | 161 |
8 (120) | Sierra Leone | 15,67 | 500 | 6,749 | 99 | 0,858 | 184 |
9 (13) | Bangladesch | 16,00 | 407 | 0,249 | 2.826 | 0,410 | 136 |
10 (20) | Thailand | 16,33 | 176 | 0,255 | 4.371 | 0,354 | 83 |
... | |||||||
40 (42) | Deutschland | 50,33 | 27 | 0,033 | 3.574 | 0,085 | 4 |
42 (56) | Österreich | 52,67 | 5 | 0,057 | 654 | 0,148 | 24 |
55 (97) | Schweiz | 58,83 | 4 | 0,048 | 508 | 0,097 | 2 |
Tabelle 1: Der Globale Klima-Risiko-Index für 2017 – die zehn am meisten betroffenen Länder sowie zum Vergleich Deutschland, Österreich und Schweiz
1 Human Development Indices and Indicators 2018 Statistical Update
2 Hinweis: Puerto Rico ist kein unabhängiger Nationalstaat, sondern ein Gebiet ohne eigene Rechtspersönlichkeit der USA. Aufgrund der geografischen Lage und der sozioökonomischen Indikatoren weist Puerto Rico jedoch andere Bedingungen und Verletzlichkeit gegenüber extremen Wetterereignissen auf als der Rest der USA. Der KRI soll einen umfassenden und detaillierten Überblick darüber geben, welche Länder und Regionen von extremen Wetterereignissen besonders betroffen sind. Daher wurde Puerto Rico in unserer Analyse gesondert betrachtet.
Puerto Rico und Dominica wurden im September 2017 schwer vom Hurrikan Maria getroffen. Die Infrastruktur der beiden Inseln wurde fast vollständig zerstört. Die meisten Menschen in dieser Region lebten monatelang ohne Strom, da der Hurrikan das bereits marode Stromnetz lahmlegte. Die Regierung von Puerto Rico korrigierte die Zahl der Todesopfer später drastisch von 64 auf 2.975 Tote nach oben. In Dominica ließ der Sturm über 31 Tote zurück und verursachte einen Schaden von rund 1,2 Milliarden US- Dollar. Tausende von Menschen blieben ohne Zuhause und 90 % der Dächer des Landes wurden zerstört. Maria war der erste Sturm der Kategorie 4, der Puerto Rico seit 1932 direkt traf, und der zweitstärkste Wirbelsturm der Dominica erschüttert hat, nach dem Hurrikan Irma (auch 2017).
Im Mai 2017 kam es in Sri Lanka nach starken Monsunregen in südwestlichen Regionen des Landes zu schweren Erdrutschen und Überschwemmungen. Mehr als 200 Menschen starben nach den schlimmsten Regenfällen auf der Insel im Indischen Ozean seit 2003. Der Monsun hat mehr als 600.000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben, 12 Bezirke waren betroffen.
Abbildung 1: Weltkarte des Globalen Klima-Risiko-Index für die Jahre 1998–2017