Risiko- und Kapital-Management: Später Start gefährdet Wettbewerbsposition


Risiko- und Kapital-Management hat bei Versicherern steigende Priorität. Dennoch werden zur Abschätzung des Risikokapitals noch zu selten ökonomisch angemessene Berechnungsmethoden eingesetzt und zur Entscheidungsfindung im Management genutzt, so lautet das Fazit der internationalen Risiko- und Kapital-Management -Studie "Adding Value Through Risk and Capital Management", die alle zwei Jahre durch Tillinghast, einem von drei Geschäftsbereichen der Unternehmensberatung Towers Perrin, durchgeführt wird. "Versicherer gefährden ihre Position im Wettbewerb, wenn sie die Umsetzung risikobasierter Unternehmenssteuerung zu lange hinauszögern", erklärt Edmund Komar von Tillinghast.

Nach der Risiko- und Kapital-Management -Studie 2004 unter 150 Chief Risk Officers, CFOs und Chef-Aktuaren stuft ein Großteil der Befragten (86 Prozent) das Risiko- und Kapital-Management in seiner Bedeutung höher ein als noch vor 2 Jahren. In 39 Prozent der Unternehmen gibt es bereits die Funktion eines Chief Risk Officer (CRO). In 40 Prozent der Fälle (2002: 26 Prozent) berichtet dieser Bereich direkt an den CEO. Damit wird diese Funktion immer häufiger mit der Autorität ausgestattet, die für ein wirkungsvolles Risiko- und Kapital-Management notwendig ist. 63 Prozent aller Versicherer haben inzwischen so genannte "Risk Committees" eingerichtet, die übergreifend alle Risiko- und Kapital-Management -Aktivitäten im Konzern bündeln. Das ist ein deutlicher Sprung gegenüber den 38 Prozent, die vor zwei Jahren berichtet wurden.

Tillinghast sieht weiteren Handlungsbedarf

Obwohl Versicherer große Fortschritte in der Gestaltung von Basisprozessen und in der Implementierung einer Risiko- und Kapital-Management -Infrastruktur machen, sieht Tillinghast weiteren Handlungsbedarf. Die wichtigsten Baustellen:

Aussagekräftige Kennzahlen nutzen: Zur Risikokalkulation nutzen Versicherungsgesellschaften häufig noch ausschließlich aufsichtsrechtliche oder buchhalterische Kennzahlen (54 Prozent). Auf dieser Basis errechnete Größen stellen jedoch alleine keine geeignete Berechnungsgrundlage dar, um unternehmerische Entscheidungen risikobasiert zu treffen. Bewertungen, die auf ökonomischen Messgrößen beruhen und z.B. Garantien und Optionen der Versicherungsnehmer kapitalmarktkonsistent berücksichtigen, werden jedoch erst von 35 Prozent der Unternehmen genutzt werden. Erst 18 Prozent der Befragten gaben an, bereits Marktwerte ihrer Verpflichtungen zu bestimmen. "Dass der Trend zu marktkonsistenten Bewertungen geht, zeigen auch europäische Entwicklungen nur zu deutlich, etwa die ersten Umsetzungen in Richtung Solvency II oder die neu verfassten European Embedded Value Principles", sagt Frank Schepers, Principal bei Towers Perrin. Bei den internationalen Großkonzernen hat sich mit Economic Capital bereits eine "einheitliche Währung" für das übergreifende Kapitalmanagement durchgesetzt.

Transparenz für Entscheidungen schaffen: Die Unternehmen verfolgen mit ihrem Risiko- und Kapital-Management anspruchsvolle Ziele, wie etwa die Steigerung des Unternehmenswertes oder einen effektiveren Einsatz ihres Kapitals. Die Umsetzung gelingt aber derzeit nur begrenzt. Nur 29 Prozent bereiten z.B. die Reports für das Management in Form eines übersichtlichen und aussagekräftigen Entscheidungs-Tableaus auf. "Die komplexen Analysen müssen für General Manager mit Blick auf Business-Prozesse handhabbar gemacht werden", so Komar. "Erst dann kann das Management fundierte operative und strategische Entscheidungen, z. B. hinsichtlich der Investition in Geschäftsfelder, Produkte oder Vertriebswege, treffen."

Rechenfähigkeit sicherstellen: Zwar sind Projektionssysteme zur Modellierung verstärkt im Einsatz. Allerdings liegt der Fokus auf statutorischen Anforderungen. Häufig sind sie auf singuläre und deterministische Planrechnungen beschränkt. 90 Prozent der Unternehmen sehen den Ausbau der Software als Aufgabe. "In Anbetracht des rasanten Anstiegs der Anforderungen wird die Verfügbarkeit flexibler, aber dabei auch effizienter und transparenter Software-Systeme zur Basisanforderung", bemerkt Schepers. "Wichtig ist dabei auch die Integrationsfähigkeit über alle Sparten und Anwendungsziele."

Konkrete Umsetzung: Deutsche Unternehmen zögern

Weltweit gehen Versicherungsunternehmen ambitioniert an die Verbesserung ihres Risiko- und Kapital-Managements , fühlen sich aber häufig in der konkreten Umsetzung gebremst. 61 Prozent der Befragten nennen Ressourcen-Probleme als größte Barriere. Weitere Probleme sehen die Unternehmen bei der adäquaten Modellierung und Messung (47 Prozent) sowie im Bereich Daten- und Informationssysteme (28 Prozent).

Erhebliche Fortschritte beim Risiko- und Kapital-Management haben vor allem größere internationale und einige mittelgroße Versicherer gemacht. Gerade in Deutschland ist die Anzahl von Unternehmen mit Best Practice Risiko- und Kapital-Management gestiegen. Dennoch zögert die große Masse der deutschen Gesellschaften noch, wartet z. B. auf die endgültige Fassung der Solvency II-Regelungen und gefährdet damit ihre Wettbewerbsposition. Komar: "Professionelles Risiko- und Kapital-Management einzuführen, ist ein mehrjähriger Prozess, für den ein langer Atem benötigt wird. Aber wer frühzeitig beginnt, kann sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen."

 

Die komplette Studie können Sie hier herunterladen:

 

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