Anlässlich der 5. Handelsblatt-Jahrestagung "Industrieversicherung 2006" diskutierten Experten der Assekuranz u.a. die aktuelle Marktlage, die derzeit durch stark fallende Preise für Industriedeckungen gekennzeichnet ist. Der seit jeher stark zyklisch verlaufende Industrieversicherungsmarkt hat zwischenzeitlich offensichtlich wieder das Käufermarktniveau von vor sieben Jahren erreicht. 2001 hatte die Versicherungsbranche das damals stark defizitäre Industriegeschäft durch eine massive und breit angelegte Sanierungsaktion wieder in die versicherungstechnischen Gewinnzonen zurückgeführt. Dies hat zwischenzeitlich wieder zu einem Angebotsüberhang von Versicherungskapazitäten und folgend zu einem Verdrängungswettbewerb unter den Erstversicherungsgesellschaften geführt. Offensichtlich scheint der Retrozessionsmarkt der Rückversicherer dem Umsatzdenken des Erstversicherungsmarktes nicht bedingungslos zu folgen und notiert tendenziell fester. Die Assekuranzbranche warnt jedoch davor den Versicherungsschutz alleine unter Preisgesichtspunkten auszuwählen und die Solvenz der einzelnen Risikoträger außer Acht zu lassen.
Risiko- und Versicherungsmanagement oft Parallelwelten
Inwieweit der versicherungsnehmerfreundliche Markt weiterhin Bestand hat, bleibt indes unklar. Zwar sprechen nachhaltige Überkapazitäten für eine Fortsetzung der Weichmarktphase, wobei jedoch zumindest mittelfristig wieder mit steigenden Konditionen gerechnet werden muss. Hintergrund sind zunehmende Großschäden, das vor der Umsetzung stehende Solvency-II-Projekt der EU-Finanzbehörde und die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), die 2008 in Kraft treten soll. Mittelfristig wieder steigenden Versicherungskonditionen kann jedoch durch verstärktes Risikomanagement entgegengewirkt werden. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass bei den Risikokosten zukünftig eine Verlagerung von Prämienausgaben zu Gunsten von Risikomanagement-Aufwendungen stattfinden wird. Bei der operativen Vernetzung von Enterprise Risk- und Versicherungsmanagement scheint es aber noch Optimierungspotenzial zu geben. In der Unternehmenspraxis existieren die beiden Disziplinen mehr parallel als integriert. Basierend auf einer aktuellen Untersuchung haben nur 50 Prozent der Risikomanager der Industrie die Verantwortung für das Versicherungsmanagement inne. Die ablauforganisatorische Trennung von Risiko- und Versicherungsmanagement bedingt, dass betriebswirtschaftliche Steuerungsmodelle für den Versicherungseinkauf in den seltensten Fällen existieren. Hierdurch werden Bagatellrisiken oftmals überschätzt und überversichert; im Gegenzug existenzbedrohende Risiken jedoch nicht richtig eingeschätzt und unterversichert.