Die Beschäftigungsentwicklung in den USA ist im August enttäuschend verlaufen und stellte sich nach einer Revision der Vormonatswerte überdies schlechter als bisher genommen dar. Wie das US-Arbeitsministerium am Freitag mitteilte, stagnierte die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft, während von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte einen Stellenzuwachs um 80.000 erwartet hatten. Zugleich wurden die Angaben für die beiden Vormonate nach unten korrigiert: Das Ministerium meldete für Juli nun ein Stellenplus von nur noch 85.000, nachdem zunächst ein Anstieg um 117.000 gemeldet worden war. Für den Juni wurde die Zahl auf ein Plus von 20.000 Jobs revidiert, nach bislang gemeldeten 46.000 Stellen. Insgesamt wurde die Beschäftigtenzahl der Vormonate um 58.000 nach unten korrigiert.
Die bei einer separaten Erhebung ermittelte Arbeitslosenquote verharrte mit 9,1% auf dem Stand des Vormonats, was den Erwartungen von Ökonomen entsprach. Die durchschnittlichen US-Stundenlöhne sanken den weiteren Angaben zufolge um 0,03 USD auf 23,09 USD, während Ökonomen einen Zuwachs um 0,05 USD auf 23,18 USD erwartet hatten. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit sank im Vergleich zum Vormonat geringfügig auf 34,2 Stunden. Diese Zahlen beziehen sich auf sämtliche außerhalb des Agrarsektors Beschäftigte, für die das Bureau of Labor Statistics erst seit kurzem berichtet.
Ein Grund für die enttäuschende Beschäftigungsentwicklung im August war ein Streik von 45.000 Verizon-Mitarbeitern, die für die Zeit des Ausstands von der Lohnliste gestrichen wurden. Der Privatsektor der US-Wirtschaft, der rund 70% der gesamten Arbeitskräfte beschäftigt, schuf im August lediglich 17.000 Jobs. Im verarbeitenden Gewerbe gingen per saldo 3.000 Jobs verloren, im Baugewerbe wurden 5.000 Stellen gestrichen. In der Dienstleistungsindustrie, die üblicherweise als Wachstumsmotor für den Arbeitsmarkt fungiert, kamen nur 20.000 Arbeitsplätze hinzu. Der Staat baute 17.000 Stellen ab.
Volkswirte zeigten sich alarmiert von den Zahlen. "Die heutigen Zahlen - unveränderte Beschäftigung im August und Abwärtstrevionen der beiden Vormonate - beschwören die Vorstellung herauf, dass sich die USA bereits in einer Rezession befinden oder doch kurz davor stehen", sagte UniCredit-Volkswirt Harm Bandholz unter Verweis auf die Tatsache, dass das National Bureau of Economic Research (NBER) die Beschäftigung als einen von vier Indikatoren bei der Festlegung von Konjunkturzyklen verwendet. Für die kommenden Monate erwartet Bandholz kaum gute Nachrichten, weil die Saisonbereinigungsfaktoren für die Monate September bis November hohe Beschäftigungszuwächse unterstellen. Seiner Einschätzung nach wird die Fed demnächst mit der Laufzeitverlängerung ihres Wertpapierportfolios beginnen.
Nach Einschätzung von ING-Volkswirt Rob Carnell erhöhen die aktuellen Daten die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik. "Das FOMC ist derzeit so gespalten, dass die Sitzung am 20./21 September wohl noch kein neues Quantitative Easing bringen wird, wahrscheinlicher ist das November-Meeting mit Pressekonferenz", kalkulierte er.
Das Fazit von Commerzbank-Volkswirt Bernd Weidensteiner klang ähnlich. "Diese Daten liefern die ersten belastbaren Hinweise, dass die US-Wirtschaft im August große Probleme bekommen hat. Die Fed dürfte auf ihrer nächsten Sitzung am 20./21. September zusätzliche Maßnahmen beschließen", sagte er. Weidensteiner zufolge zeigen die schwachen Daten, dass sich die Unternehmen angesichts der massiv gestiegenen Unsicherheit bei Neueinstellungen zurückhielten. Außerdem habe der Erfassungszeitraum nahe an der Krise um die US-Schuldengrenze gelegen und sei mit heftigen Schwankungen an der Finanzmärkten zusammengefallen. "Damit sind die Beschäftigungsdaten noch nicht der abschließende Beweis, dass die US-Wirtschaft auf dem Wege in eine neue Rezession ist, allerdings sind die Risiken weiter gestiegen. Die Fed wird darauf wohl mit zusätzlichen Maßnahmen reagieren, wenn auch nicht unbedingt mit 'QE3'", erklärte Weidensteiner.
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