Für eine Banken- und Geldstadt sind 25 Millionen Euro eigentlich ein Klacks. Peanuts hätte es da früher geheißen. Nicht der Rede wert. Bekommen wir an einem Tag zusammen. An genau diesen Peanuts scheitert aber der Traum Frankfurts, es im Bereich der Fintechs zur Hauptstadt Deutschlands zu bringen und London nicht völlig aus den Augen zu verlieren. Zum großen Branchentreff, der Euro Finance Week, ist die Misere wieder mit Händen zu greifen.
Eigentlich hat die Stadt am Main alles, um zumindest Berlin in den Schatten zu stellen - Banken, Geld, Aufsichtsbehörden und jede Menge talentierter Hochschulabsolventen. "Die Frage ist, warum sind wir nicht längst die Nummer 1", sagt Andreas Hackethal. Der Professor kümmert sich an der Goethe-Uni um neue Formen der Finanzindustrie, also junge Fintech-Startups, die den Banken in ihrem ureigenen Geschäft angreifen.
Sponsoren sind Mangelware
Christian Hoppe hat die Antwort darauf: Es fehlen 25 Millionen Euro. Hoppe ist Chef des Main Incubator, der Gründer an die Hand nimmt und in deren Geschäftsideen im Bereich Finanzwirtschaft investiert. "Wir haben so viel Geld in der Stadt. Aber wenn es um Sponsoren geht, ist es sehr hart", klagt Hoppe. Ein Großteil des Geldes für seine Investitionen bekommt er übrigens von der Commerzbank aus der alten Bankenwelt, deren Tochterfirma der Incubator ist.
Der Mann von der Fintech-Basis und der Professor von der Goethe-Uni sind sich einig, dass es Frankfurt bisher nicht geschafft hat, die vorhandenen Kräfte zu bündeln. "Es reicht nicht, dass sich wie bisher ein paar Leute nach 17 Uhr überlegen, wie der Standort nach vorne gebracht werden kann", erklärt Hackethal. An dieser Stelle kommen wieder die 25 Millionen in Spiel. "Wir brauchen vier bis fünf Leute, die das den ganzen Tag machen", glaubt der Professor für e-Finance. Ihm schwebt vor, dass sich eine Agentur nur um Werbung und Lobbying für Frankfurt als Fintech-Hauptstadt kümmert.
Es braucht ein Hub
Damit sich Gründer richtig wohl fühlen, so glauben Hoppe und Hackethal, muss man sie zusammen in ein Haus setzen. Im Sprech der Branche heißt das dann Hub. Gründer, Programmierer, Marketing-Leute stehen dann jeden Tag im Wettbewerb, tauschen sich aber auch untereinander aus, spinnen an Ideen. Dieses kreative Klima soll dann weitere Jungunternehmer anziehen und den Ruf der Stadt als Fintech-Mekka in der Welt begründen. "Einige geeignete Immobilien stehen frei. Aber wir brauchen die Sponsoren", appelliert Hoppe an Wirtschaft und Geldadel. Fünf Vollzeitstellen und die Jahresmiete für ein Haus, mehr verlangt er nicht.
Im Frankfurter Magistrat und dem hessischen Wirtschaftsministerium schmückte man sich gerne mit dem Titel Fintech-Hauptstadt. Frankfurt soll das Zentrum der wachsenden Finanztechnologie-Branche in Deutschland werden, heißt es pünktlich zur Finance Week vom hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir. "Wir müssen etwas tun", fordert auch Olaf Atja Lemmingson von der Wirtschaftsförderung der Stadt Frankfurt. Doch Geld haben beide keines im Gepäck. "Ich hab die 25 Millionen auch nicht", gesteht Lemmingson.
Für Frankfurt könnte es blamabel enden
Für die Bankenmetropole am Main, die Handel und Finanzwelt reich gemacht haben, könnte der Rückstand bei den Fintechs teuer werden, wenn die Zukunft der Kreditwirtschaft nur in London, New York oder Hongkong gemacht wird. Für Politik und Wirtschaft droht die Hängepartie zur Blamage zu werden. Hoppe und Hackethal fordern die magische Summe nämlich nicht etwa pro Jahr, sondern für den Zeitraum von 5 Jahren. Pro Jahr müssten Staat und Förderer aus der Wirtschaft also lediglich 5 Millionen zusammentrommeln.
Die britische Wirtschaftsförderung wirbt derweil auf dem Branchenportal Deutsche Startups und versucht, deutsche Fintechs an die Themse zu locken. Die Deutsche Börse hat jüngst einen Fonds für Investments in die Finanz-Startups aufgelegt - und zwar in London. Aus dem Fintech-Traum könnte in Frankfurt ein Trauma werden.