Die deutsche Wirtschaft hat sich bisher in einem nicht ganz einfachen weltwirtschaftlichen Umfeld gut behauptet. Doch die Eskalation in der Griechenland-Krise könnte den Aufschwung in diesem und im kommenden Jahr schwer schädigen, möglicherweise sogar vorzeitig abbrechen lassen, befürchtet das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung. "Ein Grexit oder eine zähe Agonie durch Unsicherheit könnte das bislang positive Konjunkturbild dramatisch verändern", warnte IMK-Direktor Gustav A. Horn.
Damit sieht das IMK seine eigene aktualisierte Prognose für das künftige Wachstum der deutschen Wirtschaft in Frage gestellt. Wegen des relativ verhaltenen Starts im ersten Quartal senkten die Wirtschaftsforscher ihre Schätzung für das Jahr 2015 auf einen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,0 Prozent. Im März hatte die Prognose auf 2,2 Prozent gelautet. Für das Jahr 2016 blieb die Prognose von 2,2 Prozent unverändert.
Damit erwartet das IMK in beiden Jahren ein etwas stärkeres Wachstum als andere Institute - falls es denn gelingen sollte, die Eskalation der Griechenland-Krise zu entschärfen und die Zahlungsfähigkeit Griechenlands zu sichern. IMK-Direktor Horn warnte vor einer "Ansteckung weiterer Länder und die Destabilisierung des gesamten Euroraums". Statt einer soliden Aufwärtsentwicklung drohten dann auch in Deutschland heftige Wachstumsverluste.
VDMA hält Risiken für überschaubar
Als überschaubar sieht der VDMA die Folgen eines möglichen Austritts Griechenlands aus dem Euro an. Das Land habe 2014 mit Exporten von 360 Millionen Euro nur Rang 54 unter den Ausfuhrländern des deutschen Maschinenbaus eingenommen. Auch das hohe 2008er Niveau von 680 Millionen Euro sei trotz zuletzt zweistelliger Zuwachsraten noch nicht wieder erreicht worden. Umgekehrt sei Deutschland allerdings mit 22 Prozent nach Italien mit 23 Prozent im vergangenen Jahr der wichtigste Maschinenlieferant Griechenlands gewesen, so der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).
Eine Sondersituation gebe es bei den griechischen Reedern, die trotz der Krise nach wie vor zu den größten Auftraggebern weltweit zählten und für die deutsche Schiffbau-Zulieferindustrie ein wichtiger Markt blieben. Hier seien die Auswirkungen eines Grexit minimal, da die Konten der Schiffseigner überwiegend im Ausland lägen, so der VDMA. Unabhängig von der Auftragsentwicklung forderte der Verband jedoch, dass "nach fünf Jahren Krise in Griechenland endlich eine dauerhafte Lösung gefunden werden muss". Dabei müsse die Stabilität des Euro oberste Priorität bei den Entscheidungen in Berlin und Brüssel haben.