Der Handelskrieg zwischen der Europäischen Union und Russland schreckt nur eine Minderheit der deutschen Unternehmen mit Russlandgeschäft. Knapp zwei Drittel der Firmen rechnen für 2014 mit gleichbleibenden oder besseren Ergebnissen auf dem größten Markt in Osteuropa. Der mittelfristige Ausblick ist aber deutlich eingetrübt. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Deutsch-Russischen Außenhandelskammer und des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter 300 Betrieben hervor. Ein Drittel der Unternehmen erwartet aber Einbrüche um bis zu 50 Prozent und mehr.
"Besonders stark ist der innovative, zumeist mittelständisch geprägte Maschinen- und Anlagenbau betroffen", sagte Volker Treier, stellvertretender Geschäftsführer des DIHK. Vier von fünf Firmen halten die Wirtschaftssanktionen nicht für geeignet, um politische Lösungen herbeizuführen. Größter Profiteur des Konflikts zwischen Russland und Europa ist China, das für die wegfallenden Produkte aus der EU in die Bresche springt. Das Handelsvolumen zwischen den beiden Großmächten steigt deutlich an. "Die Hinwendung der Russen nach Asien, ob freiwillig oder gezwungen, ist jedoch eine ganz reale Herausforderung", sagte Rainer Seele, Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer. Er forderte die Politiker auf, sich an einen Tisch zu setzen, um eine friedliche Lösung des Konflikts zu finden. "Wir unterstützen nicht, dass wir in eine Sanktionsspirale hineingehen", betonte Seele.
Der Strafkatalog verunsichert besonders die Hersteller von Dual-Use-Gütern, die sowohl für zivile und militärische Zwecke verwendet werden können. So müssen die Hersteller wegen der Sanktionen mittlerweile Ausfuhrgenehmigungen beantragen, wenn sie zum Beispiel Ersatzteile für schwere Landmaschinen nach Russland liefern wollen.
Die mittelfristigen Aussichten für das Russlandgeschäft sind aber wenig euphorisch. Wegen der Rubelabwertung und einer konjunkturellen Schwäche ist das Geschäftsklima deutlich eingetrübt. Dennoch sind drei Viertel der Unternehmen davon überzeugt, dass der russische Markt weiter sehr attraktiv ist. Nur acht Prozent denken darüber nach, Russland zu verlassen.
Kommentare zu diesem Beitrag
Die Europäische Union hat die Sanktionen gegen Russland in der Ukraine-Krise verschärft. Auf der Liste stehen nun weitere neun Firmen, die keine Güter mehr erhalten, die neben einem zivilen auch einen militärischen Nutzen haben können. Zudem wurden finanzielle Restriktionen für die Ölkonzerne Rosneft und Transneft sowie die Ölsparte des Energieriesen Gazprom verhängt. Die EU belegte außerdem 24 Personen, die aus ihrer Sicht zur Destabilisierung der Ukraine beigetragen haben, mit Einreiseverboten und Kontosperren.
Die bereits am Montag vereinbarten Maßnahmen wurden am Freitag im EU-Amtsblatt veröffentlicht, womit sie in Kraft getreten sind. Die drei Ölkonzerne dürfen künftig in der EU keine Finanzinstrumente mit einer Laufzeit von über 30 Tagen mehr handeln. Auch drei Unternehmen aus dem Rüstungssektor sollen an der Kapitalaufnahme in der EU gehindert werden. Die bestehenden Sanktionen gegen russische Staatsbanken werden verschärft.
Auch die USA haben eine weitere Verschärfung ihrer Sanktionen gegen Russland in der Ukraine-Krise angekündigt. Die mit der EU koordinierten Strafmaßnahmen würden sich gegen den russischen Finanz-, Energie- und Rüstungssektor richten, teilte US-Präsident Barack Obama am Donnerstag in Washington mit. Einzelheiten werde seine Regierung am Freitag bekanntgeben.
Über die neuen Sanktionen der EU hatte es eine tagelange Hängepartie gegeben. Die 28 Staaten der Gemeinschaft hatten am Montag ein weiteres Paket von Wirtschaftssanktionen beschlossen, dessen Inkraftsetzung aber für einige Tage ausgesetzt, um zu sehen, ob Russland dazu beiträgt, die Spannungen in der Ostukraine abzubauen. Es wurde mehrfach über das weitere Vorgehen diskutiert und auch darüber, unter welchen Umständen die Strafen wieder aufgehoben werden könnten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drängte auf eine schnelle Umsetzung der Sanktionen.