Der Ausbruch eines Vulkans in Island hat den Luftverkehr in Deutschland am Freitag fast vollkommen zum Erliegen gebracht und im europäischen Flugbetrieb zu erheblichen Einschränkungen geführt. Zumindest bis Samstagmorgen bleibt der Flugverkehr in weiten Teilen Europas eingestellt. Den Fluggesellschaften dürfte der Vulkanausbruch teuer zu stehen kommen.
Der Flughafen München war als einziger großer deutscher Flughafen am Freitagabend zunächst noch geöffnet. Ab 20.00 Uhr wird jedoch auch der zweitgrößte deutsche Flughafen seinen Betrieb einstellen. Die Deutsche Lufthansa AG muss dann auch ihre Flüge an ihrem zweiten deutschen Drehkreuz einstellen, nachdem die Flüge in Frankfurt und an den meisten anderen deutschen Flughäfen schon am Freitagmorgen zum Erliegen kamen. Bis Samstagmittag, 12.00 Uhr, hat die größte deutsche Fluglinie sämtliche Flüge von und nach Deutschland storniert. Zuvor hatte die Deutsche Flugsicherung erklärt, dass der deutsche Luftraum wegen der umherfliegenden Vulkanasche zumindest bis Samstagmorgen, 08.00 Uhr, gesperrt bleiben werde.
Nach Schätzungen der Flugsicherungsbehörde Eurocontrol, die den europäischen Flugverkehr koordiniert, wurden am Freitag europaweit 16.000 der geplanten 29.500 Flüge gestrichen. Für die Fluglinien dürften die finanziellen Auswirkungen erheblich sein. Der internationale Luftfahrtverband IATA schätzt, dass der Umsatzverlust bei mehr als 200 Mio USD täglich liegen dürfte. Daneben fielen unter anderem Kosten für die Umleitung von Flugzeugen sowie die Versorgung gestrandeter Passagiere an.
In Österreich wird der Luftraum ab den Abendstunden gesperrt. Wie Austro Control mitteilte, wird der Luftraum schrittweise gesperrt. Zunächst wird der obere Luftraum im Norden geschlossen, ab 18.45 Uhr werden keine Starts und Landungen mehr an den Flughäfen Wien und Linz möglich sein. Salzburg und Innsbruck werden laut den Angaben von Freitagnachmittag um 19.00 Uhr geschlossen. Ab 22.00 Uhr seien auch in Graz und Klagenfurt keine Landungen mehr möglich, so die Flugsicherheitsbehörde. Der Luftraum über England und Wales wird noch bis mindestens Samstagmorgen, 8.00 Uhr MESZ, geschlossen bleiben. Ab 20.00 Uhr MESZ werden hingegen die Beschränkungen für den größten Teil des schottischen Luftraums sowie Nordirland aufgehoben, teilte die britische Flugsicherungsbehörde NATS am Freitagnachmittag mit. Der irische Billigflieger Ryanair erwartet, dass es bis Montag, 14.00 Uhr zu Flugstornierungen kommen wird.
Der Luftraum in den Niederlanden bleibt nach der Schließung am Donnerstagabend bis auf Weiteres gesperrt. Die Flughäfen in Nord- und West-Frankreich einschließlich der Pariser Airports bleiben bis 20.00 Uhr geschlossen. Lediglich Landungen waren nach Angaben vom Freitagnachmittag bis 18.00 an den Pariser Flughäfen erlaubt.
In Schweden wird der Flugbetrieb unterdessen schrittweise wieder frei gegeben. Nachdem der Flugbetrieb am Donnerstag untersagt wurde, wurde im Norden des Landes der Luftraum allmählich wieder geöffnet. Für den Süden gelten nach wie vor Restriktionen. Der Luftraum über Nordnorwegen wird ab Freitagabend 20.00 Uhr wieder geöffnet, südlich von Trondheim bleibt der Luftraum nach Angaben der norwegischen Flugsicherung jedoch weiterhin geschlossen.
Hohes Sicherheitsrisiko für den Flugbetrieb
Der Ausbruch eines Vulkans in Island hatte bereits am Donnerstag zu erheblichen Behinderungen im europäischen Luftverkehr geführt. Auch in den kommenden Tagen kann es zu weiteren Behinderungen kommen. Es werde weiterhin sehr viel Asche in die Luft geschleudert, sagte Oli Aranson, Meteorologe des isländischen Wetterdienstes, am Donnerstag. "Es wird zumindest in den kommenden beiden Tagen eine Aschewolke geben", sagte Aranson. Der Wind werde bis Mitte kommender Woche in Richtung Großbritannien wehen.
Die Asche ist ein hohes Sicherheitsrisiko für den Flugbetrieb. Dabei können die Staubpartikel zu Beschädigungen an den Frontscheiben der Flugzeuge führen, zudem können die Triebwerke ausfallen.
Lufthansa und Air Berlin haben eigenen Angaben zufolge keine Versicherungen, die wirtschaftliche Schäden aufgrund dieses Naturereignisses decken. Aus diesem Grund rechnen die deutschen Industrieversicherer wie Allianz oder HDI-Gerling gegenwärtig auch nicht mit Schadenforderungen. Eine so genannte Betriebsunterbrechung müsse durch einen Materialschaden verursacht werden, das sei hier nicht der Fall, sagte ein Sprecher. Die Flugausfälle wegen der Vulkanasche seien mit Verspätungen und Ausfällen durch Nebel oder Schneesturm vergleichbar.
Die Deutsche Bahn hat auf die Einschränkungen im Flugverkehr reagiert und alle ihr zur Verfügung stehenden Züge eingesetzt. Außerdem hat sie ihr Servicepersonal verstärkt und die Kundendienstangebote ausgebaut. "Wir tun alles, um Reisende an ihr Ziel zu bringen", sagte Vorstandsmitglied Ulrich Homburg. Lufthansa Cargo versucht unterdessen, ihre für den europäischen Raum bestimmte Luftfracht teilweise auf Lastkraftwagen umzuladen und so zu ihren Empfängern zu bringen. Allerdings sind nicht alle Gütertransporte auf der Straße erlaubt und in einigen Ländern bestehen am Sonntag Fahrverbote. Verzögerungen sind deswegen nicht zu vermeiden und interkontinentale Aufträge müssen am Boden bleiben.
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Die deutschen Industrieversicherer wie Allianz SE oder HDI-Gerling rechnen gegenwärtig nicht mit Schadenforderungen wegen des Ausbruchs des isländischen Eyjafjallajökull-Vulkans. "Wir sehen momentan keine Belastung", sagte Allianz-Sprecher Richard Manson zu Dow Jones Newswires. "Eine Betriebsunterbrechung muss durch einen Materialschaden verursacht werden, das ist hier nicht der Fall."
Die Flugausfälle wegen der Vulkanasche seien mit Verspätungen und Ausfällen durch Nebel oder Schneesturm vergleichbar, fügte er hinzu. Da eine Versicherung gegen Betriebsunterbrechung zudem sehr teuer sei, würden Fluggesellschaften und Flughäfen diese Risiken eigentlich vollständig selbst tragen. Versichert wäre demgegenüber ein Flugzeug, das bei einem Flug durch die Aschewolke abstürzen würde, sagte Christoph Groffy, Sprecher der HDI-Gerling.
Auch die Rückversicherer werden wohl nicht durch die Folgen des Vulkanausbruchs belastet. Luftfahrtversicherungen deckten Betriebsunterbrechungen nicht ab, sagte eine Sprecherin der Hannover Rück. Der zur Talanx Gruppe gehörende Rückversicherer rechnet deshalb nicht damit, dass die Aschewolke einen Einfluss auf sein Geschäft hat.
"Wir gehen davon aus, dass die Auswirkungen sehr gering sind", sagte auch ein Sprecher der Munich Re. Zum einen seien Ausfälle kein versichertes Risiko. Zudem sehe die EU-Fluggastverordnung aber auch keine Entschädigung der Passagiere vor, weil höhere Gewalt im Spiel sei.
Die Wissenschaftler gingen zudem davon aus, dass die Aschewolke nur eine sehr geringe Dichte habe. In den betroffenen Gebieten sollte sie deshalb auch beispielsweise für die Landwirtschaft keine Auswirkungen haben, fügte er hinzu.
Der Flugverkehr in Deutschland wird nicht vor Samstag 14.00 Uhr wieder aufgenommen werden können. Das teilte die Deutsche Flugsicherung am späten Freitagabend nach einer erneuten Prüfung der Lage mit. Damit bleiben alle 16 internationalen Flughäfen des Landes gesperrt. Die Aschewolke aus dem isländischen Vulkan hänge derzeit recht statisch über Deutschland, sagte eine Sprecherin der Flugsicherung. Die Wolke stellt nach Expertenansicht eine enorme Gefahr für den Flugverkehr da. Sie könnte bei Flugzeugen zum Triebwerksausfall führen.
Zur Diskussion rege ich an, zwischen dem Risiko an sich und der Eintrittswahrscheinlichkeit zu unterscheiden: 2005 gab es ein schwaches Erdbeben in Südtirol, daß ich noch in München im 5. OG gespürt habe. Ist deswegen eine Versicherung gegen Erdbeben sinnvoll?
Eine bewusste (!) Entscheidung sollte sein, ob man bereit ist, das Restrisiko bei einer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit zu tragen. Dann aber bitte nicht meckern, wenn es doch eintritt.
Die Papiere der Lufthansa büßten heute (19.04.2010) angesichts der Ertragsausfälle 2,6% auf 12,40 EUR ein und Fraport schlossen 2% schwächer bei 39,54 EUR. Lufthansa Cargo ließ am Nachmittag wissen, durch die Flugausfälle "massiven wirtschaftlichen Schaden" zu erleiden. Die Bank Macquarie schätzt, dass die Sperrung des Luftraums über Europa den europäischen Fluglinien insgesamt rund 1 Mrd EUR Umsatz kosten dürfte. Für den Flughafenbetreiber Fraport schätzte Macquarie den Verlust auf 2 Mio bis 3 Mio EUR pro Tag.
Die Papiere von Air Berlin sanken um 5% auf 4,01 EUR. Die Europäische Kommission erwägt unterdessen, Staatshilfen für Airlines zu genehmigen.
TUI büßten 5,3% auf 8,12 EUR ein. Die Norddeutsche Landesbank sieht angesichts der Flugausfälle die Ziele des Reisekonzerns gefährdet und hat die Aktie auf "Verkaufen" von "Halten" gesenkt. Die TUI-Tochter TUI Travel teilte am Morgen mit, dass wegen der Luftraumsperrung per Sonntag rund 100.000 Gäste bislang nicht aus dem Urlaub zurückkehren konnten.
Wegen des Flugverbotes fürchten viele Automobilbauer Lieferengpässe und Produktionsausfälle. Beim weltgrößten Premiumautohersteller BMW könnten in den USA bald die Bänder stillstehen. BMW verloren 0,7% auf 35,31 EUR. Auch Volkswagen fürchtet Engpässe beim Nachschub mit Komponenten, sollte das Flugverbot länger andauern. Die VW-Vorzugsaktie gab um 1,3% auf 70 EUR nach. Daimler fielen um 0,6% auf 36,31 EUR zurück.
Als Profiteur des Vulkanausbruchs auf Island machten Händler den Autovermieter Sixt aus. Sixt-Aktien zogen um 2,3% auf 23,97 EUR an. Vossloh zogen um 2,4% auf 79,80 EUR an. Auch der Hersteller von Lokomotiven und Bahnsystemtechnik wurde im Handel als möglicher Profiteur der Entwicklung gesehen. Zudem meldete Vossloh den Eingang eines Auftrags über 18 Diesellokomotiven.
Die Einschränkungen im europäischen Flugverkehr durch die Aschewolke des Vulkanausbruchs in Island haben nach Einschätzung der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) keine Folgen für die Wirtschaftsentwicklung in Europa. "Zu diesem Zeitpunkt glauben wir nicht, dass es unmittelbare Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft geben wird", erklärte S&P am Dienstag. Auch die Ratings der Fluggesellschaften und der Tourismusbranche seien wegen des Vulkanausbruchs derzeit noch nicht in Gefahr.
Vergangene Woche war ein Vulkan unter dem isländischen Gletscher Eyjafjallajökull ausgebrochen. Die Aschewolken haben den Flugverkehr über Europa zeitweise fast vollständig zum Erliegen gebracht.
Die Erholung in Europa wird S&P zufolge vor allem vom Welthandel getragen. Nach Daten der Vereinten Nationen finde aber rund 80% des globalen Güterhandels per Schiff statt. Zudem könnten Luftfrachten auch mithilfe von Zügen und Lkws transportiert werden, solange die Flugzeuge am Boden bleiben müssten, erklärte S&P. Für viele Geschäftsreisende biete sich auch die Möglichkeit, Videokonferenzen abzuhalten, anstatt zu reisen. Vor diesem Hintergrund sieht die Ratingagentur durch den Vulkanausbruch keine Auswirkungen auf den Aufschwung in Europa.
Die Ratings der großen Airlines - wie von Deutsche Lufthansa und British Airways (BA) - seien trotz der hohen Belastungen infolge der jüngsten Startverbote nicht gefährdet. Beide Fluglinien besäßen "angemessene Liquiditätspositionen", die ihre Ratings unterstützen. Sollten die Einschränkungen im Flugverkehr aber länger anhalten, seien Herabstufungen möglich. Die Ratings von Lufthansa und BA sind jeweils mit einem negativen Ausblick versehen.
Auch auf die Tourismusbranche dürften die derzeitigen Unterbrechungen keine negativen Auswirkungen haben. So sollten die Belastungen bei TUI Travel kurzfristig keinen negativen Einfluss auf das Rating der TUI AG haben. Die deutsche TUI AG hält 54,9% an der TUI Travel plc.
Ein Vulkanausbruch führt zu einer ungewöhnlich großen Aschewolke, die aufgrund ungünstiger Windverhältnisse, die Flugsicherung zu einer (womöglichen) Überreaktion veranlasst, weshalb IFR-Flüge in Europa nicht mehr möglich sind, wichtige Produktionsteile nicht eingeflogen werden können und letztlich die Produktion für 2 Tage stillsteht.
Das Risiko des beobachteten Vulkanausbuches und die Folgen sind nämlich eine Verkettung einiger unglücklicher Umstände (wie so oft bei Risiken), die selbst für Luftfahrt-Laien viele Fragen aufwerfen. Wenn die Aschewolke in großer Flughöhe war, warum werden dann ALLE IFR-Flüge (Instrumentenflüge) von der Flugsicherung nicht freigegeben? VFR-Flüge (nach Sichtflugregeln) waren während der gesamten Zeit ohne weiteres möglich! In der Übergangszeit wurden dann KONTROLLIERTE Sichtflüge im unteren Luftraum genehmigt. Warum wurden keine Instrumentenflüge in niedriger Flughöhe genehmigt? Die Aschewolke ist doch kein Problem der angewendeten Flugregeln (VFR oder IFR) sonder ganz wesentlich ein Problem der Flughöhe! – Gab es hier also eher eine unangemessene Risikohandhabung seitens der Flugsicherung die all die Risiken in den Unternehmen erst ausgelöst hat???