Vor nicht allzu langer Zeit waren Satellitenbilder noch eine hochsensible Angelegenheit. Mit Google Earth hat sich einiges geändert. Google Earth kann Satelliten- und Luftbilder unterschiedlicher Auflösung mit Geodaten überlagern und auf einem digitalen Höhenmodell der Erde darstellen. Die Allianz nutzt die Software fürs Risikomanagement.
Katrina ließ so manchem den Schreck in die Glieder fahren – vor allem den Stadtvätern von New Orleans, die auf ein solches Desaster mit über 1000 Toten und einer Million Obdachlosen nicht vorbereitet waren. Dabei kann es in der Region noch viel schlimmer kommen: Computersimulationen zeigen, dass ein Hurrikan, der erst Florida zerlegt, anschließend über dem Golf von Mexiko noch mal Schwung holt und sich dann über Houston hermacht, Katrina wie ein laues Sommerlüftchen aussehen lassen würde.
"Ein schwerer Wirbelsturm über Houston wäre derzeit auch für uns das schlimmste denkbare Szenario", sagt Gregg Pope, bei Allianz Global Corporate Specialty in München für das Risikomanagement von Naturkatastrophen zuständig. Dass der Gedanke an die texanische Metropole den Risikoexperten unruhig werden lässt, liegt an den zahlreichen hochmodernen Industriebetrieben in dem Gebiet: Energieversorger, Raffinerien, Hafenanlagen und vor der Küste eine Armada von Ölplattformen. Die Allianz ist dort im Geschäft.
Risiken von oben betrachtet
Um sich einen besseren Überblick über Lage und Verteilung der versicherten Risiken zu verschaffen, baut Pope seit Herbst letzten Jahres auf Hilfe von oben – Google Earth macht’s möglich. Das Internetprogramm verknüpft Satellitenfotos und Luftaufnahmen mit Geodaten und erlaubt einen Blick auf die Welt, wie ihn bislang nur Astro- und Kosmonauten kannten.
Per Navigationssystem kann sich der Betrachter an jeden Punkt der Erde beamen. Die Detailauflösung beträgt im Schnitt 15 Meter. In einigen Großstädten und Ballungsgebieten aber kann man sich auch schon so weit heranzoomen, dass Objekte von 15 Zentimetern Größe zu erkennen sind. Ganz so genau braucht es Gregg Pope nicht. Ihm reicht es zu sehen, wie die örtlichen Gegebenheiten beschaffen sind, wo es Häufungen von versicherten Industriebetrieben gibt, welchen Risiken sie ausgesetzt sind, und welche Schäden Erdbeben oder Stürme, Vulkanausbrüche oder Überschwemmungen dort anrichten könnten. Google Earth liefert die geographischen Daten; die Angaben über versicherte Objekte, samt Versicherungssummen und Selbstbehalten, steuert Allianz Global Corporate Specialty bei. "Auf diese Weise", so Pope, "können wir am Computer sofort sehen, wo wir eventuell gegensteuern müssen."
Säulen zeigen mögliche Schäden
Die Regionen, die näher untersucht werden sollen, werden zunächst durch einen Rahmen von 300 mal 300 Kilometern Länge eingegrenzt, der wiederum in 49 gleichgroße Felder aufgeteilt wird. Die Rasterung lässt sich so weit verfeinern, dass einzelne Anlagen und Gebäude zu erkennen sind. Das System soll so optimiert werden, dass neue und aktualisierte Verträge in wöchentlichem Rhythmus in die Datenbank eingespeist werden können. Auf der Landkarte erscheinen sie dann als grüne, gelbe, blaue oder rote Punkte, die mit Informationen über Versicherungsnehmer, Versicherungssumme und die mögliche Schadenshöhe hinterlegt sind. Die roten Punkte zum Beispiel bezeichnen petrochemische Betriebe. Wenn es die trifft, kann es richtig teuer werden.
Wechselt man von der Vogelperspektive in die Schrägansicht, verwandeln sich die Punkte in Säulen, die anhand ihrer Größe die mögliche Schadendimensionen anzeigen.
Zeichnungsgrenzen nicht überschreiten
In den USA kann Popes Katastrophen-Team bislang neben Houston und New Orleans auch Miami, New York, San Francisco, Los Angeles, St. Louis und Memphis bis auf Gebäudeebene anzoomen. Daneben sind inzwischen auch Montreal, Mailand, London, Paris, Hamburg und Holland für die Risikokontrolle graphisch aufbereitet. Ein anschauliches Instrument, wenn es zum Beispiel darum geht, Maklern und Risikoprüfern nahe zu bringen, in einer Region gewisse Zeichnungsgrenzen nicht zu überschreiten. Was nicht heißt, dass man sich aus bestimmten Bereichen völlig verabschieden wolle, unterstreicht Gregg Pope: "Auch durch Rückversicherung oder die Gestaltung der Selbstbehaltklauseln können wir einer unvertretbaren Risikohäufung entgegenwirken."
Die Planungen sehen vor, mittelfristig alle Einheiten von Allianz Global Corporate Specialty an das System anzukoppeln. Bändigen lässt sich die Natur damit zwar auch nicht, aber zumindest kann man sicherstellen, dass sie einen nicht auf dem falschen Fuß erwischt
Risikomanagement aus der Vogelperspektive
Redaktion RiskNET
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