Das Geschäftsmodell einer Versicherung beinhaltet die Übernahme und das Management von Risiken. Dazu zählen insbesondere die versicherungstechnischen Risiken und die Kapitalanlagerisiken. Dadurch wird die Gesellschaft auch selbst unterschiedlichen Gefährdungen ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund kommt einem ausgeprägten Risikobewusstsein und dem gezielten Abwägen von Chancen und Risiken eine besondere Bedeutung zu. Das Risikomanagementsystem muss deshalb ein integraler Bestandteil aller Prozesse sei. Bei der Victoria Versicherung AG in Düsseldorf soll damit sichergestellt werden, dass keine Handlung oder Entscheidung ein existenzgefährdendes Risiko nach sich zieht. Risikobehaftete Entwicklungen werden frühestmöglich identifiziert und durch ein aktives Management gesteuert.
Risikofrüherkennungs- und Risikomanagementsystem
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass sich die Risikolandschaft der Victoria Versicherung auf Grund von unterschiedlichen Ereignissen und Einflüssen kurzfristig und unerwartet ändern kann. Somit ist es erforderlich geworden, mit den eingesetzten Instrumenten flexibel agieren zu können, damit es in keiner Situation zu einer wesentlichen Gefährdung des Fortbestands oder zu nachhaltigen Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage kommen kann. Die Victoria Versicherung erfüllt mit den implementierten Systemen die Anforderungen des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG).
Integriertes Risikomanagement als ganzheitlicher Ansatz
Die Entscheidungen über die Wahrnehmung von Chancen und das Eingehen von Risiken werden in der Regel in den operativen Einheiten getroffen. Die Führungskräfte sind deshalb gleichzeitig Risikomanager, d.h., die Kompetenzen zur Verantwortung und Steuerung der Risiken liegen bei ihnen. Ergänzt wird das System durch die zentrale Einheit Risikomanagement-Systeme, die das Risikocontrolling wahrnimmt; damit ist auch die Funktionstrennung sichergestellt. Bei der systematischen Weiterentwicklung des Risikomanagementsystems folgt die Victoria Versicherung dem konzerneinheitlichen Steuerungsansatz der ERGO Versicherungsgruppe. Dies ist die Aufgabe der auf Konzernebene etablierten Einheit Integriertes Risikomanagement; sie berichtet direkt an das für Rechnungswesen, Steuern, Controlling und Risikomanagement verantwortliche Konzernvorstandsmitglied. Im Integrierten Risikomanagement sind die Einheiten des bestehenden Risikomanagementsystems, Risikomodelle und finanzielle Steuerung sowie das Asset-Liability-Controlling unter einer einheitlichen Leitung zusammengefasst. Dies geschieht mit dem klaren Ziel einer verbesserten Risiko-Return-Steuerung und Kapitalproduktivität. Die im Bereich Integriertes Risikomanagement angesiedelte Einheit Risikomanagement-Systeme nimmt die Prozessverantwortung wahr und sorgt durch die quartalsweise Information des Vorstands für die umfassende Transparenz der Risikolage. In besonders definierten Fällen und bei der Überschreitung von definierten Limits im Frühwarnsystem wird diese regelmäßige Standardberichterstattung um eine Sofortberichterstattung ergänzt. Darüber hinaus ist diese Risikocontrolling-Einheit auch für die laufende Weiterentwicklung des Risikomanagementsystems und das Setzen der konzernweiten Standards verantwortlich. Außerdem werden hier ressort- und bereichsübergreifende Risiken überwacht. Als prozessunabhängige Überwachungsinstanz obliegt der internen Revision die Prüfung des gesamten Risikomanagements hinsichtlich Wirksamkeit, Angemessenheit und Effizienz. Der Abschlussprüfer prüft zusätzlich das Früherkennungssystem.
Versicherungstechnische Risiken
Das Management der versicherungstechnischen Risiken nimmt im Risikomanagementsystem des Unternehmens eine herausgehobene Stellung ein. Kernelemente dieses Managements sind die Kontrolle der Risikoverläufe und die laufende Überprüfung der Rechnungsgrundlagen für die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen. Die Beiträge und Rückstellungen werden mit vorsichtig gewählten Rechnungsgrundlagen kalkuliert. So kann langfristig die Erfüllung der Verpflichtungen sichergestellt werden. Die versicherungstechnischen Risiken werden durch geeignete Zeichnungsrichtlinien, aktuarielle Analysen und adäquaten Rückversicherungsschutz reduziert. Trotz vorsichtiger Tarifkalkulation und ausreichender Dotierung der Rückstellungen können weitere Risiken entstehen, die begrenzt werden müssen. Diese Risiken bestehen darin, dass die Victoria Versicherung durch hohe Einzelschäden oder durch Kumulierung von Schadenereignissen außerordentlich stark in Anspruch genommen wird. Um sich vor solchen Risiken zu schützen und um Ertragsschwankungen zu begrenzen, werden Rückversicherungsverträge geschlossen.
Anwendung des bilanzrechtlichen Vorsichtsprinzips
Bei der Wahl der Rückversicherer ist eine hohe Bonität wesentliches Kriterium, da hiermit das Ausfallrisiko und Risiken hinsichtlich der Zahlungsstromschwankungen begrenzt werden. Das Hauptrisiko in der Schaden- undUnfallversicherung ist das Prämienrisiko. Es besteht darin, dass die Prämien nicht ausreichen, um die vertraglich eingegangenen Verpflichtungen erfüllen zu können. Mit einer gezielten Annahmepolitik, strengen Zeichnungsrichtlinien, einem systematischen Bestandscontrolling und einer regelmäßigen Prämiennachkalkulation soll erreicht werden, dass Prämieneinnahmen und Schadenzahlungen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Bei den versicherungstechnischen Rückstellungen gemäß § 249 HGB in Verbindung mit § 341e ff. HGB wird auf der Basis differenzierter Statistiken unter Anwendung des bilanzrechtlichen Vorsichtsprinzipsverfahren. Die Victoria Versicherung ist sowohl im Privatkundengeschäft als auch im Gewerbe-/Industriegeschäft tätig. Durch die Rückversicherungsprogramme sind hohe Einzelschäden und daraus resultierende hohe Haftungssummen sowie Kumulereignisse wirksam begrenzt und damit im Sinne einer ertragsorientierten Unternehmenssteuerung in ihrem negativen Einfluss planbar gestaltet. Um dieses Ziel zu erreichen, bedient sich die Versicherung risikobezogener Rückversicherungslösungen. So werden zum Beispiel fakultative, obligatorische proportionale sowie nichtproportionale Rückversicherungen genutzt. Mit der passiven Rückversicherung verfolgen die Risikomanager insbesondere die Zielsetzung, die Volatilität der Nettoergebnisse zu reduzieren. Dadurch verringert sich das betriebsnotwendige Eigenkapital, und gleichzeitig verbessert sich die Planbarkeit der Ergebnisse.
Risikomodellierung von Groß-, Kumul- und Basisschäden
Zur Ermittlung des Rückversicherungsbedarfs werden regelmäßig u.a. die Brutto-/Netto-Exponierung der Versicherungsbestände mit besonderem Fokus auf den Bereich der Kumulgefahren analysiert und daraus Handlungsfelder für die Steuerung der Rückversicherungsstruktur abgeleitet. Auf Grund der besonderen Bedeutung der Elementarversicherungen und der damit einhergehenden Exponierung der Victoria Versicherung werden die Bestände regelmäßig anhand anerkannter aktuarieller Methoden evaluiert. Die Ergebnisse dieser Analysen bilden die Grundlage für Art und Höhe der Naturkatastrophen-Schutzprogramme. Die jeweiligen Netto-Selbstbehalte stellen für die Victoria Versicherung finanziell verkraftbare Größen dar. Die wesentlichen Sicherungsmaßnahmen sind neben den Rückversicherungsverträgen die Bildung von Rückstellungen für wiederauflebende Schäden in den Sparten Kraftfahrt, Hausrat, Wohngebäude und Haftpflicht sowie für unerkannte Großschäden in den Sparten Kraftfahrt-Haftpflicht und Haftpflicht. Bei diesen Rückstellungen wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es einerseits Schäden gibt, welche zum Bilanzstichtag bekannt, aber geschlossen sind und in nachfolgenden Bilanzperioden wiedereröffnet werden, und es andererseits erfahrungsgemäß insbesondere bei Personenschäden auf Grund unklarer Informationen zu Abwicklungsverlusten kommen kann. Weiterhin erfolgt eine Drohverlustrückstellung in der Verbundenen Gebäudeversicherung. Hier wird dem Umstand einer teilweisen Untertarifierung des Bestandes Rechnung getragen. In den Privatkundensparten liegen sehr homogene Bestände vor. Trotzdem werden im Rahmen der internen Risikomodellierung Groß-, Kumul- und Basisschäden modelliert und die Wirkung der aktuellen Rückversicherungsstruktur daran getestet. Dabei werden für Groß- und Kumulschäden die derzeit gebräuchlichen Verteilungsannahmen (Pareto) für die Schadenhöhe verwendet. Dieses interne Risikomodell wird zusätzlich zur Steuerung des Rückversicherungsbedarfs verwendet und ist Teil des internen Risikomanagementprozesses. Für alle Sparten des Gewerbe- und Industriegeschäftes wird über Zeichnungsrichtlinien und Vollmachts- sowie Kompetenzregelungen die Eingrenzung von Risiken gesichert. Diese Richtlinien und Regelungen orientieren sich innerhalb der Sparten grundsätzlich am Wert des zu versichernden Risikos. Bedarfsweise wird das Ergebnis für eigene Rechnung durch Beteiligung anderer Mitbewerber (Mitversicherungsgeschäft) am zu versichernden Risiko oder Aufnahme von fakultativer Rückversicherung gemindert. Die Richtlinien und Vollmachts- bzw. Kompetenzregelungen sind in Handbüchern, in denen auch angemessene Rahmenrichtlinien zur Schadenbearbeitung (in den Sparten Transport und Technische Versicherungen) aufgeführt sind, festgehalten. Im Rahmen regelmäßig stattfindender Fachkontrollen wird die Einhaltung der Richtlinien überprüft. Die Gewerbe- und Industriesparten sind auf Grund ihrer sehr unterschiedlichen Höhe der jeweiligen Versicherungswerte durch eine Heterogenität der Bestände geprägt. Im Rahmen einer internen Risikomodellierung werden daher Groß-, Kumul- und Basisschäden sehr individuell bewertet und dementsprechend wird die Auswirkung der jeweils aktuellen, ebenfalls sehr individuellen Rückversicherungsstruktur permanent daran getestet und bei Bedarf angepasst. Daneben erfolgt die Bildung besonderer Rückstellungen zur Abdeckung von Belastungen durch eintretende Größtschäden in der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung und in der Sach-/Industrieversicherung. Hier wird berücksichtigt, dass es Schäden geben kann, die der Höhe nach das grundsätzlich eingeplante Maß überschreiten können. Dies kann je nach Sachlage und Stand der Informationen zum Bilanzstichtag über das Schadenausmaß zu künftigen Abwicklungsverlusten führen. Auf Basis der Erfahrungen zurückliegender Jahre werden entsprechende Rückstellungen gebildet. All dies dokumentiert auch die versicherungstechnische Entwicklung. Weder bei den Schadenquoten noch bei den Abwicklungsergebnissen der letzten sieben Jahre zeigen sich größere Schwankungen. Zur Risikovorsorge sind dahingehend Vorkehrungen getroffen worden, dass Wertberichtigungen auf den Forderungsbestand vorzunehmen sind.
Risiken aus Kapitalanlagen
Die Kapitalanlagen der Victoria Versicherung stellen eine wesentliche Ergebnisquelle dar und sind im Wesentlichen in den vier großen Assetklassen festverzinsliche Wertpapiere, Aktien, Immobilien sowie Beteiligungen investiert. Im Einzelnen handelt es sich bei den Kapitalanlagerisiken insbesondere um Markt-, Bonitäts- und Liquiditätsrisiken. Neben den Kriterien Rendite, Sicherheit und Bonität werden auch die Aspekte Liquidität, angemessene Diversifikation (unter Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften zur Mischung und Streuung) sowie vor allem die versicherungstechnischen Verpflichtungen berücksichtigt. Institutionell wird dies durch die Asset-Liability-Teams gewährleistet, in denen für jede operative Einheit Vertreter des Aktuariats, der Strategischen Asset Allocation, des Kapitalanlagecontrollings, des Integrierten Risikomanagements und der zum Münchener-Rück-Konzern gehörenden Vermögensverwaltungsgesellschaft MEAG für die Aktiv-Passiv-Steuerung verantwortlich sind. Die Kapitalanlagerisiken sind vor dem Hintergrund der Ausrichtung der Kapitalanlagepolitik zu betrachten. Die grundsätzliche Kapitalanlageentscheidung (Strategische Asset Allocation) wird auf der Gesellschaftsebene getroffen. Zusätzlich sind in den Kapitalplanungs- und Überwachungsprozess sowie das Management der Anlagen noch verschiedene ERGO-Bereiche und die MEAG eingebunden. Aus den strategischen Vorgaben werden in Zusammenarbeit mit dem ERGO-Kapitalanlagemanagement und der MEAG Mandate formuliert. In diesen Mandaten werden Anlageklassen, Qualität und Grenzen unter Berücksichtigung steuerlicher, bilanzieller und aufsichtsrechtlicher Rahmenbedingungen definiert. Darüber hinaus sind in den Mandaten Kennzahlen und Schwellenwerte zur Steuerung festgelegt. Überwachung und Beratung bei den anlagestrategischen Entscheidungen werden durch die Asset-Liability-Teams vorgenommen. Das Frühwarnsystem der Victoria Versicherung beschäftigt sich besonders intensiv mit der Steuerung und Planung der Kapitalanlagen. Es basiert auf der Implementierung eines Systems von Auslösern (Triggern), das durch definierte Verfahrensregeln ergänzt wird. Die konzernweite Triggerlandschaft differenziert zwischen drei Gefährdungsstufen, in denen es zu unterschiedlichen Maßnahmen kommt. Die Stufen sind aus der Risikotragfähigkeit der Gesellschaft abgeleitet. Die konzernweiten Trigger werden täglich von der MEAG überwacht. Bei Eintreten in eine höhere Gefährdungsstufe werden so genannte Trigger-Alarme ausgelöst, die die Aktivierung fest definierter Prozesse zur Folge haben. Insgesamt hat im Geschäftsjahr 2005 eine Weiterentwicklung der Risikomanagementaktivitäten im Kapitalanlagebereich stattgefunden. Hier sind neben organisatorischen Verbesserungen insbesondere die umfangreichen Adjustierungen der ERGO-Frühwarnsysteme zu nennen. Die dort einfließenden Inputparameter und Stellgrößen berücksichtigen nunmehr verstärkt die Gefahr eines langfristig niedrigen Zinsniveaus.
Marktrisiken
Marktrisiken stellen die größte Risikoposition im Bereich der Kapitalanlagerisiken dar. Sie resultieren aus einem möglichen Rückgang der Marktwerte, der je nach Anlageklasse unterschiedliche Ursachen haben kann. Der größte Teil der Kapitalanlagen entfällt mit 44,8 (43,1)% auf festverzinsliche Anlagen. Die Entwicklung des Zinsniveaus hat somit einen erheblichen Einfluss auf den Wert der Kapitalanlagen, den ökonomischen Wert der Verpflichtungen und die Anlagepolitik. Die Steuerungsmechanismen haben sich in diesem Umfeld bewährt. Zur langfristigen Sicherung des Kapitalanlageergebnisses wurden die Aktivitäten im Rahmen des Asset-Liability-Managements nochmals verstärkt. Die Victoria Versicherung hält infolge der Übernahme der HypoVereinsbank durch die UniCredit jetzt einen großen Aktienbestand an der UniCredit. Hier ist aber von einer Reduzierung des Risikos auszugehen, da die UniCredit-Aktien eine geringere Volatilität aufweisen als die Aktien der HypoVereinsbank. Bei der Ermittlung der Werte von Immobilien sind ständig verfügbare Marktkurse nicht vorhanden. Daher sind Gutachten oder andere angemessene und allgemein anerkannte und geprüfte Bewertungsverfahren erforderlich. Sofern für die einzelnen Immobilien keine aktuellen Gutachterwerte vorliegen, erfolgt die Ermittlung der Immobilienmarktwerte unter Berücksichtigung der aktuellen Prämissen. Die auf Grund der vorab beschriebenen Marktwertermittlung erforderlichen Wertanpassungen wurden vorgenommen, soweit die Wertminderungen als dauerhaft angenommen wurden. Das Risikopotenzial im Bereich der Marktwertschwankungen im Kapitalanlagebereich werden regelmäßig mit Szenarioanalysen – so genannten Stresstests - ermittelt. Diese Stresstests berücksichtigen im Rahmen von Szenarien pauschale Marktwertveränderungen im Bereich der festverzinslichen Wertpapiere, Aktien und Währungen.