Im Top-Management wächst die Akzeptanz für ein professionelles Risikomanagement und damit auch die Investitionsbereitschaft. Fast 91 Prozent der 308 befragten Fach- und Führungskräfte der Finanzbranche gaben an, dass in ihrem Hause die Unternehmensstrategie um einen Risikomanagementfokus erweitert wurde. Damit sind die Rahmenbedingungen für eine weitere struktur- und prozessorientierte Integration des Risikomanagement gesetzt worden. Die strategische Bedeutung von Risikomanagement ist hat sich in den Führungsetagen rumgesprochen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine kürzlich von agens Consulting (seit 1.7.2011 Q_PERIOR AG) in Kooperation mit den Verlagen Versicherungswirtschaft (VVW) und Banken + Partner durchgeführt Trendumfrage zum Risikomanagement.
Gegenüber dem Vorjahr verbinden mehr Führungskräfte einen kontinuierlichen Führungsprozess zur aktiven Beeinflussung von Unternehmensrisiken mit dem Begriff Risikomanagement (von 85,5 Prozent auf 92,2 Prozent gestiegen).
Insbesondere das Verständnis für die Ausweitung des Risikomanagements auf den gesamten leistungswirtschaftlichen Bereich hat deutlich zugenommen (von 82,0 Prozent auf 90,9 Prozent gestiegen). Fast im gleichen Ausmaß werden die Strukturen und Prozesse zur regelmäßigen Berichterstattung mit dem Begriff Risikomanagement in Verbindung gebracht (von 80,8 Prozent auf 86,4 Prozent gestiegen). Lediglich das IT-gestützte Instrumentarium für das Management von Risiken liegt in der Assoziation zum Begriff etwas abgeschlagen. Insgesamt verbinden 59,2 Prozent gegenüber 57,7 Prozent im Vorjahr IT-Instrumente mit dem Begriff Risikomanagement. Ganz am Ende der Antworten findet sich die ausschließliche Motivation in der Erfüllung gesetzlicher Auflagen mit 9,9 Prozent gegenüber 7,3 Prozent.
Zusammenfassend wird Risikomanagement stärker als Führungsaufgabe wahrgenommen. Die Integration in alle Unternehmensprozesse schreitet voran und die Professionalisierung im Risikomanagement gewinnt an Bedeutung. Damit rückt die Qualitätsverbesserung im Risikomanagement in den Fokus. Während in 2010 nur 57,4 Prozent der Befragten aus der Versicherungswirtschaft der Meinung waren, dass sich durch die Ausweitung des Risikomanagements eine Qualitätsverbesserung ergibt, sind es derzeit schon 70,5 Prozent. Im Bankenbereich beträgt Anteil dieser Meinung heute sogar 85,3 Prozent. Mit dem Ausbau und der Qualitätsverbesserung steigt aber auch die Komplexität der Prozesse. Immerhin 54,5 Prozent der Teilnehmer aus dem Versicherungsbereich sehen einen eigenen Risikofaktor in den komplexer werdenden Prozessen (Vorjahr 42,8 Prozent). Bei Banken ist es ähnlich. Vor diesem Hintergrund schwindet die Zuversicht der Praktiker ihre Risiken mittelfristig in den Griff zu bekommen.
Während im Jahr 2010 noch jeder Dritte im Bankenbereich der Meinung war, die Branche werde die Risiken in den nächsten fünf Jahren im Griff haben, teilt in 2011 nur noch jeder Vierte diese Einschätzung. Dafür steigt der Anteil derjenigen die erwarten ihre Risiken in 6 bis 10 Jahren im Griff zu haben. Fast konstante 41,9 Prozent gehen nach wie vor davon aus die Bankenbranche werde die Risiken niemals in den Griff bekommen. Für die gesamte Finanzbranche ist dieser Wert mit einem Durchschnitt von 35,9 Prozent noch etwas besser.
Dagegen wird in der Bankenbranche der aktuelle Entwicklungsstand des Risikomanagements nur von 32,8 Prozent der Befragten als hoch und von 7,3 Prozent als sehr hoch beurteilt. Dagegen sieht mehr als die Hälfte aller Befragten den Entwicklungsstand sehr niedrig, niedrig oder mittel (35,3 Prozent) an.
Insbesondere Basel III dürfte für die Bankenwelt die Prozesse im Risikomanagement anspruchsvoller und die unternehmerischen Freiheiten des Managements geringer werden lassen. Und für Versicherungen gelten, wenn auch in deutlich abgemilderter Form, mit Solvency II ähnliche Herausforderungen.
Trotz des Siegeszugs der quantitativen Verfahren in der Finanzwelt steigt jedoch wieder die Bedeutung des gesunden Menschenverstands. Ganze 79,2 Prozent aus der Bankenbranche und damit ein Viertel mehr als im Vorjahr gaben an bei der Risikoeinschätzung neben Zahlen auch auf den Bauch zu hören. Bei den Versichern fällt der Anstiegt mit rund 10 Prozent auf 72,1 Prozent zwar geringer, aber immer noch deutlich aus.
In den nächsten 2 bis 3 Jahren wollen die Vertreter der Bankenbranche zu 71,1 Prozent in die Messung von Liquiditätsrisiken investieren. Der hohe Wert lässt sich durch die gestiegenen Anforderungen der MaRisk und die zukünftigen Neuerungen aus Basel III erklären. Ganze 57,8 Prozent wollen ihre Methoden zur Messung von Wertpapierrisiken verbessern und 51,1 Prozent werden in die Verfeinerung ihrer Modelle zur Messung von Kreditrisiken investieren. Fazit: Die Bedeutung von Risikomanagement hat seit der Finanzmarktkrise bei den Top-Managern deutlich an Aufmerksamkeit gewonnen und es wird wieder in die Verbesserung der Konzepte investiert.
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