Risikosensibilität nimmt wieder zu


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Die Auswirkungen der aktuellen Finanzmarktkrise auf einzelne Volkswirtschaften und Kreditinstitute werden mitunter verschiedentlich bewertet. Nach Aussage des stellvertretenden Fed-Chairman Donald Kohn könnten die jüngsten Ereignisse breitere Auswirkungen auf Konsum und Gesamtwirtschaft haben. Zwar könnten die Effekte insgesamt moderat bleiben, doch erhöhe die Reaktion der Finanzmärkte auf die jüngsten Ereignisse die Wahrscheinlichkeit, dass die Kreditverfügbarkeit für eine größere Gruppe von Privathaushalten beschränkt sein werde, was Folgen für die Gesamtwirtschaft haben würde, heißt es in einer aktuellen Marktstudie. Autor des auf den 8. August 2007 datierten Papiers ist neben der Fed-Ökonomin Karen Dynan auch Kohn. Die Fed hatte ihren Diskontsatz in der vergangenen Woche überraschend um 50 Basispunkte auf 5,75 Prozent gesenkt. Beobachter rechnen damit, dass die US-Notenbank am 18. September 2007 auch ihren geldpolitischen Schlüsselsatz, den Tagesgeldzielsatz, senken wird. Er steht seit Juni 2006 bei 5,25 Prozent. Kohn und Dynan verwiesen in ihrer Publikation darauf, dass es eine Kombination aus höheren Hauspreisen und innovativen Finanzprodukten erleichtert habe, den Vermögenszuwachs aus dem Immobilienbesitz anzuzapfen. Dies wiederum habe den privaten Konsum erleichtert. Zugleich sei die Verschuldung relativ zum Einkommen sehr substanziell gestiegen, vor allem in den vergangenen fünf Jahren. Die Schlüsselrolle hierbei hätten wiederum die Hauspreise gespielt.

Italien: Noch keine Auswirkungen sichtbar

Unschlüssig bezüglich der möglichen Auswirkungen der Subprimekrise in den USA zeigte sich am Wochenden dagegen der italienische Wirtschaftsminister Tommaso Padoa-Schioppa. Bis Mitte September werde die Regierung keine Daten haben, die zeigen könnten, wie sich die Krise von Mitte August ausgewirkt habe, sagte er in einem Interview mit der Zeitung "La Repubblica". Zudem könne niemand sagen, ob die von der Fed-Diskontsatzsenkung in die Märkte gebrachte Ruhe anhalten werde. Padoa-Schioppa sagte weiter, er wolle auf jeden Fall seine Politik fortsetzen, in die Infrastruktur zu investieren, ohne dabei die Verschuldung zu erhöhen. In italienischen Kreisen war zuletzt spekuliert worden, dass die Regierung ihre Wachstumsprognose von 2,0 Prozent für 2007 auf 1,8 Prozent senken werde.

SachsenLB muss gestützt werden

In Deutschland liegt der Fokus dagegen mehrheitlich auf einzelnen Adressen. Nach der IKB muss nun auch die Sachsen LB wegen ihres Engagements am kriselnden US-Immobilienmarkt gestützt werden. Ein Pool der Sparkassen-Finanzgruppe hat eine Kreditlinie in Höhe von 17,3 Mrd. EUR zur Verfügung gestellt und so die Liquidität des von der Sachsen LB betreuten Investmentvehikels "Ormond Quay" gesichert, teilte die Landesbank mit. Diese Zweckgesellschaft (Conduit) investiert zum größten Teil in US-Kreditpapiere. Das Magazin "Spiegel" berichtete vorab, dass durch das Engagement der Sachsen LB auf dem US-Immobilienmarkt Wertberichtigungen in Höhe von "mindestens Mio 500 Mio. EUR" drohten. Die Bank widersprach der Darstellung. "Das ist Unsinn", sagte Banksprecher Frank Steinmeyer. Möglicherweise würde der Gewinn aus diesen Geschäften durch die Krise geschmälert, Wertberichtigungen würden aber nicht notwendig werden, schon gar nicht in dieser Höhe. Von den 17,3 Mrd. EUR "Ormond Quay"-Fonds seien rund 3 Mrd. EUR Subprime-Immobilienkredite investiert, sagte der Sprecher. Diese hätten aber allesamt höchste Ratings, so dass das Ausfallrisiko gering sei. Die restlichen knapp 14 Mrd. EUR habe die Sachsen LB in andere Forderungstitel investiert, zum Beispiel Kreditkarten-Forderungen. Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) begrüßten in einer gemeinsamen Erklärung die "wirkungsvollen Maßnahmen" zur Sicherstellung der Liquidität bei Ormond Quay. BaFin-Präsident Jochen Sanio und Bundesbank-Präsident Axel Weber hatten den gesamten Prozess offenbar begleitet.

Kein Wertminderungsrisiko für Kredit gebende Banken

Wie die Sachsen LB mitteilte, hat die anhaltende Marktstörung beim Absatz von Asset Backed Commercial Papers zu Zweifeln hinsichtlich der Sicherstellung der Refinanzierung des von der einer Tochter der Sachsen LB betreuten Ormond Quay mit einem Volumen von 17,3 Mrd. EUR geführt. Im Ergebnis sei dadurch die Bonität der Sachsen LB in Frage gestellt worden. Durch die nun der Bank eingeräumte Kreditlinie sollen diese Bedenken ausgeräumt werden. Alle Repo-Verpflichtungen und emittierten Commercial Paper würden bei Fälligkeit erfüllt bzw. eingelöst werden, hieß es in der Mitteilung der Landesbank. Für die Banken, die die Kredite nun bereitstellen, scheint das Risiko überschaubar: Der Freistaat Sachsen habe bestätigt, dass für die sich aus der Ormond Quay-Struktur ergebenden Verpflichtungen der Sachsen LB-Gruppe die Haftung des Gewährträgers greife, so dass für die Kredit gebenden Banken kein Wertminderungsrisiko bestehe. Die Sachsen LB bestätigte zudem, dass sie ihre Finanzierungsverpflichtungen, die sich aus den übrigen von ihr betreuten Conduits Georges Quay und Sachsen Funding ergeben, mit den ihr zur Verfügung stehenden Refinanzierungsmitteln jederzeit erfüllen. Die Bonität der Sachsen LB sei damit gegeben. Die Umstellung der Refinanzierung der Ormond Quay-Struktur werde das Jahresergebnis der Landesbank allerdings belasten, hieß es weiter. Details dazu wurden nicht genannt.

Keine weiteren Landesbanken in Not

Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Heinrich Haasis (Bild), sieht nach der Rettungsaktion für die Sachsen LB keine weiteren Landesbanken in Not. "Nein, es gibt keine Anzeichen, dass weitere Landesbanken ähnliche Probleme haben", sagte Haasis. Allerdings sei die Refinanzierung für alle Kreditinstitute im In- und Ausland derzeit schwieriger geworden. Haasis empfiehlt, künftig noch stärker darauf zu achten, dass die Geschäfte und Risiken in einem angemessenen Verhältnis zur Größe der jeweiligen Bank stehen. Auch künftig würden die Sparkassen keine Immobilie zu 100 Prozent finanzieren, wie es in den USA der Fall gewesen sei. "Wir haben die Verantwortung, unsere Kunden vor der Überschuldung zu bewahren", sagte Haasis.

[Bildquelle: DSGV, Frank Romeike]

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