Je komplexer die Risikolandschaft wird, desto wichtiger wird die Kategorie des Reputationsrisikos. Zu dessen Management gehört einerseits, die soziale Reputation des Unternehmens durch ethisch und ökonomisch tragfähige Initiativen und Projekte zu stärken. Andererseits erfordert Reputationsrisiko-Management die kontinuierliche und aktuelle Identifizierung, Bewertung und Steuerung von Ereignissen, die das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit negativ beeinflussen können.
Der Finanzsektor hat den Begriff der Reputation neu entdeckt. Schlagworte wie Corporate Social Responsibility, Nachhaltigkeit und Ethik mögen hinter vorgehaltener Hand immer noch als "ökonomisch unsinnig" abgetan werden, offiziell versucht die Finanzbranche jedoch, auf das stärker werdende gesellschaftliche Bedürfnis nach ethischem und ökologischen Handeln zu reagieren. Stellvertretend für eine ganze Phanlanx von Kritikern und Mahnern konstatiert Karl Homann, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München: "Die Führungskräfte haben die ethische Argumentationsfähigkeit verloren. Sie müssen jedoch ökonomisch und moralisch antworten können".
Der Schock der Finanzkrise verschafft diesen Mahnern nun immer mehr Gehör und fördert die Einsicht, dass es falsch ist, Wirtschaft und Ethik als Gegensätze zu betrachten: "Moral ist ein Produktionsfaktor", läßt sich der oberste Kommunikationschef der Deutschen Bank zitieren, deren Vorstandsvorsitzender Josef Ackermann es sich nicht nehmen lässt, "persönlich den Bericht über die sozialen Aktivitäten des Branchenprimus" (Handelsblatt) vorzustellen.
Reputationspflege verursacht nicht nur Kosten, sondern verspricht Rendite
Der Bankensektor reagiert also auf offensichtlich stark anwachsendes Bedürfnis der Gesellschaft nach Ethik und Ökologie. Jedoch wohl weniger wegen der Überzeugungskraft der Mahner. Vielmehr wird allmählich verstanden, dass mit dem Themenfeld Ethik-Ökologie und einer guten Reputation Geld zu verdienen ist, weswegen nicht nur das Marketing, sondern auch das Assetmanagement reagiert. Aus einer aktuelle Umfrage unter 98 Fondsmanagern, die zusammen 19,4 Mrd. US-Dollar verwalten, resultiert, dass der Anteil an nachhaltigen Kapitalanlagen in den nächsten zwei Jahren von 10 auf voraussichtlich 35 Prozent steigen wird. So können die Zielkonflikte zwischen Moral und Wirtschaft, Ökologie und Ökonomie oder Solidarität und Wettbewerb teilweise aufgelöst werden. Die neue Rede von der Wichtigkeit der Reputation entspringt also nicht nur dem Drang, Engagement gegen Ansehen einzutauschen, auch und vor allem geht es natürlich darum, aus ethischen Engagements Erträge zu realisieren.
Reputationsrisikomanagement ist unverzichtbar
Wie eng der Zusammenhang zwischen Reputation und Rendite ist, wird noch deutlicher, wenn man den Fokus von den Chancen der Reputation auf die mit ihr einhergehenden Risiken wendet. Der Aufbau und die Weiterentwicklung einer guten Reputation dauern oft Jahre oder Jahrzehnte. Umgekehrt kann jedoch die Reputation in Windeseile beschädigt oder gar gänzlich zerstört werden. Der Verlust einer guten Reputation bedeutete dabei nicht selten gar den Niedergang des Unternehmens. Die katastrophalen Entwicklungen der vergangenen Monate waren insofern eine perfekte Lehrstunde für die Zweifler an der Richtigkeit und Wichtigkeit eines in die Unternehmensstrategie integrierten Reputations-Risikomanagements.
Ziel dieses Beitrags ist es, zu zeigen, dass Reputationsrisiken als selbstständige Risikokategorie gefasst werden müssen und eine Einbindung in das unternehemsweite Risikomanagement notwendig ist. Das so häufig unterschätzte wie enorme Schadenspotenzial dieser Risikokategorie begründet weiterhin, warum mittelfristig eine Kapitalabdeckung dieser Risikokategorie anzustreben ist, damit die Pflege der Unternehmensreputation und die Steuerung von Reputationsrisiken in den Fokus der oft nur am kurzfristgen Erfolg interessierten Entscheider rückt. Grundbedingung für die Umsetzung dieser Forderungen ist allerdings ein klare Herausarbeitung des Begriffs, sowie der sich ergebenden Aufgaben und Herausforderungen auf dem Weg zu einem erfolgreichen Reputationsrisikomanagement.
Den kompletten Artikel finden Sie in Ausgabe 01/2009 der Zeitschrift "Risk, Compliance & Audit"
Seit Februar 2009 erscheint die Zeitschrift Risk, Compliance & Audit (RC&A), das offizielle Organ der Risk Management Association e.V. (RMA), des Berufsverbandes der professionellen Risikomanager in Deutschland.
Die redaktionellen Schwerpunkte liegen auf den Segmenten Corporate Governance, Risikomanagement, Betrugsbekämpfung/Compliance sowie Interne Revision. Fachlich wird die Redaktion durch Mitarbeiter der Frankfurt School of Finance & Management unterstützt. RC&A adressiert in erster Linie Führungs- und Fachkräfte aus den Stabsbereichen Risikomanagement, Credit Management, Compliance, Qualitätsmanagement und strategisches und operatives Controlling sowie Führungskräfte und interessierte Mitarbeiter der Internen Revision aus der Finanzbranche und Industrie. Weitere Informationen zur RC&A unter www.risk-compliance-audit.com
Kommentare zu diesem Beitrag
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Mich würde jedoch interessieren, wie die Autoren es praktisch umsetzen möchten, dass zukünftig Reputationsrisiken mit Risikokapital unterlegt werden sollte (wenn ich die Aussagen richtig verstanden habe ...)