RiskNET-Kolumne Juli 2008: Risk Manager gehören zu den Gewinnern der Finanzkrise


In jeder Krise steckt eine Chance und jede Krise hat auch ihre Gewinner. Für Risikomanagement und die Finanzkrise gilt dies in besonderer Weise: Einerseits haben Schwachstellen im Risk Management die Finanzkrise (mit) ausgelöst; gleichzeitig gehören Risk Manager zu den Gewinnern der Krise und sind stärker gesucht denn je. Was auf den ersten Blick wie ein eklatanter Widerspruch wirkt, ist auf den zweiten Blick durchaus nachvollziehbar und sinnvoll. Aber der Reihe nach.

Beginnen wir mit den Defiziten im bisherigen Risk Management. Große Krisen sind in der Regel multikausal, da ist die Finanzkrise keine Ausnahme. Eine Reihe von Schwachstellen sind aus heutiger Sicht eindeutig: Die bisher eingesetzten Risk Management Systeme waren in vielen Fällen unzureichend, um die Komplexität der Produkte abzubilden. Dazu kam die streckenweise fehlende Erfahrung beziehungsweise die fehlende Autorität von Mitarbeitern und Führungskräften in den Risk Abteilungen und Schwächen in der Governance. Zusammen mit dem Kurzsichtigkeit der Bonussysteme und dem psychologisch motivierten Herdentrieb war das ein fataler Cocktail.

Die Anforderungen werden höher – vor allem die Softskills werden zu harten Entscheidungsfaktoren

Die gute Nachricht ist, dass die Unternehmen anfangen, aus ihren Fehlern zu lernen. In Gesprächen mit unseren Kunden können wir das Umdenken quasi live erleben. Wir beobachten, dass die Bedeutung von Risk Management zunimmt. Es wird mehr  Personal eingestellt und die Unternehmen legen dabei hohen Wert auf Qualifikationen, die über die reine Fachkompetenz hinausgehen. Allen voran wird in den Bereichen Market Risk und Credit Risk rekrutiert. Aber auch Beratungshäuser der Financial Service Branche stocken auf. Gefragt sind insbesondere Consultants zur Optimierung der Risk Systeme und Prozesse, als auch für die Entwicklung von quantitativen Risikobewertungsmodellen.  

Trotz der Dringlichkeit neue Mitarbeiter einzustellen, sind die Unternehmen nicht bereit, bei der Qualifikation Abstriche zu machen. Das ist für mich die eigentlich gute Nachricht. Es werden größtenteils sehr erfahrene Kandidaten gesucht, die mit der Komplexität der Produkte umgehen können. Es setzt sich auch immer mehr die Einsicht durch, dass Fachwissen alleine nicht ausreicht. Gesucht sind vielmehr Persönlichkeiten, die einem gestandenen Investmentbanker oder Geschäftsführer auf Augenhöhe begegnen können. Ganz wichtig sind dabei kommunikative Fähigkeiten. Die Klage der Risk Experten, dass sie zu wenig Gehör finden ist ein typisches Phänomen von Spezialfunktionen. Sie ist aber auch ein Stück weit selbst verschuldet, denn wer gehört werden will, muss seine Botschaft so formulieren, dass sie verstanden wird. Das bedeutet: Risk Manager müssen den ihnen lieb gewonnenen Elfenbeinturm ihrer Fachsprache verlassen, sich als kompetente Gesprächspartner anbieten, den Dialog suchen und die Ergebnisse ihrer Tätigkeit so klar und so einfach wie möglich darstellen. Dadurch steigt die Bedeutung von Risk Management und es erhält den ihm angemessenen Platz in den Entscheidungsgremien.

Im Top-Segment ist Risk Management ein absoluter Kandidatenmarkt

Die Kombination aus ausgeprägten fachlichen und persönlichen Fähigkeiten steht allerdings auf dem Kandidatenmarkt nur eingeschränkt zur Verfügung. Das hat zur Folge, dass der Marktwert dieser Kandidaten stark gestiegen ist. Risk Management im Top-Segment hat sich zu einem absoluten Kandidatenmarkt entwickelt. Die Bewerber können aus einer Vielzahl von Angeboten wählen und haben darüber hinaus gute Karten bei den Gehaltsverhandlungen. Als Personalberater kann ich deshalb ambitionierten Kandidaten nur empfehlen, sich weiter zu entwickeln und fortzubilden und dabei insbesondere die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten auszubauen. Denn Risk Manager gehören zweifelsfrei zu den Gewinnern der Finanzkrise.    
 

Zum Autor:

Andreas Christl ist Gründer und Managing Partner der international tätigen Personalberatung TALENTspy 



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