Das Geschäftsklima der gewerblichen Wirtschaft Deutschlands hat sich im März entgegen den Erwartungen nur geringfügig eingetrübt. Volkswirte zeigten sich beeindruckt, dass sich das Klima trotz der Katastrophe in Japan, steigender Energiepreise und der Erwartung steigender Zinsen so stabil gezeigt hat. ifo-Präsident Hans-Werner Sinn sagte, die "Konjunkturampeln" stünden unverändert auf grün. "Deutschland befindet sich im Aufschwung."
Wie das Münchener ifo Institut für Wirtschaftsforschung am Freitag im Rahmen seines monatlichen Konjunkturtests mitteilte, ging der Geschäftsklimaindex auf 111,1 Punkte zurück, nachdem er im Vormonat mit revidiert 111,3 (vorläufig: 111,2) ein Rekordhoch erreicht hatte. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten einen stärkeren Rückgang auf 110,5 erwartet. Der wichtigste deutsche Konjunkturfrühindikator ist damit erstmals seit neun Monaten wieder gesunken.
Der Index zur Beurteilung der aktuellen Lage der rund 7.000 befragten Unternehmen stieg im März auf 115,8 Punkte, im Vormonat hatte er bei 114,8 notiert. Die Prognose der Ökonomen hatte auf einen Stand von 114,7 gelautet. Der Index für die Geschäftserwartungen sank auf 106,5 Zähler nach 107,9 im Vormonat. Die befragten Volkswirte hatten einen Rückgang auf 106,8 erwartet.
Postbank-Ökonom Thilo Heidrich stellte fest, dass sich die Entwicklungen in Libyen und Japan bislang kaum auf die Stimmung ausgewirkt hätten. Ein Rückgang der Erwartungen sei angesichts der Rekordserie der vergangenen Monate ohnehin früher oder später erwartet worden. Die Verbesserung der Lagebeurteilung habe positiv überrascht. Nach seinen Worten könnte die Lagekomponente noch Anstiegspotenzial haben, sofern sich die Lage im Atomkraftwerk Fukushima entspannt. Der ifo-Index weist nach seinen Worten noch immer auf eine boomende Wirtschaftsentwicklung in Deutschland hin.
Auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer äußerte die Ansicht, dass sich der Aufschwung in Deutschland als auch jener der Weltwirtschaft fortsetzen dürfte, wenn der Nuklearunfall in Japan nicht eskaliert. Der Geschäftsklimaindex für März habe die Stimmung der deutschen Unternehmen recht gut wiedergeben, da ungefähr die Hälfte der Unternehmen die Umfrage nach dem 11. März, dem Tag des Erdbebens, beantwortet hat. Er bekräftigte die Prognose der Commerzbank, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal auf Quartalssicht um knapp 1% und im Gesamtjahr um 3,0% steigen wird.
Auch ifo-Konjunkturexperte Klaus Abberger sieht in dem leichten Rückgang des ifo-Index kein Anzeichen für eine nachhaltige Eintrübung der deutschen Konjunktur. "Angesichts der großen Unsicherheiten, die weltweit vorhanden sind, ist der Rückgang relativ moderat", sagte Abberger in einem Interview mit Dow Jones Newswires. Allerdings seien die Risiken durch die Unruhen in Nordafrika und im Nahen Osten und nach der Katastrophe in Japan gestiegen, wobei er in der Unsicherheit über die Preisentwicklung beim Öl das "nachhaltigere Risikopotenzial" sieht. Abberger geht davon aus, dass eine Leitzinserhöhung der EZB in Kürze bevorsteht. Für die deutschen Unternehmen wäre ein Zinsschritt verkraftbar, sagte er.
Im verarbeitenden Gewerbe hat sich das Geschäftsklima im März erneut leicht verbessert. Bei der Lage gibt es ein deutliches Plus und bei den Erwartungen ein Minus. Die Exporteure schätzten das künftige Auslandsgeschäft nicht mehr ganz so optimistisch ein wie noch im Februar. Noch mehr Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes wollten ihre Beschäftigung erhöhen.
Die Einzelhändler berichteten von einer besseren Geschäftslage als im Februar. Hinsichtlich der Entwicklung in den nächsten sechs Monaten seien sie aber zurückhaltender, so dass sich das Geschäftsklima für den Einzelhandel praktisch nicht geändert habe. Im Großhandel hat der Geschäftsklimaindex leicht nachgegeben, weil die Erwartungen zurückgegangen sind. Die Geschäftslage ist aber weiterhin fast genauso gut wie im vergangenen Monat.
Im Bauhauptgewerbe ist das Geschäftsklima nicht mehr ganz so prächtig wie im Vormonat. Die Befragungsteilnehmer seien mit ihrer momentanen Geschäftslage etwas weniger zufrieden und für die Zukunft weniger optimistisch. Dennoch bleibe das Geschäftsklima im Bauhauptgewerbe weiterhin sehr freundlich, hieß es.
[Bildquelle oben: iStockPhoto / Grafiken: ifo]
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