Die in Basel ansässige Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sieht bislang keine dämpfenden Wirkungen durch die Zinserhöhungen der Federal Reserve. Die vier Zinsschritte seit Ende 2015 hätten den Risikoappetit der Anleger nicht gebremst, vielmehr sei eher das Gegenteil der Fall, erklärte die BIZ in ihrem vierteljährlichen Bericht. Daher gebe es auch keine bremsende Wirkung auf die US-Wirtschaft.
Die Finanzmärkte sind der Hauptkanal, über den die Geldpolitik der Federal Reserve auf die Wirtschaft wirkt. Üblicherweise sind Erhöhungen des Leitzinses mit höheren Kreditkosten für Haushalte und Unternehmen verbunden. Die Kurse für Aktien fallen normalerweise oder stagnieren zumindest, was ebenfalls die Finanzquellen für Unternehmen verteuert. Doch die BIZ stellte fest, dass dies bisher nicht geschehen sei.
"Unter der Annahme, dass die finanziellen Bedingungen der Hauptübertragungskanal für eine straffere Geldpolitik sind, müssen wir fragen: Ist die Geldpolitik überhaupt straffer geworden?", sagte BIZ-Chefvolkswirt Claudio Borio. Die BIZ treibt die Sorge um, dass die Unternehmen und Haushalte weiter Schulden anhäufen, was die wirtschaftliche Dynamik in der Zukunft bremsen könnte. Und es könnte sogar sein, dass das Finanzsystem wieder anfällig für eine Krise wie im Jahr 2008 ist.
"Je länger die Risikobereitschaft anhält, desto anfälliger werden die grundsätzlichen Gefahren, die in den Bilanzen lauern", sagte Borio. "Die kurzfristige Ruhe und Gelassenheit findet auf Kosten von womöglich langfristigen Turbulenzen statt."
Die BIZ warnt seit langem, dass die Zinsen zu niedrig sind, was die gefährliche Anhäufung von Schulden begünstigt. Die in Basel angesiedelte Institution verweist auch auf die Ähnlichkeiten zwischen der gegenwärtigen Situation mit den Jahren 2004 bis 2006, als die Federal Reserve die Zinsen ebenfalls langsam erhöhte, die finanziellen Bedingungen aber insgesamt lockerer wurden, bis die Finanzkrise zuschlug. Der damalige Fed-Chef Alan Greenspan stand vor einem "Rätsel".
Eine Erklärung für die Gelassenheit, mit der Anleger auf die Serie von Zinserhöhungen reagiert haben, könnte darin liegen, dass die Zinsschritte allmählich erfolgen und im voraus angekündigt waren. "Das schrittweise Vorgehen scheint die Marktteilnehmer davon zu überzeugen, dass die straffere Geldpolitik weder die Wirtschaft noch die Finanzmärkte entgleisen lässt. Diese Vorhersehbarkeit scheint die Risikoprämien zu drücken", sagte Borio.
In den jüngsten Wochen haben einige Notenbanker gewarnt, dass künftige Zinserhöhungen nicht so graduell sein könnten wie von den Marktakteuren unterstellt. Im Oktober hatte die Bundesbank erklärt, dass ein "plötzlicher Zinsanstieg" die Banken Deutschlands "ernsthaft treffen" könnte.
Die Europäische Zentralbank erklärte in ihrem Finanzstabilitätsbericht, dass "das Risiko einer raschen Neubepreisung der globalen Risikoprämien signifikant bleibt". Die anhaltende Kompression der Risikoprämien, eine niedrige Volatilität und Anzeichen einer steigenden Bereitschaft zur Risikoübernahme an den internationalen Finanzmärkten seien besorgniserregend, weil sie die Grundlage für künftige Preiskorrekturen bilden könnten.
Aber solche Warnungen haben bisher keinen nennenswerten Effekt auf die Risikobereitschaft der Anleger gehabt. Der BIZ-Report legt nahe, dass es dramatischere Ereignisse braucht, um die Marktteilnehmer aus ihrer Selbstzufriedenheit aufzurüttteln.