Vor dem Kölner Landgericht hat am Mittwochvormittag der erste Strafprozess um den Beinahe-Zusammenbruch der Privatbank Sal. Oppenheim mit einem Antrag auf die Absetzung der Richter begonnen. Die Staatsanwaltschaft Köln wirft den früheren persönlich haftenden Gesellschaftern der Bank, Christopher Freiherr von Oppenheim, Matthias Graf von Krockow, Friedrich Carl Janssen und Dieter Pfundt, sowie ihrem Geschäftspartner Josef Esch besonders schwere Untreue beziehungsweise Beihilfe dazu vor.
Die Angeklagten selbst schwiegen zunächst. Sie verfolgten praktisch regungslos, wie zwei Staatsanwälte die beiden in dem Prozess zu verhandelnden Anklageschriften verlasen. Doch ihre Anwälte rügten die Zuteilung der Richter. Die Art und Weise, wie das Kölner Landgericht Wirtschaftsstrafverfahren an seine Kammern verteile, sei von der Staatsanwaltschaft beeinflussbar und widerspreche damit verfassungsrechtlichen Grundsätzen, beanstandeten die Verteidiger.
Beobachter erhoffen sich von dem Prozess gegen die früheren Elite-Banker und den Bauunternehmer Esch Aufschluss über die Schuld am Niedergang von Sal. Oppenheim. Das Interesse an dem Verfahren ist deshalb riesig: Zum Prozessauftakt erhielten längst nicht alle Interessierten einen Sitzplatz im Zuschauerraum.
Im juristischen Sinne allerdings geht es in dem nun begonnenen Verfahren zunächst nur um einen Nebenschauplatz des Beinahe-Zusammenbruchs der einst größten Privatbank Europas: Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, Sal. Oppenheim durch drei Immobiliengeschäfte um rund 144 Millionen Euro geschädigt zu haben. Im ersten Fall verkaufte nach Ansicht der Ermittler ein Fonds, an dem einige der Angeklagten beteiligt waren, den Großteil eines Frankfurter Bürogebäudes zu einem überhöhten Preis an Sal. Oppenheim. Dabei soll ein Schaden von 76 Millionen Euro entstanden sein.
Ähnliches geschah laut Anklage in Köln: Dort sollen mehrere Angeklagte eine Immobilie zu teuer an Sal. Oppenheim vermietet und die Bank so um 59 Millionen Euro gebracht haben. Andersherum lief es nach Ansicht der Staatsanwaltschaft im dritten Fall: Sal. Oppenheim baute demnach eine Villa im Kölner Reichenviertel Marienburg um - und vermietete sie unter Wert an die Mutter von Christopher von Oppenheim. Die Bank soll das 8,6 Millionen Euro gekostet haben.
Die mutmaßlichen Schäden könnten zu den Schwierigkeiten von Sal. Oppenheim beigetragen haben, ursächlich für die Beinahe-Pleite der Bank waren sie aber wohl nicht. Vielmehr stehen vor allem die Verflechtungen der Privatbank mit dem Handelskonzern Arcandor im Blickpunkt: Die Oppenheim-Bankiers liehen ihrer Kundin Madeleine Schickedanz mehrmals Geld, damit die Quelle-Erbin ihren Anteil an Arcandor aufstocken konnte. Schließlich bürgten die Bankchefs laut Staatsanwaltschaft sogar persönlich für einen rund 380 Millionen Euro umfassenden Kredit, den Sal. Oppenheim über ein zwischengeschaltetes Unternehmen an Schickedanz vergab. Hinzu kam: Die Bank übernahm selbst 30 Prozent der Arcandor-Aktien. Als der Handelskonzern, zudem die Karstadt-Kaufhäuser und das Versandhaus Quelle gehörten, im Jahr 2009 Insolvenz anmeldete, geriet so auch Sal. Oppenheim an den Rand der Pleite. Nach 220 Jahren Unabhängigkeit rettete das Kölner Institut nur die Übernahme durch die Deutsche Bank.
Die Abläufe rund um Arcandor sind bislang nicht Gegenstand des jetzt begonnenen Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft hat sie mittlerweile aber zur Anklage gebracht: Die Behörde übergab nach eigenen Angaben im Februar ihre Akten über den risikoreichen Kredit für die Quelle-Erbin an das Gericht. Die Ermittler beantragten, das Verfahren mit dem nun laufenden Prozess zusammenzulegen. Eine Entscheidung darüber steht noch aus. Am Mittwoch beantragte die Staatsanwaltschaft, das Hauptverfahren zu den drei Immobilienfällen aus diesem Grund einstweilen auszusetzen. Doch schon in dem nun angelaufenen Prozess drohen den Angeklagten empfindliche Strafen: Der Strafrahmen reicht bis zu zehn Jahren Haft.
Diejenigen Angeklagten, die sich öffentlich zu den Vorwürfen geäußert haben, wiesen bislang jede Schuld von sich. Vor Gericht erschienen sie mit zusammen 14 Strafverteidigern. Ihnen gegenüber saßen am Mittwochvormittag zwei Staatsanwälte. Die Ermittler untersuchen den Niedergang von Sal. Oppenheim mit enormem Aufwand: In einer Ermittlungsgruppe mit dem Namen "Byzanz" kooperieren die Staatsanwälte mit Kriminalpolizisten, Steuerfahndern und Wirtschaftsexperten.
Auch das Landgericht betreibt die Aufklärung mit großer Anstrengung: Die zuständige Strafkammer hat allein für das Verfahren um die Immobiliengeschäfte 78 Verhandlungstage angesetzt. Am Mittwochnachmittag vertagte sich das Gericht auf Donnerstag nächster Woche. Frühestens dann wollen die Richter ihre Entscheidung über die Anträge der Verteidiger und der Staatsanwaltschaft bekanntgeben.
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Die Kölner Traditionsbank Sal. Oppenheim bekommt einen neuen Chef. Wilhelm von Haller wird seinen Posten abgeben und zurück zur Konzernmutter Deutsche Bank wechseln. Den Chefsessel bei der Privatbank nimmt künftig Wolfgang Leoni ein, der bisher für die Anlagestrategie verantwortlich war.
Von Haller soll bei der Frankfurter Großbank eine "wichtige Aufgabe" übernehmen, heißt es in der Mitteilung von Sal. Oppenheim am Freitag. Weitere Details nannte die Bank nicht. Auch ein Sprecher der Deutschen Bank wollte auf Anfrage keine Einzelheiten nennen. Die Zeitung Die Welt schreibt, dass sich von Haller für die Mittelstandsoffensive von Deutschlands größter Bank engagieren soll.
Sal. Oppenheim wurde vor gut drei Jahren von der Deutschen Bank für mehr als eine Milliarde Euro übernommen. Vor kurzem hatte sich die Privatbank wieder zurück in die Gewinnzone gekämpft. Derzeit wird bei Sal. Oppenheim, wie bei der Konzernmutter, erheblich auf die Kostenbremse getreten.
Das Geldhaus soll sich künftig auf das Kerngeschäft der Vermögensverwaltung konzentrieren. Dabei sollen einzelne Bereiche komplett in die Mutter integriert und Doppelfunktionen abgebaut werden - mehrere Hundert Stellen könnten gestrichen werden. Ende 2012 beschäftigte Sal. Oppenheim noch über 900 Mitarbeiter, beim Einstieg der Deutschen Bank waren es noch über 2.000.
"Die Fokussierung der Kölner Privatbank auf ihre Kernkompetenzen in der Betreuung und dem Management großer privater und institutioneller Vermögen wird auch künftig weiter vorangetrieben", teilte Sal. Oppenheim mit. Die Privatbank werde "auch in Zukunft eine tragende Rolle im Deutsche Bank-Konzern spielen", erklärte Michele Faissola, Leiter Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied des Group Executive Committee der Deutschen Bank.
Über den Beinahe-Zusammenbruch von Sal. Oppenheim, einst eine der angesehensten Privatbanken Deutschlands, wird derzeit vor dem Kölner Landgericht verhandelt. Auf der Anklagebank sitzen vier frühere Chefs sowie der Bauunternehmer Josef Esch. Sie haben die Bank nach Meinung der Staatsanwaltschaft um rund 144 Millionen Euro geschädigt. Der Betrag dürfte Sal. Oppenheim nicht in die Knie gezwungen haben. Doch die Vorwürfe wiegen schwer: Es geht juristisch um besonders schwere Untreue beziehungsweise um Beihilfe dazu. Bis zu zehn Jahre könnte das die Angeklagten hinter Gitter bringen.
Nicht alle Angeklagten haben sich bislang öffentlich zu den Vorwürfen geäußert. Diejenigen, die Stellungnahmen abgaben, wiesen vor dem Prozess jede Schuld von sich.