Laut der aktuellen Studie „World Payment Report“, die das Beratungsunternehmen Capgemini gemeinsam mit der ABN AMRO und der European Financial Management & Marketing Association (EFMA) erstellt hat, bleibt das Projekt des einheitlichen Euro-Zahlungsraumes (Single Euro Payments Area, SEPA) weit hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. So ist es laut der Untersuchung unwahrscheinlich, dass ohne Eingreifen der Regierungsbehörden die geforderte kritische Masse bei SEPA-konformen Zahlungsvolumina bis Ende 2011 sichergestellt werden kann. Bis Ende 2010 ist ein Erreichen nach derzeitigem Stand nahezu ausgeschlossen. Vor allem Unternehmen und der Öffentliche Sektor müssten daher stärker zu einer Annahme der Zahlungsinstrumente nach SEPA-Standard ermuntert werden, so dass der einheitliche Euro-Zahlungsraum in vollem Umfang verwirklicht werden kann. Laut dem Report werden 2012 die Top-10 Banken im europäischen Markt schätzungsweise jeweils fünf Milliarden Transaktionen pro Jahr auf sich vereinen.
Kritische Volumina kurzfristig kaum zu erreichbar
Allein über das Transaktionsvolumen aus dem öffentlichen Sektor könnten 29 Prozent der kritischen Masse für SEPA-konforme Überweisungen und -Lastschriften erreicht werden. Rechnet man den Zahlungsverkehr von Unternehmen hinzu, kann ein ausreichendes Volumen an Transaktionen im Jahr 2010 erreicht oder sogar übertroffen werden. „Viele Unternehmen mit starkem nationalem Fokus zögern noch, sich mit der Einführung von SEPA-Zahlungsmitteln zu beschäftigen. Sie argumentieren, dass dies Aufgabe der Banken und Regulatoren sei. Das zeigt, dass sowohl behördliche als auch wirtschaftliche Anreize notwendig sind um diese Unternehmen zum Handeln zu bringen", kommentiert Patrick Desmares, Generalsekretär der EFMA, die Studienergebnisse.
Nach dem derzeitigen Stand der SEPA-Implementierung und der im Frühjahr 2007 veröffentlichten nationalen Migrationspläne von 13 Staaten ist nicht zu erwarten, dass die notwendige kritische Masse an SEPA-konformen Zahlungen vor Ablauf der angestrebten Frist in knapp über drei Jahren erreicht wird. Einige Länder würden sogar gerne ihre alten Zahlungsstrukturen beibehalten, solange eine Nachfrage danach vorhanden ist. „Die kritische Masse an SEPA Überweisungen und SEPA Lastschriften muss schnell erreicht werden, um die Zahlungsverkehrskosten niedrig zu halten und den Nutzen aus SEPA als auch der Payment Services Directive der Europäischen Union zu ziehen", so Dr. Hubertus von Poser, Zahlungsverkehrsexperte bei der Beratungsgesellschaft Capgemini Consulting. „Insbesondere für die Banken bedeuten Verzögerungen steigende Kosten, da die alten Strukturen parallel neben den neuen Zahlungsverkehrsdienstleistungen aufrecht erhalten werden müssen.“
Schätzungen zu drohenden Umsatzeinbußen bestätigt
Die diesjährigen Analysen und Gespräche mit großen europäischen Banken bestätigen die Schätzungen zum Einfluss der SEPA auf die Einnahmen aus der Zahlungsverkehrsabwicklung aus dem Jahr 2006. Sie werden in einigen Teilbereichen des Marktes bis zum Jahr 2012 zwischen 38 und 62 Prozent sinken. Umso mehr müssen die Banken ihre Betriebsmodelle in Europa überprüfen und sich für eine strategische Vorgehensweise entscheiden. Zur Auswahl stehen dabei prinzipiell drei Optionen: Nischenanbieter, Niedrigpreisanbieter oder Industrieführer. Für etliche der Finanzinstitute bedeutet dies, dass sie zumindest einen Teil ihrer Zahlungsverkehrsaktivitäten an Dritte auslagern müssen.
„Make-or-Buy“-Entscheidungen gewinnen an Bedeutung
"Strategische Partnerschaften – einschließlich Outsourcing, Offshoring und White-Labelling – werden im Zahlungsverkehr eine zunehmende Rolle spielen, da auch die Finanzindustrie mit Themen wie Globalisierung, Regulierung und Performance konfrontiert wird", so Ann Cairns, CEO Transaction Banking, ABN AMRO. „Der Report zeigt, dass die europäischen Banken nur wenige Optionen haben, wie sie sich künftig im Zahlungsverkehr aufstellen." Laut dem Report planen 58 Prozent der Banken einen Teil oder ihre gesamten Zahlungsverkehrsaktivitäten innerhalb der nächsten fünf Jahre auszulagern oder haben dies bereits umgesetzt. 68 Prozent denken darüber hinaus über Offshore-Pläne nach.
Der vollständige Report steht unter www.de.capgemini.com/presse zum kostenlosen Download zur Verfügung.