Das Europäische Parlament (EP) und die EU-Mitgliedstaaten haben sich auf eine neue Versicherungsaufsicht in Europa verständigt. Die Solvency-II-Richtlinie wird nun nach langwierigen Trilog-Verhandlungen durch das EP und den Rat noch vor den Europawahlen beschlossen werden. Die Abstimmung im Europäischen Parlament ist für den 22. April vorgesehen, das EU-Finanzministertreffen für den 5. Mai terminiert. Nach Erlass der entsprechenden Durchführungsbestimmungen wird Solvency II voraussichtlich von 2012 an national umgesetzt. Damit ist ein wichtiger Schritt für Europa erfolgt, der das Ziel verfolgt das Risikomanagement der Versicherungsunternehmen in Europa zu professionalisieren. Die europäischen Länder hatten bereits – lange vor der aktuellen Finanzmarktkrise - erkannt, dass die Regulierung der europäischen Assekuranz angepasst werden muss. Mit Solvency II wird schließlich EU-weit ein Regelwerk eingeführt werden, das den Kapitalisierungsbedarf möglichst genau auf die Höhe der eingegangenen Risiken abstimmt. Analog zu Basel II steht auch bei Solvency II ein 3-Säulen-Ansatz im Vordergrund. Im Gegensatz zur Bankenbranche stehen aber weniger die Einzelrisiken, als vielmehr ein ganzheitliches System zur Gesamtsolvabilität im Zentrum. Neben quantitativen (steht jederzeit ein ausreichendes Solvenzkapital zur Verfügung?) werden hier auch qualititive Aspekte (besteht ein adäquates Risikomanagementsystem im Unternehmen?) betrachtet.
Ein großer Erfolg für die deutsche Versicherungswirtschaft ist insbesondere, dass die Risikopuffer der deutschen Lebensversicherer (Surplus funds) anerkannt werden. Damit sind sie mit ihrem ökonomischen Wert als Eigenmittel höchster Qualität (tier 1) bestätigt.
In dem bis zuletzt strittigen Punkt zur Gruppenaufsicht ist der erhoffte große Schritt hingegen nicht erfolgt. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten verhinderte vorerst einen Kompromiss, nach dem Mutterunternehmen ihre Tochtergesellschaften mit Kapitalgarantien hätten ausstatten können (Group Support). Vorgesehen ist allerdings eine Überprüfung der Entscheidung drei Jahre nach Inkrafttreten von Solvency II.
Nach Ansicht des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft ist der Kompromiss zu Aktienrisiken kritisch zu beurteilen. Die auf Pensionsgeschäft beschränkte Mitgliedstaatenoption unterschätzt durch eine Mehrjahressicht Aktienrisiken permanent. Es hätte gereicht, Aufsehern in Phasen fallender Aktienmärkte mehr Flexibilität zu gewähren. Die dazu gefundenen Regelungen sowie die Säule-I-Dämpfung mindern effektiv die Gefahren von prozyklischen Wirkungen in einer Kapitalmarktkrise.
Der letzte Stand des gesamten Richtlinientextes ist öffentlich unter
register.consilium.europa.eu/pdf/en/09/st08/st08132.en09.pdf
verfügbar.