Der Aufwärtstrend am deutschen Aktienmarkt ist am Dienstag erst einmal zum Erliegen geraten. Die sich ausweitende Krise um das angeschlagene Griechenland hat den Anlegern die Laune verdorben. Der DAX schloss sehr schwach und ging mit einem Minus von 2,7% oder 173 auf 6.160 Punkten aus dem Handel. Umgesetzt wurden in DAX-Titeln auf Xetra rund 159,5 (Vortag: 115,2) Mio Aktien im Wert von rund 5,61 (Vortag: 3,52) Mrd EUR. Die Risikoaufschläge auf griechische Staatsschulden markierten am Berichtstag abermals neue Rekordstände.
Auch der Euro kam deutlicher unter Druck und rutschte unter die Marke von 1,33 USD. Am Nachmittag verstärkte sich der Druck auf die Märkte dann noch erheblich, als bekannt wurde, dass die Ratingagentur S&P die Einstufung von Portugal gleich um zwei Stufen auf "A-" von "A+" senkte und dies mit den fiskalpolitischen Problemen des Landes begründete. Zugleich wurde die Bonität Griechenlands auf "BB+/B" mit negativem Ausblick gesenkt.
Vor diesem Hintergund der turbulenten Entwicklungen hält der tschechische Präsident Klaus die europäische Währungsunion für gescheitert. In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ/Mittwochausgabe) sagte er, der Euro habe seine Versprechen nicht gehalten. "Bezüglich des Wirtschaftswachstums und der ökonomischen Stabilität ist die Eurzone schon seit langem gescheitert." Angesichts der hohen politischen Investitionen in die Währungsunion würden die europäischen Politiker das formale Scheitern der Währungsunion aber nicht zulassen. Die Kosten dafür würden allerdings "sehr hoch sein".
Klaus hält an diesem Donnerstag an der Berliner Humboldt-Universität eine Rede mit dem Titel: "Kritik der heutigen Form der europäischen Integration". Klaus sagte, die wirkliche Ursache der Griechenland-Krise liege nicht in der griechischen Wirtschaftspolitik. Es sei "der Euro, der diese Tragödie bewirkt". Ohne ihn könnte Athen die Krise mit einer Abwertung seiner Währung um etwa 40% bewältigen. Das aber sei in der Währungsunion nicht mehr möglich. "Dann gibt es nur noch eine Lösung, nämlich den Transfer von Steuergeldern aus anderen Ländern der Währungsunion."
Der als Kritiker der europäischen Integrationspolitik und des Lissabon-Vertrages bekannte tschechische Präsident äußerte, es fehle der Währungsunion an den notwendigen ökonomischen und politischen Voraussetzungen. Eine "klare Solidarität" wie unter den Deutschen nach der Wiedervereinigung gebe es in der EU nicht: "In Deutschland unterscheiden sich schon die Positionen der Kanzlerin und des Finanzministers". Gegen den Transfer von deutschen Steuergeldern "muss es Widerstand geben. Warum sollten die deutschen Steuerzahler Griechenland subventionieren?"
Klaus sagte, der Tschechischen Republik habe es bisher "zweifellos geholfen, dass wir den Euro nicht hatten." Klaus bezweifelte auch, dass der Internationale Währungsfonds zur Lösung der Krise herangezogen werden darf. Seiner Bestimmung gemäß dürfe der nur bei Zahlungsbilanzdefiziten und unerwarteten Kursschwankungen intervenieren. Der tschechische Präsident äußerte die Befürchtung, dass die Krise als Vorwand "für noch mehr Europäisierung" und "Unifizierung" benutzt werde. Schon jetzt seien "Freiheit und Prosperität" Europas bedroht.
[Bildquelle: dogbert / photocase.com]
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