Staatliche Beteiligungen behindern Konsolidierung

Staaten sind mit 104 Mrd. Euro an Europas Banken beteiligt


Einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) zufolge ist die (Teil-)Verstaatlichung europäischer Banken 2008 weit vorangeschritten. Demnach investierten staatliche Stellen infolge der Finanzkrise rund 104 Mrd. Euro in die Institute. Damit entfielen annähernd 70 Prozent des Transaktionsvolumens bei Fusionen und Beteiligungen (Mergers & Acquisitions, M&A) im Bankensektor auf Anteilskäufe von Staaten. Bei zwölf der 20 größten Transaktionen im Bankenbereicht trat die öffentliche Hand als Käufer auf.
"Die Finanzkrise hat die dominierenden M&A-Trends der zurückliegenden Jahre auf den Kopf gestellt. Bei Fusionen und Übernahmen in der Bankenbranche steht nicht mehr die Erschließung neuer Märkte und Geschäftsfelder im Vordergrund, sondern die Konsolidierung auf nationaler Ebene", kommentiert Jens Rönnberg, Partner bei PwC im Bereich Transaction Services.

M&A-Boom bei Banken infolge staatlicher Beteiligungen

Im Vergleich zum Jahr  2007 fiel das M&A-Volumen im gesamten Finanzdienstleistungssektor von 208 auf 179 Mrd. Euro. Bereinigt um die staatlichen Aktivitäten wäre das Volumen sogar um 65 Prozent und damit unter den Wert des Jahres 2005 eingebrochen. Während der Transaktionswert in der Bankenbranche – getrieben von staatlichen Übernahmen und Beteiligungen – von 140 auf 152 Mrd. Euro zulegte, sank das M&A-Volumen im Versicherungssektor von 45 auf elf Milliarden Euro und in der Vermögensverwaltung von 13 auf fünf Milliarden Euro.

Grenzüberschreitende Fusionen und Beteiligungen haben 2008 erstmals seit mehreren Jahren einen geringeren Beitrag zum M&A-Volumen geleistet als nationale Transaktionen. Während Investoren im Jahr 2007 noch 132 Mrd. Euro für Beteiligungen an ausländischen Finanzinstituten ausgaben, waren es 2008 nur 41 Mrd. Euro. Gleichzeitig stieg das Volumen inländischer Transaktionen von 76 auf 137 Mrd. Euro an.

Staatliche Beteiligungen behindern Konsolidierung

Für das laufende Jahr rechnet die Mehrheit (56 Prozent) der rund 300 von PwC befragten Branchenexperten mit einem weiteren Rückgang des M&A-Volumens. Dabei sind gut sechs von zehn Befragten der Ansicht, dass die staatliche Beteiligung an der Bankenbranche weitere Fusionen und Zukäufe eher behindert.

Zwar prognostizieren rund 55 Prozent, dass es im Bankensektor 2009 und 2010 mehr Bewegung geben wird als in der Versicherungsbranche. Allerdings gehen fast 90 Prozent der Experten davon aus, dass die Institute häufiger auf der Verkäufer- als auf der Käuferseite stehen. "Bei vielen Banken wird der Staat als Anteilseigner darauf drängen, dass die Verkaufserlöse zur Stärkung des Eigenkapitals und der Liquiditätsreserven eingesetzt werden. Gleichzeitig sehen sich die Vorstände mit der ungewohnten Aufgabe konfrontiert, Übernahmen nicht nur gegenüber privaten Anteilseignern, sondern auch Ministern und Steuerzahlern rechtfertigen zu müssen. Zukäufe dürften daher für viele Banken schwieriger zu realisieren sein als in den vergangenen Jahren", erläutert Rönnberg die veränderte Situation des M&A-Marktes.

Als potenzielle Käufer sehen zwei von drei Befragten in erster Linie Private-Equity-Investoren und Staatsfonds. Diese profitierten nicht nur vom gestiegenen Verkaufsdruck, sondern auch von den deutlich gefallenen Marktbewertungen in der Finanzbranche.

Wachsender Markt für notleidende Kredite

Bei vielen Banken stehen in den kommenden Monaten aber nicht nur Beteiligungen und einzelne Geschäftsbereiche zum Verkauf. Vielmehr ist zu erwarten, dass auch der Markt für notleidende Kredite ("Non Performing Loans") in den kommenden Monaten deutlich größer wird. Zum einen bringt Rezession bringt immer mehr Kreditnehmer in Zahlungsschwierigkeiten, zum anderen müssen die europäischen Banken 2009 Kredite im Volumen von schätzungsweise 450 Mrd. Euro refinanzieren, 2010 dürften es weitere 325 Mrd. Euro sein.

Um ihre Bilanzen zu bereinigen und die Arbeitsbelastung der internen Kreditabwicklung zu reduzieren, ist der Verkauf notleidender Kredite eine attraktive Option. Allein im Vereinigten Königreich könnten nach PwC-Schätzungen Kredite im Volumen von 54 bis 108 Mrd. Euro angeboten werden. Auch in anderen Ländern, in denen sich Konsumenten in den vergangenen Jahren stark verschuldet haben, sollte das Marktvolumen für notleidende Kredite nach Ansicht der Studienautoren stark wachsen. Im Einzelnen werden hier Spanien, Irland und Griechenland sowie in Osteuropa Polen und Tschechien genannten.   

Die komplette Studie "Financial Services – Back to the domestic future" steht auf der Website von PriceWaterhouseCoopers unter www.pwc.de zum kostenlosen Download zur Verfügung.

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