Die Commerzbank ist weiterhin das Sorgenkind unter den deutschen Banken. Nach den am Donnerstag mit Verspätung endlich von der Europäischen Bankenaufsicht EBA vorgelegten finalen Ergebnissen des jüngsten Stresstests benötigt das Frankfurter Bankhaus 5,3 Mrd EUR.
Damit bestätigen sich Medienberichte, wonach die zweitgrößte deutsche Bank Kapital in dieser Höhe braucht. Die jetzt bestätigte Kapitallücke hängt der Commerzbank wie ein Mühlstein um den Hals, dennoch zeigt sich das Bankhaus weiterhin angriffslustig. Die von einigen Beobachtern befürchtete Verstaatlichung des Instituts soll es jedenfalls nicht geben. "Wir haben weiterhin nicht vor, zusätzliche öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen", stellte Finanzvorstand Eric Strutz klar. Schließlich komme die Umsetzung der zum dritten Quartal bekannt gegebenen Sofortmaßnahmen gut voran. Unter anderem sollen die Risikoaktiva der Bank bis zum 30. Juni 2012 um bis zu 30 Mrd EUR reduziert werden, was den Bedarf an zusätzlichem Eigenkapital um bis zu 2,7 Mrd EUR verringert.
Zudem kauft die Bank aktuell eigene Anleihen im Volumen von bis zu 1,2 Mrd EUR zurück. Dadurch könnte das harte Kernkapital um bis zu 600 Mio EUR gestärkt werden. Und schließlich hat die Commerzbank beispielsweise die Möglichkeit, mit dem Verkauf nicht-strategischer Aktiva, einbehaltenen Gewinnen und forciertem Kostenmanagement das Eigenkapital zu stärken. Gemäß den Vorgaben der EBA ist auch die Begebung von Eigenkapitalinstrumenten eine Option. Es bleibt abzuwarten, ob die Bank alle geplanten Maßnahmen auch tatsächlich durchbekommt. Aber kampflos wollen Commerzbank-Chef Martin Blessing und sein Finanzvorstand Strutz offenbar nicht untergehen.
Auf Platz zwei beim benötigten Kapital landet die Deutsche Bank mit einer Lücke von 3,2 Mrd EUR, leicht mehr als die 2,8 Mrd EUR, die das Institut noch Ende Oktober bekannt gegeben hatte. Damit entfällt auf die beiden größten deutschen Institute rund 65% des von der EBA für Deutschland ermittelten Kapitalbedarfs von 13,1 Mrd EUR.
Allerdings will die Deutsche Bank aufgrund "deutlicher Fortschritte" im vierten Quartal die 9%-Kernkapitalquote schon zum Jahresende erfüllen. Dazu setzt der Frankfurter Branchenprimus offenbar auf Verkäufe von Unternehmensteilen wie etwa des Geschäfts mit der weltweiten Vermögensverwaltung, das Vorstandschef Josef Ackermann im November auf den Prüfstand gestellt hat, sowie auf einbehaltene Gewinne aus dem laufenden Geschäft. "In dieser Berechnung (der EBA) sind keinerlei Gegenmaßnahmen der Bank enthalten, die seit dem 30. September 2011 vorgenommen wurden oder bis zum Juni 2012 in Planung sind", heißt es von der Deutschen Bank am Donnerstag.
Der restliche Kapitalbedarf deutscher Banken verteilt sich auf die Nord/LB mit 2,5 Mrd EUR, die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) mit 1,5 Mrd EUR und die DZ Bank mit 353 Mio EUR. Einzige Überraschung des Tests: Mit 224 Mio EUR Kapitalbedarf ist die WestLB neu im Reigen der Kapitalbedürftigen. Die Bank ersetzt die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die gemäß den vorläufigen Zahlen im Oktober noch einen Kapitalbedarf von 364 Mio EUR hatte. Allerdings wurde die WestLB lediglich aus Gründen der Vergleichbarkeit mit in die Berechnung aufgenommen. Schließlich wird es das Institut bis zum entscheidenden Stichtag 30. Juni 2012 nicht mehr geben. Die Bank befindet sich auf Anweisung der Europäischen Kommission in der Abwicklung.
Die starke Erhöhung des Rekapitalisierungsbedarfs für deutsche Banken im Vergleich zum vorangegangenen Stresstest ergibt sich daraus, dass die EBA als Berechnungsstichtag für die risikogewichteten Anlagen (RWA) und das regulatorische Kapital nun den 30. September 2011 festgelegt hat. Bis zu diesem Termin hatten sich die Geschäfte der Banken abgeschwächt. Eine weitere Änderung ist die Einschränkung der Verrechnungsmöglichkeiten von Zeitwertgewinnen und -verlusten bei Staatsanleihen. Beim Test im Oktober hatten die Banken noch die Gewinne aus Bundesanleihen gegen Verluste anderer Staatsanleihen verrechnen können.
Auch die Helaba zählt neu zu den Kapitalanwärtern, dies war allerdings im Vorfeld schon bekannt. Dass der Helaba ein Kapitalbedarf attestiert wird, hängt mit dem gewählten Stichtag für die Datenerhebung zusammen. Bei der Landesbank werden die stillen Einlagen des Landes Hessen in Höhe von 1,9 Mrd EUR erst zum 30. Dezember gehärtet. Da der Stichtag des Tests auf Ende September lag, wurden dieses Kapital noch nicht berücksichtigt.
Ein ähnliches Schicksal trifft die Nord/LB. Hier war im Oktober nur ein Kapitalbedarf von 660 Mio EUR ermittelt worden. Jetzt sind es 2,5 Mrd EUR, da auch hier die bereits beschlossenen Kapitalmaßnahmen noch nicht in der EBA-Berechnung berücksichtigt sind. Entscheidend ist bei beiden Banken, dass sie die von der EBA geforderten 9% bei der harten Kernkapitalquote bis Mitte 2012 voraussichtlich erfüllen werden.
"Der Großteil des Kapitalbedarfs der Helaba und der NordLB ist bereits durch öffentlich angekündigte Kapitalmaßnahmen gedeckt", betonte daher auch Sabine Lautenschläger, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank. Bei der DZ Bank soll der ermittelte Kapitalbedarf von 350 Mio EUR in den nächsten Quartalen mit einer Gewinnthesaurierung abgedeckt werden.
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Für die Commerzbank AG, Frankfurt, wird nach Aussage mehrerer gut informierter Personen weiter eine Deckung ihres Kapitalbedarfes ohne Inanspruchnahme von Staatshilfen angestrebt.
"Die Commerzbank soll im ersten Halbjahr 2012 so viel Kapital am Markt aufnehmen wie möglich, und dann sehen wir weiter", wurde aus Regierungskreisen mitgeteilt. Aus Aufsichtskreisen hieß es, dass die Regierung frisches Kapital einschieße, sei ein "Notfallplan", und die Bank und die Regierung befänden sich in ständigen Gesprächen über die Rekapitalisierung der Bank.
Im Moment werde bei Gesprächen über das Thema keine prinzipielle Einigung bis Weihnachten angestrebt, betonte die erste Person.
Die Information kontrastiert mit früheren Medienberichten vom Montag, nach denen sich die zweitgrößte deutsche Bank in Gesprächen mit der Regierung über Staatshilfen befinde, für die eine prinzipielle Einigung noch vor Weihnachten angestrebt werde.
Ein Sprecher der Commerzbank wollte sich dazu nicht äußern und verwies auf auf Aussagen von Finanzvorstand Erich Strutz, der vergangene Woche gesagt hatte, an der Absicht festhalten zu wollen, keine weiteren Staatshilfen in Anspruch zu nehmen.