Der vorliegende Beitrag fokussiert sich auf einen äußerst kritischen Aspekt der Energiewende: die zunehmenden Herausforderungen für unser Stromversorgungssystem und deren Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit. In einer konsequenten Betrachtung wird auch das Szenario eines möglichen Scheiterns in Form eines überregionalen und länger andauernden Stromausfalls – eines sogenannten "Blackouts" – betrachtet. Dabei werden nicht nur die potenziellen Risiken aufgezeigt, sondern auch konkrete und notwendige Vorsorgemaßnahmen dargestellt. Abschließend wird das Konzept der Energiezellen und ihr Potenzial zur Erhöhung der Robustheit unserer Infrastruktur und der Resilienz unserer Gesellschaft vorgestellt. Dieser ganzheitliche Ansatz zielt darauf ab, ein tieferes Verständnis für die Komplexität der Energiewende zu schaffen und zugleich umsetzbare Lösungsansätze aufzuzeigen.
Der Klimawandel und die Zunahme extremer Wetterereignisse gehören zu den größten Herausforderungen, denen sich die Menschheit in den nächsten Jahrzehnten stellen muss. Da ein entschlossenes und vor allem globales Handeln zur Reduktion der weltweiten CO₂-Emissionen derzeit kaum erkennbar ist, geht es vor allem um die Anpassung an die zu erwartenden Veränderungen. Denn wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass viele der heute ergriffenen Klimaschutzmaßnahmen erst in Jahrzehnten ihre Wirkung – positiv oder negativ – entfalten werden. Die menschliche Natur neigt dazu, Veränderungen abzulehnen, insbesondere wenn Ursache und Wirkung zeitlich weit auseinander liegen, wie es etwa beim Klimawandel und den notwendigen Anpassungen der Fall ist. Auch wenn weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass eine deutliche Reduktion der CO₂-Emissionen unerlässlich ist, bedarf es einer differenzierten Diskussion über die Wege dorthin. Nur so können wir sicherstellen, dass unsere Maßnahmen zielführend sind und nicht unbeabsichtigt weitere negative Folgen nach sich ziehen.
Die meisten Anstrengungen zur Dekarbonisierung finden derzeit im Stromsektor statt, obwohl der Stromverbrauch nur etwa 20 Prozent des gesamten Energieverbrauchs ausmacht. Verschiedene Anwendungen wie Mobilität oder Wärmeversorgung sollen in Zukunft mithilfe von Strom bereitgestellt werden, was zusätzliche Anforderungen an die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit des Stromversorgungssystems stellt. Denn die Stromversorgung ist die zentrale Lebensader einer modernen Gesellschaft.
Die Energiewende: Chancen und Risiken
Das europäische Stromversorgungssystem durchläuft derzeit einen tiefgreifenden Wandel. Denn die Energiewende geht weit über den bloßen Austausch von Erzeugungsformen hinaus und erfordert eine fundamentale Neugestaltung unseres gesamten Energiesystems. An die Stelle weniger Großkraftwerke treten nun Millionen kleinerer Anlagen, die jedoch nur einen Bruchteil der Funktionalitäten ihrer Vorgänger bieten. Diese Transformation stellt daher das über Jahrzehnte gewachsene Stromversorgungssystem vor beispiellose Herausforderungen.
Denn ein funktionierendes Stromversorgungssystem benötigt nicht nur eine nachhaltige Erzeugung, sondern auch ein reibungsloses Zusammenspiel aller Komponenten, um das im Stromnetz ständig erforderliche Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch aufrechtzuerhalten. Denn jede größere Störung dieses empfindlichen Gleichgewichts birgt die Gefahr von Kaskadeneffekten. Der gesamte Umbau muss zudem bei laufendem Betrieb erfolgen, was erhebliche Herausforderungen mit sich bringt. Hier ein Auszug:
- Volatile Stromerzeugung: Die Abhängigkeit von Wind- und Solarenergie bringt eine systemimmanente Volatilität in das Stromversorgungssystem. Diese erneuerbaren Energiequellen sind naturgemäß wetterabhängig und stehen nur schwankend, teilweise unvorhersehbar und regional in sehr unterschiedlicher Form und Verfügbarkeit zur Verfügung, was eine enorme Herausforderung für den erforderlichen sekundengenauen Ausgleich zwischen Stromerzeugung und -verbrauch darstellt.
Verschärft wird diese Situation durch den rasanten Zubau von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) in vielen europäischen Ländern. An sonnigen Tagen führt dies zunehmend zu Überproduktionen, bei der mehr Strom erzeugt, als verbraucht wird. Zwischenzeitlich müssen daher auch andere CO₂-freie Erzeugungsanlagen wie Wasser- oder Windkraftwerke abgeschaltet werden, um eine Überlastung zu verhindern. Nebenbei sinkt in diesen Zeiten der Strompreis auf ein unwirtschaftliches Niveau. Die Kraftwerksbetreiber müssen teilweise sogar für die Abnahme des Stroms bezahlen.
Überschüsse aus nicht steuerbaren PV-Anlagen belasten die Netze inzwischen in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Für das Frühjahr 2025 prognostizieren Experten kritische Netzsituationen, die möglicherweise nur durch großflächige, kontrollierte Stromabschaltungen beherrschbar sind, um einen unkontrollierten Netzzusammenbruch zu verhindern [Sollte die Frequenz über 50,2 Hertz steigen, weiß niemand, was an einem sonnigen Tag im europäischen Verbundnetz (ENTSO-E RG CE) wirklich passiert. Gibt es, wie zu befürchten ist, noch genügend (kleine) PV-Altanlagen (über 3 GW Gesamtleistung), die sich bei 50,2 Hertz abrupt abschalten (50,2-Hertz-Problem), wird das System mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Gleichgewicht geraten. Stehen nicht genügend regelbare Anlagen zur Verfügung, um die Frequenz darunter zu halten, bleibt im schlimmsten Fall nur die Möglichkeit, Gebiete mit hohem PV-Anteil flächendeckend abzuschalten, ohne zu wissen, welche Nebeneffekte damit wieder ausgelöst werden].
Verschärft wird dieses Problem dadurch, dass viele PV-Anlagenbetreiber keinen Anreiz haben, ihre Produktion an die Nachfrage anzupassen, da sie eine feste, staatlich garantierte Vergütung erhalten. Ein wesentlicher Konstruktionsfehler des Fördersystems, der den Steuerzahlern alleine für 2024 schätzungsweise über 20 Milliarden Euro kosten wird.
Hier zeigt sich auch ein Paradoxon der Energiewende: Nicht nur Strommangel, sondern auch ein Überangebot an Strom kann die Netzstabilität gefährden. - Reduzierung der systemrelevanten Momentanreserve: Gleichzeitig werden konventionelle Kraftwerke und die damit verbundene Momentanreserve, die eine zentrale Rolle für die Netzstabilität spielt und als "Stoßdämpfer" dienen, reduziert. Das System wird dadurch fragiler, ohne dass das unmittelbar wahrnehmbar ist, da die Gefahr abrupter Phasenübergänge (Kipppunkte) erst kontinuierlich steigt. Wir erinnern uns an die eingangs erwähnte Problematik von zeitverzögerten Wirkungen. Notwendige Ersatzmaßnahmen in Form von systemdienlichen Großbatteriespeichern wurden bisher kaum umgesetzt.
- Steigende Netzeingriffe: Um das System dennoch stabil halten zu können, müssen die Netzbetreiber immer häufiger eingreifen. Lag die Zahl der Eingriffe Anfang der 2000er Jahre in Deutschland noch im einstelligen Bereich pro Jahr, so stieg diese bis 2022 auf über 12.000 und bis 2023 auf über 15.000 an. Für 2024 zeichnet sich ein weiterer Rekord ab. Auch die Kosten für diese Maßnahmen sind in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen.
- Speicherbedarf: Um die Schwankungen und Überschüsse in der Stromerzeugung ausgleichen zu können, sind dringend massive Energiespeicherkapazitäten erforderlich. Diese sind jedoch bislang nicht in ausreichendem Maße vorhanden und ihr Aufbau ist mit einem enormen Ressourcen- und Kostenaufwand verbunden.
Eine besondere Herausforderung stellt dabei die erforderliche Bandbreite an Speichertechnologien dar: Diese müssen Zeiträume von Millisekunden bis hin zu Jahrzehnten abdecken können. Das Kernproblem liegt darin, dass die wirtschaftliche Darstellbarkeit dieser Systeme stark eingeschränkt ist. Während Batteriespeicher für wenige Stunden oder Pumpspeicherkraftwerke für saisonale Schwankungen wirtschaftlich betrieben werden können, fehlen für die übrigen Zeitbereiche praktikable und bezahlbare Lösungen und entsprechend fördernde Regelungen, um deren Ausbau zu forcieren.
Dabei ist zu beachten: Die zugrunde liegende Physik lässt keine Kompromisse zu. Wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, droht der Zusammenbruch des Systems, egal wie selten oder kurz solche Perioden auftreten. Zudem gibt es derzeit keine Technologie, die es erlauben würde, die aktuell verbrauchten Energiemengen auch nur annähernd leistbar zwischenzuspeichern. - Netzausbau: Die Energiewende erfordert eine umfassende Neugestaltung des Stromnetzes. Einerseits müssen massive Übertragungskapazitäten geschaffen werden, um den Strom von den neuen, häufig verbrauchsfernen Produktionsstätten zu den Verbrauchszentren zu transportieren. Andererseits stellt die Integration dezentraler Erzeugungsanlagen die Verteilnetze vor völlig neue Herausforderungen. Die bestehende, für eine zentrale Verteilung konzipierte Infrastruktur ist für diese bidirektionalen und volatilen Energieflüsse nicht ausgelegt.
- Ressourcenbedarf: Die angestrebte Transformation der Energieinfrastruktur innerhalb weniger Jahre stellt daher eine beispiellose Herausforderung dar. Es geht um nichts Geringeres als die vollständige Umgestaltung, Erneuerung und den massiven Ausbau bestehender Strukturen. Angesichts der Dimension dieser Aufgabe und der gleichzeitig zunehmenden Ressourcenknappheit in allen Bereichen – finanziell, materiell und personell – erscheint die realistische Umsetzbarkeit in der vorgegebenen Zeit höchst fragwürdig. Selbst ambitionierteste Zielsetzungen können nicht über diese grundlegenden praktischen Hürden hinwegtäuschen. Es bedarf daher einer nüchternen Einschätzung der tatsächlichen Möglichkeiten und mit Sicherheit eine Anpassung der Zeitpläne.
- Systemkomplexität: Die Energiewende bringt daher nicht nur technische, sondern auch strukturelle Herausforderungen mit sich. Die Integration zahlreicher neuer Akteure und Komponenten sowie der Bedarf an Flexibilisierung und Digitalisierung steigern die Komplexität des Systems erheblich. Diese Entwicklung erfordert völlig neue Denk- und Handlungsansätze, die jedoch bisher kaum erkennbar sind, was auch mit dem Bildungssystem zusammenhängt, das bisher kaum an die neuen Bedürfnisse angepasst wurde.
Dringender Handlungsbedarf auf systemischer Ebene
Die Summe der dargestellten Faktoren und deren oft wenig beachteten Wechsel- und Nebenwirkungen erhöhen die Fragilität des Stromversorgungssystems beträchtlich. Es besteht daher ein dringender Handlungsbedarf, um die Versorgungssicherheit auch weiterhin gewährleisten zu können.
Das Kernproblem liegt dabei in der bislang fehlenden systemischen Herangehensweise: Ein umfassendes Programmmanagement mit klaren Planungsschritten und einem effektiven Controlling und Nachjustieren ist kaum erkennbar. Stattdessen werden Ziele oft nur nach politischen und ideologischen Grundsätzen festgelegt, ohne deren technische oder wirtschaftliche Machbarkeit zu prüfen.
Nicht erreichte Zwischenziele werden häufig durch noch ambitioniertere ersetzt, anstatt die Ursachen für die Verfehlung zu analysieren. Zudem besteht die Tendenz, physikalische Gesetzmäßigkeiten und schwer veränderbare Rahmenbedingungen durch politisches Mikromanagement überwinden zu wollen. Besonders bedenklich sind das weitgehende Fehlen eines systematischen Monitorings möglicher negativer Nebenwirkungen und die fehlende Anpassung an veränderte Rahmenbedingen.
Leistbare Energie
Diese chaotischen Entwicklungen manifestieren sich besonders deutlich im Bereich der Bezahlbarkeit – einer der drei Säulen des energiepolitischen Dreiecks neben Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit. Eine erfolgreiche Volkswirtschaft basiert auf einer preiswerten und zuverlässig verfügbaren Energie. Dieses Fundament zeigt in Mitteleuropa zunehmend Risse, was zu wachsenden wirtschaftlichen Verwerfungen führt.
Zwar spielen auch externe Faktoren, wie der Krieg in der Ukraine, eine Rolle, doch die Umstellung auf volatile Erzeugung ohne ausreichende Puffer und Berücksichtigung der erforderlichen Systemanpassungskosten führt zwangsläufig zu stark schwankenden und unberechenbaren Preisen und Kosten. Bei Überangebot durch Sonne und Wind fallen die Preise bis in den negativen Bereich, während Knappheit zu extremen Preisspitzen führt. Besonders kritisch wird es, wenn fehlende Energie trotz Zahlungsbereitschaft nicht mehr bereitgestellt werden kann. Denn diese kann durch nichts ersetzt werden.
Ein Beispiel für diese Problematik zeigte sich Anfang November 2024, als eine Dunkelflaute – geringe Wind- und PV-Stromerzeugung – das System an seine Grenzen brachte. Solche Situationen werden sich häufen, je mehr konventionelle Kraftwerke ohne adäquaten Ersatz vom Netz gehen. Wir nähern uns damit dem Punkt, an dem nur noch großflächige Stromabschaltungen einen Systemzusammenbruch verhindern können - ein Szenario, das viele noch für unmöglich halten.
Diese Entwicklungen unterstreichen daher die Notwendigkeit, bei der Energiewende neben den ökologischen auch die ökonomischen und versorgungstechnischen Aspekte wieder stärker und ausgewogener zu berücksichtigen, um die Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft zu sichern.
Risiko eines Strom-Blackouts
Ein mögliches Strom-Blackout stellt eine der gravierendsten Bedrohungen für unsere hoch entwickelte Gesellschaft dar. Die allgegenwärtige Abhängigkeit von elektrischer Energie macht uns extrem verwundbar gegenüber den Folgen eines solchen Ereignisses.
Die potenziellen Auslöser für ein mögliches Blackout umfassen ein breites Spektrum von Risiken, wie technische Störungen, Naturkatastrophen, deren Häufigkeit und Intensität durch den Klimawandel steigen oder gezielte Cyber- oder Sabotage-Angriffe auf Kritische Infrastrukturen, die in der aktuellen geopolitischen Lage an Bedeutung gewonnen haben. Grundlegend für eine erhöhte Anfälligkeit ist jedoch die beschriebene und zunehmende Komplexität des Energiesystems selbst, die zwangsläufig zu einer erhöhten Fragilität führt.
Die schwerwiegenden Folgen eines Blackouts
Ein Blackout ist mehr als nur ein großer Stromausfall, wie oft angenommen wird. Denn ein großflächiger und länger andauernder Stromausfall führt zu einem schwerwiegenden und länger andauernden Infrastruktur- und Versorgungsausfall ("Zusammenbruch der Versorgungskette") mit potenziell verheerenden Folgen:
- Ausfall lebenswichtiger Systeme (Wasser, Abwasser, Heizung, Kommunikation)
- Zusammenbruch von Produktion und Logistik
- Versorgungsausfall und längerfristige Versorgungsengpässe bei Lebensmitteln und Medikamenten
- Gefährdung der öffentlichen Sicherheit
Denn während die Stromversorgung wahrscheinlich innerhalb von vielen Stunden oder Tagen wiederhergestellt werden kann, wird der Ausfall der Telekommunikation durch Schäden und Störungen erheblich länger dauern. Die Wiederaufnahme von Produktion, Logistik und Versorgung erfordert jedoch stabile Strom- und Kommunikationsnetze. Realistisch betrachtet, kann es bis zu zwei Wochen dauern, bis die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern wieder anläuft, und Monate, bis sich die Lage normalisiert. Die wirkliche Krise beginnt daher erst, wenn der Strom bereits wieder fließt.
Das größte Risiko liegt daher nicht im Stromausfall selbst, sondern in der weitverbreiteten Naivität gegenüber einem solchen Szenario und der mangelnden Eigenvorsorge in der Bevölkerung sowie der generell fehlenden Vorsorge. Die Unterschätzung der Gefahr und die fehlenden Vorbereitungen auf allen Ebenen könnten im Ernstfall schwerwiegende Konsequenzen haben.
Fehlende Eigenvorsorge
Studien und Umfragen zeigen durchgängig, dass nur etwa ein Drittel der Bevölkerung in der Lage ist, sich länger als eine Woche selbst zu versorgen. Diese mangelnde Vorbereitung kann zu einer gefährlichen Abwärtsspirale führen: Wenn zu viele Menschen aufgrund eigener Versorgungsprobleme nicht zur Arbeit kommen, wird die Wiederherstellung der Grundversorgung erheblich erschwert. Dieser Teufelskreis kann sich selbst verstärken und die Krisenbewältigung massiv behindern.
Besonders kritisch: Auch Mitarbeiter von Einsatzorganisationen, Behörden und Betreibern kritischer Infrastrukturen sind oft nicht besser vorbereitet als der Durchschnittsbürger. Diese weitverbreitete Unvorbereitetheit stellt ein ernsthaftes Risiko für die Resilienz der Gesellschaft im Krisenfall dar.
Wenig Aufwand, hoher Nutzen
Eine grundlegende Vorsorge für Krisensituationen wäre für die meisten Menschen leicht und einfach umsetzbar:
- Wasservorrat: Ein Sechserpack Mineralwasser pro Person deckt den Minimalbedarf für mehrere Tage. In Gebieten mit unsicherer Wasserversorgung sollte mehr Trink- und Brauchwasser bevorratet werden.
- Medizinische Vorsorge: Eine Erste-Hilfe-Ausrüstung und ausreichend persönliche Medikamente sind essentiell.
- Lebensmittel: Haltbare Produkte wie Nudeln, Reis, Konserven und Hülsenfrüchte sollten für mindestens 14 Tage Selbstversorgung reichen.
- Zusätzlich sinnvoll: Taschenlampen, batteriebetriebenes Radio, Bargeld und Müllsäcke (als Nottoiletten nutzbar).
Von Notstromaggregaten oder Ersatzkochherden wird in den meisten Fällen abgeraten. Besondere Vorsicht gilt beim Umgang mit offenem Feuer, da bei eingeschränkter Rettungskette schnell lokale Katastrophen entstehen können. Kerzen gehören daher nicht in den Notvorrat.
Fehlende Sicherheitskommunikation
Die erstmalige Konfrontation mit dem Szenario eins Blackouts löst in der Regel Überforderung, kognitive Dissonanzen und Abwehrreaktionen aus, da die Darstellung im scharfen Kontrast zur öffentlichen Wahrnehmung steht, die Sicherheit suggeriert und solche Szenarien als Panikmache abtut.
Doch angesichts der vielschichtigen, hier nur ansatzweise dargestellten Herausforderungen stellt sich die Frage: Ist dieses Szenario wirklich unrealistisch? Niemand kann die genaue Wahrscheinlichkeit beziffern, und sie mag als gering kommuniziert werden. Die potenziellen Auswirkungen wären zweifelsohne katastrophal. Allein die zu erwartenden Folgen rechtfertigen daher eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Szenario und entsprechende Vorsorgemaßnahmen.
Gemeinsame Krisenbewältigung
Für die Bewältigung einer Krise wie eines Blackouts ist nachbarschaftliche Solidarität von entscheidender Bedeutung. Nur durch gemeinschaftliches Handeln können wir solch weitreichende Herausforderungen bewältigen. Externe Hilfe ist in einem solchen Szenario kaum zu erwarten, da die Einsatzorganisationen und alle anderen selbst von den Auswirkungen betroffen sind und kaum freie Ressourcen zur Verfügung stehen.
Ein zusätzlicher Vorteil der Vorsorge: Diese sind nicht nur für Extremszenarien wie einem möglichen Blackout nützlich, sondern bewähren sich auch bei alltäglicheren Notlagen wie Krankheit, Wasserrohrbrüchen oder extremen Wetterereignissen.
Lebensfähiges Systemdesign
Angesichts des komplexen Krisenszenarios eines möglichen Blackouts drängt sich die Frage auf, wie wir das Risiko minimieren können. Ein Schlüsselaspekt liegt in der Neuausrichtung der Energiewende: Statt einer chaotischen, ideologiegetriebenen Umsetzung bedarf es einer systemischen Transformation.
Die Systemtheorie und Naturbeobachtung lehren uns, dass lebensfähige Systeme drei wesentliche Merkmale aufweisen, die ihre evolutionäre Robustheit begründen. Diese Erkenntnisse können als Leitprinzipien für eine resilientere Gestaltung unseres Energiesystems dienen.
- Energie- und Ressourcenbedarfssenkung, Einfachheit: Energieeffizienz und Ressourcenschonung reduzieren Abhängigkeiten. Innovative Lösungen zeichnen sich oft durch Vereinfachung bestehender Prozesse aus, was häufig auch zu einer geringeren Komplexität führt. Paradoxerweise erhöhen wir aber gerade durch immer mehr Vernetzung ("Digitalisierung"), aber auch durch immer mehr kleinteilige Regulierung die Komplexität des Systems.
- Dezentralität (autonome funktionale Einheiten): In einer zunehmend vernetzten und damit komplexer werdenden Welt sind robuste Teilstrukturen mit eigenständiger Überlebensfähigkeit zwingend erforderlich. Diese Subsysteme müssen in der Lage sein, auch autonom zu funktionieren und von unten nach oben die Gesamtstabilität zu erhöhen, und systemische Risiken zu minimieren.
- Fehlerfreundlichkeit, Fehlertoleranz, Diversität: Die dritte Säule ist die Diversifizierung. Wer alles auf eine Karte setzt oder nicht mit Fehlern umgehen kann, geht ein sehr hohes Risiko ein. In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche Fehler gemacht: Effizienzsteigerungen werden oft nur mehr durch den Abbau von Reserven und Redundanzen erreicht. Dadurch sinkt jedoch die Fehlertoleranz, wie die wiederholten Probleme in den Lieferketten der letzten Jahre deutlich gemacht haben. Auch die abnehmende Vielfalt von Lieferketten und Komponenten, insbesondere im Infrastrukturbereich, kann schwerwiegende Folgen haben.
Diese Herangehensweise bringt unvermeidbare auch Widersprüche mit sich, die unser lineares Schwarz-Weiß-Denken herausfordern. Daher ist im Umgang mit komplexen Systemen auch zwingend ein "Sowohl-als-auch-" statt ein "Entweder-oder-Denken" erforderlich, wo wir wiederum ein bildungstechnisches Problem haben. Eine Anpassung unseres Denkrahmens ist aber unumgänglich. Die dargestellten Erkenntnisse betonen daher die Notwendigkeit, Resilienz und Regenerationsfähigkeit in unsere Systeme zu integrieren und ihnen ausreichend Zeit zur Anpassung zu geben. In der Systemtheorie gilt: Komplexe Systeme sind Meister im Puffern von Störungen. Fehlt jedoch die Zeit zur Regeneration, drohen schwere Schäden bis hin zum Systemkollaps.
Das Konzept der Energiezellen
Wendet man diese Erkenntnisse nun auf die Energiewende und die Notwendigkeit eines systemischen Ansatzes an, ergibt sich das vielversprechende Konzept von Energiezellen, die zur Erhöhung der Robustheit der Infrastruktur und der gesellschaftlichen Resilienz beitragen würden.
Eine Energiezelle ist eine dezentrale, autonome Funktionseinheit, in der lokal erzeugte Energie gespeichert und verteilt wird, um vor Ort den notwendigen Ausgleich zu gewährleisten. Diese Zellen sind mit benachbarten Zellen vernetzt, um ein gewisses "Atmen" zu ermöglichen, da eine autarke Insel nicht zielführend und ineffizient ist. Der zentrale Baustein einer solchen Zelle ist das Betriebssystem – ein sektorübergreifendes Energiemanagementsystem. Obwohl Lösungen bereits verfügbar sind, ist das Interesse bisher noch beschränkt, was häufig auf ein Silodenken und die bestehende sehr hohe Versorgungssicherheit und den falsch vorgegebenen Rahmenbedingungen zurückzuführen ist.
Mit Energiezellen könnten viele aktuelle Probleme rasch mit einem pragmatischen Ansatz gelöst werden: Jeder, der am Strommarkt teilnehmen möchte, muss eine definierte Anzahl von Stunden im Jahr gesichert einspeisen bzw. Strom bereitstellen können. Das würde die Erneuerbaren-Energie-Anlagen automatisch zur Kooperation zwingen, sei es mit Speicherbetreibern oder mit konventionellen Kraftwerken. Dann kann man noch einen CO₂-Rahmen hinzufügen, und das Ganze regelt sich von selbst. Derzeit wird aber in alle Richtungen gefördert, was das Problem nur verschärft, weil jeder nur seinen Eigennutz sieht und verfolgt. Es sollten daher nur noch systemdienliche Anlagen gefördert werden.
Energiezellen bieten zudem mehrere Vorteile: Sie reduzieren die Abhängigkeit von zentralen Stromnetzen und erhöhen gleichzeitig die Versorgungssicherheit des Gesamtsystems. Zudem fördern sie die lokale Wirtschaft, indem sie Arbeitsplätze schaffen und die regionale Wertschöpfung steigern. Diese Aspekte stärken das Gemeinschaftsgefühl und erhöhen die Akzeptanz der Energiewende. Darüber hinaus sollte auch die regionale Nahrungsmittelproduktion als Teil der Lebensenergie betrachtet und integriert werden. Ein Nachteil soll aber nicht verschwiegen werden: Ein solches System kann natürlich nicht so effizient betrieben werden wie das bisherige hochoptimierte zentralisierte System. Zumindest so lange kein Großschadensfall eintritt.
Zusammenfassung
Die Energiewende bringt sowohl erhebliche Herausforderungen als auch Chancen für eine nachhaltige und sichere Energieversorgung mit sich. Der derzeit eingeschlagene Weg führt absehbar in eine Sackgasse. Um die hohe Versorgungssicherheit und die Leistbarkeit von Strom aufrechtzuerhalten, ist dringend eine systemische Vorgehensweise erforderlich. Ein potenzielles Blackout stellt gegenwärtig eine ernsthafte Bedrohung für unsere Gesellschaft dar, die jedoch durch einfache Vorsorgemaßnahmen von jedem Einzelnen erheblich gemildert werden kann.
Das Konzept der Energiezellen könnte schnell zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Infrastrukturen und der Versorgungssicherheit beitragen. Inspiriert vom Ansatz der Start-ups – "Fail Fast" – ermöglicht es, schnell zu scheitern und sich weiterzuentwickeln, ohne das Gesamtsystem zu gefährden. Die Umsetzung solcher Strukturen ist daher entscheidend, um die Energiewende voranzutreiben und gleichzeitig die damit verbundenen Risiken zu minimieren.
Eine weiterführende, ausführlichere und tiefergehende Betrachtung ist im Beitrag "Das europäische Stromversorgungssystem im Umbruch" (10/2023) zu finden.
Autor:
Herbert Saurugg, MSc, ist ein international anerkannter Experte für Blackout- und Krisenvorsorge sowie der Präsident der Gesellschaft für Krisenvorsorge. Der ehemalige Berufsoffizier beschäftigt sich seit 2011 intensiv mit der zunehmenden Komplexität und Verletzlichkeit unserer Gesellschaft und insbesondere mit dem Szenario eines möglichen überregionalen Strom-, Infrastruktur- und Versorgungsausfalls ("Blackout"). Saurugg ist Autor zahlreicher Fachpublikationen und als Keynote-Speaker und Interviewpartner zu diesen Themen bekannt. Sein umfangreicher Fachblog ist eine wertvolle Ressource für Kommunen, Unternehmen und Organisationen, aber auch für Privatpersonen, die ihre Blackout-Vorsorge verbessern und krisenfit werden wollen. Mit seiner langjährigen Erfahrung und seinem fundierten Fachwissen unterstützt er aktiv bei der Entwicklung und Umsetzung von ganzheitlichen Lösungen zur Bewältigung von außergewöhnlichen Krisensituationen.