Bei der Gestaltung der künftigen Bankenaufsicht in Europa sind die auseinanderlaufenden Zielrichtungen auch in Deutschland deutlich geworden. So hat sich die Präsidentin der deutschen Finanzaufsicht BaFin für einen schrittweisen Aufbau bei der Europäischen Zentralbank ausgesprochen. Der künftige Wirtschaftsweise Volker Wieland hat dagegen davor gewarnt, die Bankenaufsicht der EZB zu übertragen.
Für BaFin-Chefin Elke König ist eine Aufsicht, "die den größten Finanzplatz London nicht umfasst, langfristig zu kurz gesprungen", wie sie der Welt am Sonntag sagte. Die EZB könnte daher als "schlanke Aufsicht" über die nationalen Aufseher starten. Parallel dazu ließen sich das Konzept und die rechtlichen Grundlagen in Ruhe weiterentwickeln.
Der Rahmen für die europäische Aufsicht könne zwar möglicherweise bis 1. Januar 2013 geschafft werden. Doch man dürfte sich nicht zum Sklaven dieses Zeitplans machen. Denn man habe "nur einen Schuss frei". Notwendig sei Funktionsfähigkeit vom ersten Tag an, ein Aufsichtsvakuum wäre mit das Schlimmste, was man sich vorstellen könnte.
Wieland, der am 1. März 2013 in den Sachverständigenrat eintritt, sieht dagegen die Gefahr, dass die EZB "in Interessenkonflikte gerät, unter denen ihre Unabhängigkeit und damit die Geldpolitik leidet". In einem Interview mit der WirtschaftsWoche forderte er von der Bundesregierung, zu verhindern, dass Deutschland für bereits entstandene Verluste haften müsse. "Verluste, die durch den Immobilienboom in Spanien oder Irland entstanden sind, dürfen nicht im Nachhinein von anderen übernommen werden."
Auch das Bundesfinanzministerium will sich weiter dafür stark machen, dass Deutschland nicht Altlasten der Bankensysteme anderer Euro-Länder mittragen muss. Vor dem Start müsse es einen "Health-Check aller Banken" geben", um sicherzustellen, dass es keine verdeckten Risiken gibt, sagte der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Hartmut Koschyk, der WirtschaftsWoche.
Bei der Forderung nach einem Ende der Sonderbehandlung von Staatsanleihen in Bankbilanzen hat sich BaFin-Präsidentin König an die Seite von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann gestellt. "Dass für Staatsanleihen kein Eigenkapital vorgehalten werden muss, ist nicht sachgerecht und kann auf Dauer nicht so bleiben". Weidmann hatte Anfang der Woche eine Eigenkapitalunterlegung für Staatsanleihen gefordert.
Allerdings warnte König davor, das Regelwerk kurzfristig zu ändern. Derzeit sei die Lage bei der Staatsfinanzierung sehr angespannt, da würde man das System mit einer solchen Reform eindeutig überfordern.
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Der Bundesverband deutscher Banken fordert eine Verschiebung der für 2013 geplanten Kapitalregeln um mindestens ein Jahr. "Um die Wettbewerbsnachteile für die europäische Finanzwirtschaft zu vermeiden, sollte das Inkrafttreten der Umsetzung von Basel III innerhalb der EU möglichst zeitgleich mit den USA und keineswegs vor Beginn 2014 erfolgen", sagte BdB-Präsident Andreas Schmitz bei einer Pressekonferenz in Frankfurt. Schmitz ist noch bis April dieses Jahres in seiner Funktion als BdB-Präsident im Amt und übergibt dann den Stab an den Co-Vorstandschef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen.
Der Forderung des Bundesverbandes gehen Ankündigungen aus den USA voraus, sich nicht an das Regelwerk halten zu wollen. Das hatte in Deutschland für eine Welle der Entrüstung gesorgt. Bedenken hätten viel früher geäußert werden müssen und nicht um "fünf vor zwölf", kritisierte etwa Fitschen. Ähnlich hatte sich auch der Commerzbank-Vorstandschef Martin Blessing geäußert.
Die Sorge der Banken ist, im Wettbewerb mit den US-Banken schlechter dazustehen. Die USA müssten zu ihrem Wort stehen, forderte Schmitz. "Ansonsten droht die Gefahr, dass die durchaus sinnvollen Regeln auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben werden", sagte er. "Da der Einführungstermin für die amerikanischen Banken derzeit nicht absehbar ist, sollte Europa weltweite Wettbewerbsnachteile für die heimischen Institute tunlichst vermeiden."
Nach den Querschüssen aus den USA wegen der Einführung der neuen Bankenregeln schaltet sich nun die EU in die Diskussion ein. Man verlange Klarheit von den US-Behörden über den Zeitpunkt der Einführung des Basel-III-Regelwerks und bemühe sich um ein zeitlich koordiniertes Vorgehen mit den USA, sagte ein Sprecher von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Montag.
In der vergangenen Woche hatten mehrere europäische Banken gefordert, dass die EU die Einführung von Basel III um ein Jahr nach hinten verschiebt. Zuvor hatten die zuständigen US-Behörden gesagt, man werde den Startpunkt Januar 2013 für das neue Regelwerk, das unter anderem schärfere Anforderungen an das Eigenkapital der Banken stellt, wohl nicht einhalten.
Vergangene Woche hatte auch der Europäische Bankenverband EBF in einem Brief an EU-Kommissar Barnier seine Bedenken über die unterschiedlichen Einführungstermine von Basel III zum Ausdruck gebracht. Sollte die EU an dem Termin Januar 2013 festhalten und die USA diesen Zeitpunkt verstreichen lassen, würde der Wettbewerb verzerrt. Zudem würden die unterschiedlichen Marktregeln letztendlich die Effektivität der Reformen beschädigen, hieß es in dem Brief.
"Wir sind sehr besorgt darüber, was die möglichen Folgen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Banken Europas angeht", schreibt der EBF. Die Institute hätten ohnehin schon mit massiven Änderungen bei den Kapitalanforderungen und der Bankenaufsicht zu kämpfen, hieß es in dem Brief, der dem Wall Street Journal vorliegt und auch an den EU-Rat und das Europäische Parlament geschickt wurde.
Der Sprecher Barniers sagte am Montag, die Kommission habe den Brief vom EBF erhalten. Der Zeitpunkt der Basel-III-Einführung werde thematisiert, wenn die Verhandlungen zwischen dem Europäischen Rat und dem Europaparlament abgeschlossen sind, so der Sprecher. Das werde hoffentlich in den nächsten Wochen der Fall sein. Er sagte allerdings, dass es wichtig sei, mit der Anwendung der Regeln bereits 2013 zu beginnen. Das Regelwerk sei im Interesse Europas, da es die Banken gesünder und wettbewerbsfähiger mache.
Die Banken weltweit werden als Konsequenz aus dem Kollaps von Lehman Brothers dazu verpflichtet, zwischen 2013 und 2019 erhöhte Kapitalpuffer zu bilden. Das Bankensystem soll damit weniger anfällig für Schocks werden.
Am Montag hatte auch der Bundesverband deutscher Banken eine zeitliche Verschiebung der Kapitalregeln gefordert. Die Umsetzung von Basel III sollte "innerhalb der EU möglichst zeitgleich mit den USA und keineswegs vor Beginn 2014 erfolgen", sagte BdB-Chef Andreas Schmitz. Auch der Sparkassenverband plädierte für eine Verschiebung.
Die mögliche Weigerung der USA, die Regeln zum nächsten Jahr einzuführen, hatte auch die deutschen Aufseher hellhörig gemacht. Bundesbankvizepräsidentin Sabine Lautenschläger drohte am Freitag mit Konsequenzen. Ihrer Ansicht nach müsste in diesem Fall geprüft werden, ob nicht die europäischen Töchter der US-Banken künftig europäisches Recht anwenden müssten. Derzeit unterlägen diese Banken einer Sondergenehmigung. "Man muss natürlich überprüfen, ob das dann noch Geltung haben kann", sagte sie.
Neue Banklizenzen ausgeben - auch für die US-Töchter - natürlich unter neuen Regulierungsvorschriften !!!
Alle wechselseitigen Geschäften mit Banken & Versichernugen, die nicht Basel-III oder Solvency-II konform reguliert werden - müssen mit 50% mehr Eigenkapital besichert werden. Ausnahmlos !!!
Da kann der Ami machen was er will - dieses Diktat der Wall-Street hat uns schonmal in die Scheiße gefahren - und Besserung ist bislang nicht eingetreten.
Direktoriumsmitglied Benoit Coeuré erwartet erst für das Jahr 2014, dass die gemeinsame Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäische Zentralbank (EZB) arbeitsfähig sein wird. Damit stellt er sich gegen die EU-Kommission, die darauf setzt, dass die Aufsicht schon im Laufe des nächsten Jahres funktionstüchtig ist. Bei einer Rede in Hongkong versuchte der Notenbanker, die Zweifel an der neuen Rolle der EZB zu zerstreuen. Kritiker fürchten, dass es zu Interessenskonflikten zwischen Geldpolitik und Aufsicht kommen wird.
"Geldpolitik und Aufsicht werden klar getrennt", versprach Coeuré laut Redemanuskript. Das letzte Wort in Aufsichtsfragen werde aber der EZB-Rat haben. Der Währungshüter sprach sich dafür aus, dass alle Banken in der Eurozone unter die zentrale Kontrolle fallen: "Zuallererst müssen alle Banken von der Aufsicht erfasst werden, um ein gemeinsames Spielfeld zu haben und die weitere Integration des Bankensektors zu fördern." Ein guter Teil der Aufgaben solle aber weiter bei den nationalen Behörden bleiben.
Coeuré sprach sich dafür aus, dass auch EU-Mitglieder, die nicht der Eurozone angehören, unter das Regime der EZB schlüpfen können sollen. "Die Aufsicht ist essentiell für den Euroraum, aber wünschenswert für andere EU-Länder." Es werde daran gearbeitet, dass diese Länder an der Aufsicht gerecht beteiligt werden. Interesse an der gemeinsamen Überwachung der Geldhäuser haben zum Beispiel Polen und Schweden angemeldet. Sie befürchten aber, bei Entscheidungen übergangen zu werden, da sie nicht im EZB-Rat vertreten sind. Ihm gehören nur Euro-Länder an.
EU-Finanzmarktkommissar Michel Barnier will bei der Europäischen Bankenunion keine Ausnahmen für Deutschland zulassen. Künftig müssten sich alle Institute in der Euro-Zone, auch Sparkassen oder Volksbanken, der Aufsicht durch die Europäische Zentralbank stellen, um die Glaubwürdigkeit des Systems zu wahren. "Ausnahmen wird es einfach nicht geben", sagte Barnier der Welt am Sonntag.
Die zentralisierte Aufsicht dürfe auch nicht von der Größe der Institute abhängen. "Wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass auch kleine und mittelgroße Banken Probleme machen können.", sagte Barnier und verwies auf die spanische Bankia und die belgisch-französische Dexia.
Barnier stellt sich damit gegen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der immer wieder betont hatte, dass lediglich große und damit systemrelevante Banken von der EZB überwacht werden sollten. Kleinere Sparkassen hingegen seien besser bei der nationalen Aufsichtsbehörde Bafin aufgehoben.
In einem Punkt kommt der Franzose den Deutschen aber entgegen entgegen. So solle es keine europaweite Einlagensicherung nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten geben. "Wir sind kein Bundesstaat wie die USA, sondern eine Gemeinschaft von 27 Ländern. Mir geht es darum, dass sich jeder Staat ein eigenes Einlagensicherungssystem einrichtet." Jedoch sollten die nationalen Sicherungssysteme künftig über die europäischen Grenzen untereinander kooperieren.
Die nationalen Parlamente seien nun in der Lage, die neue Bankenaufsicht bis Ende Februar zu ratifizieren. "Die neue Bankenaufsicht sollte bis zum 1. März stehen", sagte Schäuble. Die Finanzminister hätten sich auf eine klare Trennung der Zuständigkeit von nationalen Aufsichtsbehörden und der neuen europäischen Bankenaufsicht geeinigt.
Die neue Aufsicht werde über Geldinstitute wachen, deren Bilanzsumme 30 Milliarden Euro oder mehr beträgt und die Behörde werde innerhalb der EZB geschaffen, sagte Schäuble. Deutschland und einige andere Länder hatte die Sorge umgetrieben, dass die EZB das letzte Wort bei der Regulierung der Banken haben würde. Damit könnte die Trennlinie zwischen Aufsicht und Geldpolitik verwischt und die Unabhängigkeit der EZB untergraben werden.
Schäuble sagte, Deutschland habe seine Vorstellungen über die Befugnisse der EZB als neuer Bankenaufseher durchsetzen können. "Wir haben sichergestellt, dass der Rat der EZB nicht das letzte Entscheidungsrecht hat" bei der Regulierung der Banken, fügte der Minister hinzu. Die europäische Aufsichtsbehörde könne Empfehlungen an nationale Aufsichtsämter zur Regulierung von Bankgruppen aussprechen, aber nicht für einzelne Institute.