Subprime-Krise: Bislang nur die Spitze des Eisbergs sichtbar


Auch nach dem aktuellen Turbulenzen bei der Citigroup sind nach Ansicht von Experten die tatsächlichen Ausmaße der Hypothekenkrise noch längst nicht absehbar. Der Chef des weltgrößten Rentenfonds Pimco, Bill Gross, sprach von einem "Eine-Billion-Dollar-Problem". Auch renommierte Finanzexperten wie Ex-Fed-Chef Alan Greenspan oder der Multimilliardär George Soros sehen bislang nur die Spitze des Eisbergs offengelegt. Selbst aktive Notenbanker wie der Chef der Bank of England, Mervyn King, teilen diese Ansicht.

Die Investmentbank JP Morgan rechnet damit, dass die Abschreibungen von an Hypotheken gekoppelten Wertpapieren bis zu 200 Mrd. Dollar erreichen können. Die Finanzwirtschaft habe mindestens 60 Mrd. Dollar Verluste noch nicht bekannt gegeben, sagte Analyst Christopher Flanagan. Er verwies auf ABX-Indizes, die auf Hypotheken für Wohnimmobilien basieren. Nur 30 bis 40 Mrd. Dollar Verluste im Zusammenhang mit Zahlungsausfällen von Schuldnern seien bisher in den Firmenberichten enthalten. Mindestens 100 Mrd. kämen noch von Banken, Hypothekenversicherern und Wertpapierhandelshäusern. 60 bis 70 Mrd. Dollar seien bisher nicht zuzuordnen.

Auslöser der Krise war die jahrelange Vergabe von Krediten an finanzschwache Kunden. Diese sogenannten Subprime-Schuldner konnten ihren Verpflichtungen wegen drastisch gesunkener Häuserpreise und gestiegener Zinsen in den USA häufig nicht mehr nachkommen. Oft wurden diese Hypotheken gebündelt in Wertpapiere an Investoren weltweit weiterverkauft, die deshalb zu milliardenschweren Abschreibungen gezwungen werden. Greenspan nannte bei einer Veranstaltung in Tokio eine Summe von rund 900 Mrd. Dollar schlecht gesicherter Hypotheken, die auf den internationalen Kapitalmärkten verbrieft worden seien.

Der britische Notenbank-Chef King sagte, es werde mehrere Monate dauern, bis die Banken ihre gesamten Verluste veröffentlicht hätten. Analysten haben bereits davor gewarnt, dass weitere Abschreibungen die Geschäftsergebnisse auch im vierten Quartal belasten würden. Derzeit rechnen Experten nur noch mit einem industrieweiten Gewinnwachstum von 9,7 Prozent. Im Oktober waren es 11,4 Prozent, im September noch 12,1 Prozent. Am schwersten erwischt hat es bislang die größte US-Bank Citigroup, die vor drei Wochen bereits 6,5 Mrd. Dollar abschrieb. Am Montag kam die Hiobsbotschaft, dass weitere acht bis elf Mrd. Dollar folgen würden. Bank-Chef Charles Prince musste seinen Hut nehmen, der zweite Rauswurf, nachdem Merrill-Lynch-Boss Stanley O'Neal vergangene Woche hatte gehen müssen. "Wir haben noch einen weiten Weg vor uns", kommentierte Alan Greenspan.

Die Notenbanken hatten bereits mit Milliardensummen die Liquidität der Märkte sicherstellen müssen. Die US-Währungshüter senkten zudem den Leitzins um mittlerweile 75 Basispunkte auf 4,5 Prozent, damit das Wachstum von der Krise nicht abgewürgt wird. Gross von Pimco sagte, die Fed könne es sich nicht leisten, dass die Preise am US-Häusermarkt weiter sänken, und müsse die Zinsen deshalb aggressiv senken. Dabei nannte er einen Wert von 3,5 Prozent. Soros sagte in New York, die Fed unterschätze die Folgen der Krise für die US-Konjunktur. Die USA stünden vor einem größeren Abschwung, als dies Fed-Chef Ben Bernanke erwarte.

Die US-Notenbank Fed macht selbst ebenfalls keine Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Krise. Kreditgeber mit zweitklassigen Hypotheken müssten mit weiteren Problemen rechnen, sagte Fed-Mitglied Randall Kroszner am Montag. Die Aktivität am Häusermarkt werde sich weiter abschwächen.

 

[Eigene Recherchen, Die Welt vom 7. November 2007]

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