Wirtschaftskriminalität: Mittelstand besonders gefährdet

Täter im eigenen Haus


Jedes dritte Unternehmen wurde in den vergangenen zwölf Monaten Opfer einer wirtschaftskriminellen Tat, über die Hälfte davon sogar mehrfach. Dabei sind mittelständische Betriebe mit einem Umsatz zwischen einer und zehn Millionen Euro besonders gefährdet – auf sie entfällt fast die Hälfte des Gesamtschadens von vier Milliarden Euro pro Jahr.

Das sind die Ergebnisse einer neuen Studie der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG zur Wirtschaftskriminalität in Deutschland, die repräsentativ für den Mittelstand ist. Von den durch Forsa befragten Unternehmen betrachten 91 Prozent Wirtschaftskriminalität als eine ernsthafte Gefahr für die Unternehmen in Deutschland. 45 Prozent gehen davon aus, dass sich das Risiko noch verschärft. Für das eigene Unternehmen wird die Gefahr allerdings als wesentlich geringer eingestuft: Nur 12 Prozent gehen von einer Gefährdung durch die eigenen Mitarbeiter aus, 22 Prozent sehen die Gefahr eher bei externen Tätern. Tatsächlich werden aber mehr Unternehmen durch eigene Mitarbeiter als durch unternehmensfremde Personen geschädigt. Eigentums- und Vermögensdelikte wie Diebstahl, Betrug und Unterschlagung stehen dabei an der Spitze.

Schäden in Milliardenhöhe

Insgesamt beläuft sich der Schaden für die Unternehmen in Deutschland laut Studie pro Jahr auf rund vier Milliarden Euro. Belastet werden dadurch vor allem kleine Betriebe mit Erlösen zwischen einer und zehn Millionen Euro, denn sie machen nur 17 Prozent des Umsatzes aller Unternehmen in Deutschland ab einer Million Euro aus, tragen aber 45 Prozent der finanziellen Folgen von Wirtschaftskriminalität. Auch die mittleren Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 10 und 50 Millionen Euro sind überproportional betroffen, auf sie entfallen bei einem Anteil von 15 Prozent am Umsatz 29 Prozent des finanziellen Schadens. Großunternehmen, die mehr als zwei Drittel der Erlöse aller Firmen in Deutschland erzielen, tragen dagegen nur 26 Prozent der finanziellen Folgen wirtschaftskrimineller Delikte. Im Durchschnitt entsteht pro betroffenes Unternehmen ein Schaden von 42.000 Euro, wenn leitende Angestellte die Täter sind, fällt er mit 68.000 Euro sogar deutlich höher aus.

Handel und Dienstleistung größte Opfer

Bei einer Differenzierung des Gesamtschadens nach Branchen trägt der Handel mit 1,9 Milliarden Euro die größte Last vor der Dienstleistungsbranche mit 1,3 Milliarden, dem verarbeitenden Gewerbe mit 715 Millionen und dem Bau mit nur 115 Millionen Euro. Handel und Dienstleistungen sind, gemessen an ihrem Anteil am Umsatz der deutschen Wirtschaft, überproportional betroffen, verarbeitendes Gewerbe und Bau unterproportional. Obwohl fast alle Unternehmen die Gefahr allgemein erkennen und häufig auch Opfer von Wirtschaftskriminalität werden, belegt die Studie von Euler Hermes, dass sie sich bislang nur sehr unzureichend davor schützen. Wenn überhaupt, dann werden technische Möglichkeiten genutzt. So haben 88 Prozent der Unternehmen Sicherheitssysteme zum Schutz von elektronischen Daten installiert. 72 Prozent antworten allerdings mit nein auf die Frage, ob es eine spezielle Person oder Abteilung im Unternehmen gibt, um wirtschaftskriminellen Handlungen auf die Spur zu kommen. "Es scheint, als ob die deutsche Wirtschaft sich an Wirtschaftskriminalität gewöhnt hat – nur so lässt sich die Kluft zwischen Risikowahrnehmung und Vorsorge erklären. Dabei besteht vor allem für mittelständische Unternehmen eine wachsende Gefahr, die zu Unrecht unterschätzt wird", so Gerd-Uwe Baden, Vorstandsvorsitzender der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG.


 

Kommentare zu diesem Beitrag

Peter /11.11.2008 19:14
Interessanterweise kommt der "typische Wirtschaftskriminelle" nicht nur in etwa 60 Prozent aller Fälle von außen, sondern auch nicht selten aus der Führungsetage. Der "typische Täter" ist männlich (93 Prozent), im mittleren oder Top-Management (64 Prozent), zwischen 31 und 50 Jahren alt (73 Prozent) und gebildet. ;-)
Petra /11.11.2008 20:49
Auffällig ist auch die männliche Dominanz bei den Zockern im Zusammenhang mit der aktuellen Finanzkrise ...
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