Tagebuch eines Risikomanagers: Management by brain


Vor wenigen Tagen konnte man es einmal mehr im Handelsblatt lesen: Risikomanagement ist en vogue. Kranke Vögel, Russland dreht den Gashahn zu, Panik legt Börse in Tokio lahm, Muskelspiele im Iran …

Und auch die Manager werden mit immer neuen regulatorischen Vorgaben versorgt (SOX, BilKoG (Bilanzkontrollgesetz), BilReG (Bilanzrechtsreformgesetz), AnSVG (Anlegerschutzverbesserungsgesetz), APAG (Abschlussprüferaufsichtsgesetz), UMAG (Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts), KapMUG (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes), DCGK (Deutscher Corporate Governance Kodex) et cetera et cetera.

Wer hat da noch Lust zu entscheiden?

Das Handelsblatt sieht – korrekterweise – das Risiko, dass Manager künftig durch Risikosimulationsprogramme ersetzt werden. Insbesondere bei Finanzdienstleistern ist dieses Risiko real. Risiko wird – überspitzt formuliert – reduziert auf die Auswahl von Parametern der Gauß’schen Normalverteilung oder einer anderen theoretischen Verteilungsfunktion.

In der Praxis des Risikomanagements bestimmen heute vor allem statistische und stoachastische Methoden den Werkzeugkasten des Risikomanagers. Nie waren die Methoden und Technologien zur Identifizierung und Messung von Risiken fortgeschrittener als heute. Finanzmarkttheoretische und versicherungsmathematische Modelle bilden mikro- und makroökonomische Parameter ab und versuchen Risiken proaktiv sichtbar zu machen.

Und auch die regulatorischen Rahmenbedingungen hatten in der Vergangenheit primär die quantitative Seite des Risikomanagements im Fokus. So werden vor allem Verhaltensrisiken ausgeblendet. In den vergangen Jahrzehnten wurden die Risikomodelle – insbesondere im Finanzdienstleistungsbereich – immer granularer und komplexer. Auf isolierten Risikoinseln untersuchen die Modelle und Methoden Teilaspekte der Risikolandkarte. Leider muss man heute erkennen, dass die Qualität der abgeleiteten Entscheidungen deutlich unterproportional mit dem Präzisionsgrad der Modelle zugenommen hat.

Man kann es auch anders formulieren: Auf der Detailebene eines Einzelrisikos erkannte man nun auf der einen Seite zwar die einzelnen Atome oder Quarks. Auf der anderen Seite wurden die Korrelationen zwischen den Einzelrisiken häufig nicht analysiert. So ging der Gesamtblick auf die Risikolandkarte verloren.

"Das Tagebuch eines Risikomanagers" finden Sie regelmässig auf dem Creditrefom-Portal!

 

 

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