Da lese ich in der Financial Times "German insurers 'not ready' for new solvency rules”. Nach Ansicht der FT sind "Germany's insurance companies are among the worst prepared in Europe for the start of new Solvency II capital rules, according to the authors of a new study."
Hmm, interessant! Aus der zitierten Studie kann man diese Erkenntnis zumindest nicht ableiten. Die zitierte Benchmark-Studie "Solvency II: Status Quo und Erwartungen" wurde der Versuch unternommen, darzustellen, wie gut die Assekuranz in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf das Projekt "Solvency II" vorbereitet ist und wo noch Handlungsbedarf besteht. Es wurde dort nicht behauptet, dass die deutschen Versicherer bei der Vorbereitung auf Solvency II dem europäischen Feld hinterherhinken.
Und die Ergebnisse der Studie waren eindeutig: Mit Solvency II steht der Versicherungswirtschaft eine tief greifende Umwälzung, ja ein Paradigmenwechsel ihrer unternehmenspolitischen Entscheidungsprozesse bevor. Oder um es anders zu formulieren: "Wer sich tiefgreifend mit den Auswirkungen befasst, wird erkennen, dass die Assekuranz an einer Weggabelung steht und sie zum Aufbruch in die Zukunft bereit sein muss.", so Dr. Bernhard Schareck, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) in seinem Vorwort zur Studie.
Die Ergebnisse der Benchmark-Studie lassen den klaren Rückschluss zu, dass sich die Assekuranz des Ausmaßes der anstehenden Veränderungen zwar zunehmend bewusst wird (Ein erfreuliches Ergebnis der Versicherungsbefragung zeigte sich etwa darin, dass Risikomanagement als Werttreiber wahrgenommen wird. 94 Prozent der befragten Unternehmen können der Aussage zustimmen, dass ein intelligentes Risikomanagement einen Wettbewerbsvorteil darstellt und wollen bei ihren Implementierungsbemühungen sogar über das von Solvency II geforderte Mindestmaß hinausgehen), sich aber ein immer noch bestehender Attentismus und reaktives Verhaltensmuster nicht verhehlen lässt. Die Initialzündung, um die sich abzeichnenden Neuerungen offensiv und proaktiv anzugehen, die künftige Entwicklung eigenverantwortlich mitzugestalten und die sich ergebenden Chancen energisch zu nutzen, ist in vielen Unternehmen anscheinend noch nicht erfolgt.
Und vor allem: Es geht nicht um das regulatorische Pflichtprogramm. So würde Solvency II recht schnell zu einem Papiertiger degradiert (dafür gibt es ja nun genügend Beispiele). Solvency II und Risikomanagement verfolgen keinen regulatorischen Selbstzweck. "Vielmehr muss es im ureigensten Interesse der Wirtschaft selbst liegen, für stürmische und turbulente Zeiten gerüstet zu sein und nicht zum Spielball interner oder externer Risiken zu werden.", so Dr. Thomas Steffen, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und Erster Direktor Versicherungsaufsicht, Stellvertretender Vorsitzender der Europäischen Versicherungsaufsichtskonferenz (CEIOPS). Denn: Rettungsboote werden nicht erst im Sturm gebaut."
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