Die weltweiten Krisengebiete sind auch die Brennpunkte des Terrorismus: Der Irak, Pakistan, Afghanistan, Indien, Somalia und der Jemen sind die Kriegsschauplätze der heutigen Zeit. Dies geht aus der Weltkarte der Terrorgefahren 2010 hervor, die der weltweit größte Versicherungsmakler Aon jetzt veröffentlichte. Das positive Ergebnis der Aon-Analyse: Die internationalen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung funktionieren. Sie schränken die Fähigkeiten der Terrorgruppen, verheerende Anschläge vom Ausmaß des 11. September 2001 zu verüben, stark ein. "Seit dem 11. September ist es Al-Qaida nicht gelungen, die nötige Stärke zu erlangen, um eine weitere Operation dieser Tragweite durchzuführen. Dies ist zum Teil auf die Entschlossenheit der Regierungen zurückzuführen, den internationalen Terrorismus auf vielen Ebenen militärisch bis finanziell zu bekämpfen. Was uns aber weiter Sorgen bereitet ist, dass Terroristen auch in Zukunft versuchen werden, Anschläge mit einer hohen Zahl von Opfern zu verüben und hierfür Schwarmtaktiken anwenden werden, so wie im November 2008 in Mumbai", sagt Sabrina Jestrich, Terrorexpertin von Aon in Deutschland.
Die Analyseergebnisse zeigen, dass vor allem Al-Qaida gezwungen ist, Netzwerke in den traditionellen Krisengebieten zu bilden. Solche Netzwerke und ihre Gefolgsleute in Europa und Nordamerika gäben weiterhin Anlass zur Sorge - obwohl bezogen auf die Anschlagshäufigkeit in den vergangenen Monaten eine leicht rückläufige Entwicklung zu verzeichnen sei. "Global betrachtet sind wir etwas sicherer vor Terror als im vergangenen Jahr - auch wenn der Unterschied gering ist. Aber er spiegelt den Druck wider, der auf die Terroristen ausgeübt wird, um zu verhindern, dass sie stärker werden. Tatsache ist, dass in Afghanistan, Pakistan und im Irak Fortschritte gemacht werden und dass Al-Qaida dadurch gezwungen ist, sich auf unfähigere Gefolgsleute vor Ort zu verlassen, weil das Terrornetzwerk um den Erhalt einer zusammenhängenden Organisationsstruktur kämpfen muss, wenn es unter konstantem militärischen Druck steht", so Terrorexpertin Jestrich. Offenbar suchten sich die Dschihadisten-Gruppen dann, wenn in ihren bevorzugten Gebieten der Druck auf sie erhöht wurde, neue Stützpunkte und Verbündete in Ländern, die über begrenzte Möglichkeiten verfügten, gegen sie vorzugehen.
Die Weltkarte der Terrorgefahren bildet Daten aus dem sog. Terrorism Tracker ab, einem Programm, das weltweite Indikatoren für Gefährdungen durch Terror erfasst - darunter terroristische Anschläge, Pläne, offizielle Verlautbarungen und staatliche Gegenmaßnahmen. Die ermittelten Ergebnisse stellen eine Momentaufnahme des Gewaltpotenzials von Terrorgruppen in über 200 Ländern dar. Dabei wird jedem Land eine Gefährdungsstufe zugeordnet: gering, leicht erhöht, erhöht, hoch oder sehr hoch. Der jeweilige Gefährdungsgrad wird ermittelt, indem jedem Land ein Wert zugeordnet wird, der für 2010 auf folgenden Gefährdungsindikatoren basiert:
- Hinweise auf bekannte und aktive Gruppen oder Netzwerke, die im jeweiligen Land operieren
- Absichten und benannte Ziele dieser Gruppen oder Netzwerke
- Beobachtungsergebnisse zu den terroristischen Aktivitäten dieser Gruppen oder Netzwerke, einschließlich der Zielauswahl und des Ausmaßes dieser Aktivitäten
- Die operativen Fähigkeiten dieser Gruppen oder Netzwerke, Anschläge auszuüben
- Die zu erwartende Beeinträchtigung der Terrormöglichkeiten aufgrund der derzeitigen im jeweiligen Land von staatlicher Seite getroffenen Maßnahmen zur Terrorbekämpfung
Die USA sind auch auf der diesjährigen Weltkarte als Land mit erhöhtem Risiko ausgewiesen. "In diesem Jahr wurde wesentlich mehr über Zellen und einzelne Personen, die innerhalb der USA operieren, in Erfahrung gebracht", sagt Sabrina Jestrich. Eine ganze Reihe von Vorfällen mit terroristischem Hintergrund im Laufe des Jahres 2009, darunter das Massaker in Fort Hood, das vereitelte Flugzeugattentat von Detroit am Zweiten Weihnachtsfeiertag und der Bombenalarm am New York Times Square im vergangenen Monat, habe dazu beigetragen, dass die USA innerhalb der erhöhten Gefährdungsstufe noch weiter nach oben gerutscht seien.
Darüber hinaus sei weiterhin mit einer signifikanten Präsenz von Terrorgruppen in Nord- und Ostafrika zu rechnen, unter anderem in Algerien, Mali, Somalia und im Jemen. Auch in Ländern wie Nordirland, Griechenland, Russland, Argentinien und Chile, die historisch bedingt vom Terrorismus betroffen sind, wurde in jüngster Zeit eine Zunahme terroristischer Vorfälle verzeichnet.
Die Weltkarte der Terrorgefahren 2010 von Aon zeige auch, dass die neuen Fronten im Kampf gegen den Terrorismus nicht die einzigen Aspekte seien, die Regierungen und Unternehmen berücksichtigen müssten, um zu gewährleisten, dass ihre Bürger und Mitarbeiter sicher blieben. "2009 und 2010 waren bisher für Terrorgruppen Zeiten taktischer Neuerungen. Während der letzten Monate des Jahres 2009 gab es zwei Versuche, Anschläge mit in der Unterwäsche versteckten Bomben zu verüben. Hierbei handelt es sich um eine vor kurzer Zeit neu entwickelte Taktik, die dazu gedacht ist, bestimmte Arten von Sicherheitskontrollen zu umgehen, wie sie zum Beispiel an Flughäfen üblich sind. Zudem haben wir festgestellt, dass es immer mehr Selbstmordattentäter gibt, die nicht in das jeweils erwartete Profil passen. In den USA hat zum Beispiel eine blonde, blauäugige zum Islam konvertierte Frau damit gedroht, einen Anschlag zu verüben", so Jestrich.
Die Terrorexpertin hat klare Handlungsempfehlungen für ihre Kunden: "Wir ermutigen Unternehmen dazu, Sicherheitsrisikokontrollen durchzuführen, die an die für ihr Personal und ihre Vermögenswerte bestehende Gefährdung angepasst sind. Hierzu müssen die Unternehmen in einem ersten Schritt, basierend auf der Risikobewertung eines Experten, ihre Schwachstellen identifizieren und den Gefährdungsgrad verringern. Um die Auswirkungen etwaiger Anschläge zu vermindern, haben Unternehmen zudem die Möglichkeit, eine entsprechende Versicherung abzuschließen und so ihr Risiko teilweise oder vollständig abzutreten."
[Bildquelle: iStockPhoto]
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