Eine Zeitreise in unsere digitale Zukunft

Übermorgen


Jörg Eugster (2017): Übermorgen – Eine Zeitreise in unsere digitale Zukunft, Midas Verlag, Zürich 2017, ISBN: 978-3-907100-73-8 Rezension

Die Frage ist nicht, welche Branchen und Unternehmen von der digitalen Transformation betroffen sein werden, sondern zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Intensität dies passiert, so der Autor Jörg Eugster. Es geht somit darum, wie sich ein Unternehmen strategisch aufstellen muss, um die Digitalisierung gewinnbringend gestalten zu können und eben nicht von neuen und disruptiven Geschäftsmodellen überrollt zu werden.

Wir stecken mitten in einer der größten Veränderungen der Menschheit, so die klare Diagnose des Autors im Vorwort zum Buch. Das Internet der Dinge oder die vierte industrielle Revolution sind heute für viele in der Regel eher Schlagworte. Doch die digitale Transformation hat mittlerweile alle Branchen erfasst. In dem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie man agieren oder darauf reagieren soll. In den nächsten Jahren werden wir uns noch mehr mit Themen wie 3D-Druckern, Transportdrohnen und humanoiden Robotern, selbstfahrenden Autos, Artificial Intelligence (etwa im Risikomanagement), Augmented und Virtual Reality, Funkchips und Voice Recognition auseinandersetzen (müssen).

Das Buch beginnt im Jahr 2030. Den Rahmen des äußerst praxisorientierten und gut lesbaren Buches bildet ein Dialog zwischen dem Jungen Luva und seinem Großvater über die Vergangenheit (unsere jetzige Gegenwart) und über die Gegenwart (unsere Zukunft). Wir lernen so den Individualverkehr, den öffentlichen Nachverkehr, das Einkaufen, die Schule und die Matrix I und II im Jahr 2030 kennen. Gleich zu Beginn des Buches stellt der Autor klar, dass er sich keineswegs als Zukunftsforscher betrachte, da niemand die Zukunft voraussehen kann. Das zweite Kapitel endet mit einer Warnung vor selbst ernannten Zukunftsforschern. Jörg Eugster betrachtet sich selber eher als Zukunftsbotschafter mit der Mission, die digitalen Megatrends darzustellen. Oder anders formuliert: Der Autor skizziert diverse potenziellen Szenarien für die digitale Zukunft über die es sich lohnt etwas intensiver nachzudenken.

Ein Beispiel: Jörg Eugster diskutiert in Kapitel 2 exemplarisch die Zukunft des Hausarztes. Welche Szenarien sind hier denkbar, wenn beispielsweise Watson, ein IBM-Computerprogramm aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz (benannt nach Thomas J. Watson, einem der ersten Präsidenten von IBM) bereits heute viel besser diagnostizieren kann als ein menschlicher Arzt. Watson kennt alle medizinischen Studien oder hat in Sekundenschnelle Zugriff auf diese und kann dank künstlicher Intelligenz eine Diagnose treffen. Vielleicht wird nicht unbedingt die Zahl der Hausärzte zurückgehen, sondern die Zahl der Spezialisten. Möglicherweise benötigen wir zukünftig mehr Generalisten und weniger Spezialisten. Vielleicht benötigen wir auch Ärzte, die die durch Watson empfohlenen Diagnosen und der Therapien kritisch hinterfragen. Vielleicht benötigen wir zukünftig auch Querschnittswissen aus Medizin und Informatik.

Im dritten Kapitel werden die wichtigsten digitalen Trends beschrieben, die uns derzeit und in Zukunft beschäftigen werden. Alle Inhalte werden regelmäßig überarbeitet und können im Internet kostenfrei gelesen werden. Hier geht es um Themen wie Internet of Things (IoT), selbstfahrende Autos, die Zukunft des Transportwesens, 3D-Drucker, Robotics, Drohnen, künstliche Intelligenz, Cloud-Computing, Augmented Reality und Virtual Reality. Die vielen Praxisbeispiele und Abbildungen machen die Lektüre zu einem Vergnügen und liefern dem Leser neue Einsichten in die Potenziale der digitalen Zukunft.

Folgerichtig setzt sich das anschließende Kapitel 4 mit den Andersdenkenden von heute auseinander, die den Umsatz von morgen machen werden. Hierbei erläutert der Autor den Begriff der Disruption. Allgemein wird unter einer disruptiven Entwicklung eine Innovation verstanden, die eine bestehende Technologie, ein bestehendes Produkt oder eine bestehende Dienstleistung vollständig verdrängt. Im Kern handelt es sich jedoch eher um eine konstruktive Störung, d.h. eine "disruptive Information", die zu einer Veränderung anregt und Unternehmen aufrütteln sollte ihr eigenes Geschäftsmodell auf den Prüfstand zu stellen. Der Autor skizziert – basierend auf einer "Disruption Map" – die Disruptionspotentiale am Beispiel der Bankenbranche.

Das fünfte Kapitel setzt sich mit den Folgen der Digitalisierung für uns Menschen auseinander und versucht die Frage zu beantworten, wie man sich hier strategisch intelligent verhalten sollte. Die gesellschaftlichen Folgen werden hier vom Autor bewusst ausgeklammert. Denn die Digitalisierung wird massive Auswirkungen auf das Zusammenleben der Menschen haben. Welche psycho-sozialen Effekte sind zu erwarten? Können diese Effekte zu größeren sozialen Konflikten führen? Führt die Digitalisierung für mehr Ungleichheit? Das sind nur einige wenige wichtige Fragen, mit denen wir uns im Kontext Digitalisierung auseinandersetzen müssen.

Im sechsten Kapitel diskutiert Jörg Eugster die Umwandlung der Unternehmensstrategie in eine digitale Unternehmensstrategie und wir Unternehmen sich auf den digitalen Tsunami vorbereiten sollten. Der Autor liefert konkrete Hilfestellungen, etwa bei der Erstellung einer Digitalstrategie.

Fazit: Das Buch nimmt den Leser mit auf eine sehr praxisorientierte und äußerst unterhaltsame Zeitreise in die digitale Zukunft. Insbesondere die Kapitel 3 und 4 regen zum Nachdenken an und liefern viele Impulse für die (Weiter-)Entwicklung einer unternehmensweiten Digitalisierungsstrategie. Das besondere an der Veröffentlich ist, dass das Buch regelmäßig aktualisiert wird und "lebt". Alle Inhalte können hier in einer aktualisierten Form gelesen und diskutiert werden. Gegenüber dem gedruckten Exemplar hat dies zudem den Vorteil, dass multimediale Inhalte und Videos direkt eingebunden sind.

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