Anlässlich der Sitzung des EZB-Rats am 16. Dezember 2021 fordert ein hochrangiger Kreis um die ehemaligen Ministerpräsidenten und Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück und Edmund Stoiber die Europäische Zentralbank zu mehr Anstrengungen zur Reduzierung der gestiegenen Inflationsrate auf. Stoiber und Steinbrück: "Die EZB vernachlässigt ihre ureigene Aufgabe der Wahrung der Preisstabilität, indem sie ihre ultralockere Geldpolitik trotz steigender Inflationsraten nicht anpasst. Das Risiko ist groß, dass sich – entgegen der Annahme der EZB einer temporären Entwicklung – Inflationserwartungen verfestigen und damit die Inflation weiter treiben". Der Rücktritt des Stabilitätsankers im EZB-Rat, Bundesbankpräsident Weidmann, müsse eine Mahnung sein. "Wir erwarten vom EZB-Rat, in seiner Sitzung ein klares Signal für eine geldpolitische Wende zu setzen und in einem ersten Schritt die Anleihekäufe substanziell zurückzuführen." Stoiber und Steinbrück fordern den Deutschen Bundestag auf, die Aktivitäten der EZB kritisch zu begleiten. Es sei fraglich, ob sich die EZB noch im Rahmen ihrer geldpolitischen Kompetenz bewegt oder schon aktive Wirtschafts- und Finanzpolitik betreibt. Eine solche Lenkungsfunktion entspräche aber nicht ihrem Auftrag und entzöge sich einer demokratischen Legitimation.
Die massiv gestiegene Inflationsrate von mittlerweile deutlich über fünf Prozent in Deutschland, so Stoiber und Steinbrück, führten zu einer Belastung vor allem der schwächeren sozialen Schichten: "Über die Entwertung von Spareinlagen durch die Nullzinspolitik hinaus reißen steigende Energie- und Lebensmittelpreise große Löcher in die Kassen der Geringverdiener. Die Geldpolitik der EZB ist daher unsozial. Sie bevorzugt die Starken und vernachlässigt die Schwachen."
Zudem führten die Staatsanleihekäufe in Verbindung mit der Nullzinspolitik der EZB zu falschen Anreizen für eine höhere Verschuldung in der Eurozone. Eine uferlose Rücksichtnahme auf hochverschuldete Staaten dürfe es aber nicht geben. Stoiber und Steinbrück: "Die EZB fördert die Illusion, auch ohne wachstumsstärkende Reformen steigende Staatsausgaben dauerhaft zu Null- und Negativzinsen finanzieren zu können. Je später die EZB die notwendige zinspolitische Wende einleitet, umso negativer fallen die wirtschafts- und finanzpolitischen Konsequenzen aus."
Das Fazit des Arbeitskreises um Stoiber und Steinbrück: "Die vielfältigen Nebenwirkungen rechtfertigen die Fortführung der ultraexpansiven Geldpolitik der EZB-Politik nicht mehr. Die EZB muss das Volumen der Anleihekäufe schrittweise, aber zügig senken und die aufgeblähte Geldmenge wieder reduzieren."
Dem Gesprächskreis gehören folgende Persönlichkeiten an:
- Paul Achleitner, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank
- Roland Berger, ehemaliger CEO der Roland Berger Strategy Consultants
- Reinhold Bocklet, früherer Bayerischer Europaminister
- Nikolaus von Bomhard, Aufsichtsratsvorsitzender der Münchner Rück
- Christine Bortenlänger, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Aktieninstituts
- Kurt Faltlhauser, ehemaliger Bayerischer Finanzminister
- Ulrich Grillo, ehemaliger Vorsitzender des Bundesverbandes der Deutschen Industrie
- Ulf Heitmüller, Vorsitzender des Vorstandes der VNG AG
- Roland Koch, ehemaliger hessischer Ministerpräsident
- Günther Oettinger, ehemaliger Vizepräsident der EU-Kommission und Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg
- Wolfgang Reitzle, Chairman von Linde
- Hans-Werner Sinn, ehemaliger Leiter des ifo-Instituts
- Peer Steinbrück, Bundesfinanzminister a.D.
- Edmund Stoiber, ehemaliger Bayerischer Ministerpräsident
- Linda Teuteberg, MdB und frühere Generalsekretärin der FDP
- Antje Tillmann, MdB und finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
- Klaus Töpfer, Bundesumweltminister a.D.
- Marcus Vitt, Vorstandssprecher der Privatbank Donner & Reuschel
- Franz-Christoph Zeitler, ehemaliger Vizepräsident der Deutschen Bundesbank