Ifo-Geschäftsklima

Unternehmen trotz EU-Krise überraschend optimistisch


Unternehmen trotz EU-Krise überraschend optimistisch News

Das Geschäftsklima in der deutschen Wirtschaft hat im Juni der Staatsschuldenkrise im Euroraum und schwachen US-Konjunkturdaten getrotzt. Wie das Münchener ifo Institut für Wirtschaftsforschung mitteilte, stieg der Geschäftsklimaindex auf 114,5 Punkte, nachdem er im Vormonat bei 114,2 gelegen hatte. Es war der erste Anstieg seit drei Monaten. Damit liegt das ifo-Geschäftsklima weiterhin auf einem außerordentlich hohen Niveau, was ein Wachstum oberhalb der Trendrate erwarten lässt. Im Februar hatte der Index mit 115,4 Punkten ein Allzeithoch verzeichnet.

Der Index zur Beurteilung der aktuellen Lage der rund 7.000 befragten Unternehmen erhöhte sich im Juni auf 123,3 Punkte, im Vormonat hatte er bei revidiert 121,5 (vorläufig: 121,4) notiert. Die Prognose der Ökonomen hatte auf einen Stand von 121,0 gelautet. Der Index für die Geschäftserwartungen sank auf von 106,3 (107,4) im Vormonat. Die befragten Volkswirte einen Rückgang auf 106,4 erwartet. "Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem robusten Aufschwung", kommentierten die Münchener Konjunkturforscher die Daten.

ifo Geschäftsklima Juni 2011 (Quelle: ifo Konjukturtest)

Das Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe war im Juni unverändert gut. "Die bisher schon ausgezeichnete Geschäftslage der Industrieunternehmen hat sich im Juni nochmals verbessert. Die Geschäftserwartungen der befragten Firmen sind aber erneut weniger positiv. Vom Auslandsgeschäft rechnen sie sich zwar weiterhin Impulse aus, sie sind aber hinsichtlich des Exports bei weitem nicht mehr so optimistisch wie bisher", hielt das ifo Institut fest. ifo-Volkswirt Klaus Abberger sprach von "deutlich vorsichtigeren" Exporterwartungen.

Hohe Auftragsbestände wirken als Sicherheitsnetz für die deutsche Volkswirtschaft

Nach Einschätzung von ING-Volkswirt Carsten Brzeski ist die deutsche Volkswirtschaft derzeit in einem so guten Zustand, dass ihr die globale Wachstumsabschwächung noch nichts ausmacht. "Die hohen Auftragsbestände wirken als Sicherheitsnetz für die Produktion, und die Erzeugung schwenkt von der Exportorientierung zu inländischen Investitionen um", analysierte er. Allerdings erwartet auch Brzeski, dass das schwächere US-Wachstum und die nicht enden wollende griechische Schuldenkrise letztlich ihren Tribut fordern werden. Vor diesem Hintergrund hält er - wenn wohl auch nur symbolische - Steuersenkungen für eine angemessene Geste zur Ankurbelung des Konsums.

"Der ifo Index trotzt allen globalen Unwägbarkeiten", konstatierte Alexander Krüger, Volkswirt beim Bankhaus Lampe. Andere Indikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes hätten schon nach unten gedreht, beim ifo-Index sei das nicht der Fall, meinte Krüger, der aber für die kommenden Monaten einen Rückgang dieses wichtigsten deutschen Konjunkturfrühindikators erwartet. "Trotzdem werden wir im zweiten Halbjahr ein Wachstum oberhalb der Trendrate haben", prognostizierte er.

Auch Dirk Schumacher, Volkswirt bei Goldman Sachs, verwies darauf, dass der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe im Gegensatz zum Ifo-Index im Juni zurückgegangen sei. "Wahrscheinlich lässt sich das mit Unterschieden bei der Erhebung erklären, bei den PMI-Umfragen werden nur große Unternehmen berücksichtigt, deren globale Ausrichtung sie anfälliger für Schwankungen in der globalen Nachfrage machen", kalkulierte er. Auf der anderen Seite deute der Anstieg des Service-PMI auf eine robuste Binnennachfrage hin, die Deutschland bis zum gewissen Grade von den schwieriger werdenden internationalen Umfeld abschirme.

Commerzbank-Volkswirtin Ulrike Rondorf plädierte dafür, zur Beurteilung der Konjunkturaussichten eher die ifo-Erwartungen isoliert zu betrachten. "Hier hat der wichtige mehrmonatigen Durchschnitt wie auch bei den anderen deutschen Frühindikatoren nach unten gedreht. Dies hat in der Vergangenheit recht zuverlässig eine konjunkturelle Wende signalisierte", argumentierte sie. So habe sich etwa sechs Monate nach einer Wende von ZEW und ifo-Erwartungen das Wachstum der Industrieproduktion normalisiert, es sei im Vergleich zur Vergangenheit nicht mehr überdurchschnittlich ausgefallen.

ifo Konjunkturuhr Deutschland

Risiken im internationalen Umfeld

Risiken erkennt der ifo-Experte vor allem im internationalen Umfeld. Zuletzt habe sich gerade die Situation in den USA wieder zugespitzt. "Dort sieht man im Moment eine sehr unsichere Entwicklung", sagte Abberger. Ein weiteres Risiko bleibe der Ölpreis, der einen Risikoaufschlag enthalte und nicht nur nachfragegetrieben sei. Durch die gestrige "politische Reaktion" der Inanspruchnahme der Ölreserven sei der Preis gesunken. "Das kann ein bisschen beruhigend für die Konjunktur sein, dass die Risikoaufschläge beim Ölpreis etwas reduziert werden", sagte Abberger.

Die Schuldenkrise in Europa berge zudem nach wie vor Risiken für Deutschland. "Das ist auch weiterhin eine ganz heikle und schwierige Entwicklung", sagte der ifo-Experte. Momentan schlage die EU-Schuldenproblematik aber noch nicht auf die deutsche Realwirtschaft durch. "Die Unternehmen lassen sich davon noch nicht stark beeindrucken, weil die betroffenen Länder natürlich auch recht klein sind", sagte Abberger.

Deutschland habe momentan den Status eines relativ "stabilen Hafens". Das mache Deutschland attraktiv. "Aber das kann sich auch umkehren, wenn plötzlich die Meinung herrscht, das Problem ist so groß, dass es auch für Deutschland finanziell ein Brocken wird", sagte der ifo-Abberger.

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Einschätzung von Abberger im Juli die Zinsen um 25 Basispunkte erhöhen. "Ich denke, sie wird relativ vorsichtig vorgehen", sagte der ifo-Experte. Er gehe zudem davon aus, "dass sie im Herbst weitere Schritte folgen lässt". Dabei werde sie wegen der unsicheren und teils widersprüchlichen Datenlage zur Konjunkturentwicklung im Euroraum vermutlich "ein Stück auf Sicht" und auf jeden Fall sehr vorsichtig vorgehen. "Wenn die Konjunkturentwicklung jedoch so weiter verläuft, dürfte sie noch mehrere Zinserhöhungen im Herbst vornehmen", sagte Abberger.

Der Euro dürfte aus Sicht des ifo-Experten in der nächsten Zeit nicht deutlich fallen, zumal wenn von weiteren Zinserhöhungen ausgegangen werde. "Das ist etwas, das den Euro zumindest stützt, wenn nicht stärkt", sagte Abberger. Insgesamt sehe er sogar eher Gründe, die für einen Euroanstieg als eine Abwertung sprächen. "Es könnte sein, dass wir die Euro-Schuldenkrise besser als gedacht in den Griff bekommen, und dann wäre beim Euro noch Luft nach oben", sagte Abberger. Zudem sei die Budgetsituation in den USA sehr angespannt und Zinserhöhungen dürften dort noch auf sich warten lassen. "Von daher würde ich (bei der Beurteilung der Euro-Entwicklung) eher nach oben als nach unten tendieren", sagte der ifo-Experte.

 

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Kommentare zu diesem Beitrag

Jo /26.06.2011 23:39
wie wuerde die wirtschaft erst brummen, wenn der eiertanz der politik nicht waere ;-( die unternehmen haben sich waehrend der krise fit gemacht ... waehrend die politik weiterhin die faehnlein so in den wind haelt, wie es den waehlern gefaellt. grauenvoll ...
RiskNET Redaktion /28.06.2011 08:36
+++ Deutscher Konsumklimaindex steigt im Juli unerwartet +++

Das deutsche Konsumklima hat sich unerwartet aufgehellt. Wie die GfK-Gruppe am Dienstag mitteilte, stieg der von ihr für Juli berechnete Konsumklimaindex auf 5,7 Punkte von revidiert 5,6 (vorläufig: 5,5) Punkten im Juni. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten einen Rückgang auf 5,4 Zähler prognostiziert.

Laut GfK haben die ungebrochene Dynamik der deutschen Wirtschaft sowie die weitere Belebung auf dem Arbeitsmarkt die Konjunkturaussichten moderat und die Einkommenserwartungen der Bundesbürger stark ansteigen lassen. Auch die Anschaffungsneigung habe ihre Verluste aus dem Vormonat mehr als kompensiert. "Damit gewinnen die guten Rahmendaten wie die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und das gute Wirtschaftswachstum wieder die Oberhand über die 'Störfaktoren' Fukushima sowie die Situation im Nahen Osten und Griechenland", konstatierte die GfK.
RiskNET Redaktion /06.07.2011 15:59
+++ Deutscher Auftragseingang steigt im Mai unerwartet kräftig +++

Der Auftragseingang der deutschen Industrie ist im Mai wegen überdurchschnittlich vieler Großaufträge aus dem Inland und trotz einer rückläufigen Nachfrage aus dem Ausland unerwartet deutlich gestiegen. Wie das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) am Mittwoch auf Basis vorläufiger Daten mitteilte, erhöhten sich die Bestellungen preis- und saisonbereinigt um 1,8% gegenüber dem Vormonat. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten demgegenüber mit einem Rückgang der Nachfrage um 0,5% gerechnet. Für den Vormonat April revidierte das BMWi den vorläufig gemeldeten Anstieg von 2,8% aufwärts auf ein Plus von nunmehr 2,9%.

"Der Anteil an Großaufträgen war stark überdurchschnittlich, was sich insbesondere in der Nachfrage nach inländischen Investitionsgütern niederschlug", kommentierte das BMWi die Entwicklung im Mai. Die Bestellungen aus dem Inland erhöhten sich um 11,3%. Die Nachfrage aus dem Ausland hingegen drehte deutlich ins Minus und schlug mit einem Orderrückgang von 5,8% zu Buche.

Die größte Nachfrage gab es im Mai nach Investitionsgütern, die ein Plus von 2,4% verzeichneten. Dabei stiegen die Orders von Investitionsgütern aus dem Inland um 20,0%, wohingegen die Nachfrage aus dem Ausland nach Investitionsgütern um 8,3% zurückging. Die Auftragseingänge für Vorleistungsgüter erhöhten sich um 1,6%. Die Bestellungen für Konsumgüter gingen im Mai um 1,5% zurück.

Die Nachfrage nach industriellen Erzeugnissen nehme weiter zu, heißt es aus dem BMWi. Erneut hätten Großaufträge diese Entwicklung maßgeblich gestützt. Auch der kräftige Nachfrageimpuls aus dem Inland gehe auf Großaufträge zurück. "Insgesamt ist der Aufwärtstrend bei den Auftragseingängen trotz dämpfender Auslandsnachfrage weiter intakt, so dass auch die Perspektiven für die Industrieproduktion günstig bleiben", schreiben die BMWi-Experten.
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