Die deutsche Wirtschaft hat laut einer Studie noch erheblichen Nachholbedarf, die Einhaltung grundlegender Menschenrechte in ihren Lieferketten nachzuweisen. Von den 20 umsatzstärksten deutschen Unternehmen habe keines vollumfänglich darstellen können, wie es die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte erfülle. Das teilte das britische Business & Human Rights Resource Centre unter Verweis auf eine entsprechende Erhebung mit. 18 von 20 deutschen Firmen hätten nicht ausreichend erklärt, wie sie die Einhaltung dieser Kriterien managten und überprüften.
Ausnahmen bildeten nur der Autobauer Daimler und Siemens. Der Technologiekonzern habe 14,5 von 24 möglichen Punkten auf der Skala erreicht (60 Prozent) und damit noch am besten abgeschnitten. Die schlechtesten Ergebnisse erreichten die Deutsche Post DHL, RWE und die Deutsche Bank. Der Volkswagen-Konzern findet sich mit 10 von 24 Punkten im Mittelfeld wieder. Die Deutsche Bank bildet mit 6 ereichten Punkten von 24 möglichen das Schlußlicht. Weder hätten die untersuchten Unternehmen Arbeitsrechte in ihren Lieferketten erwähnt noch auf mögliche Beschwerdemechanismen verwiesen.
Von einem "enttäuschenden Bild" sprach der Chef des Resource Centers, Phil Bloomer. Zahlreiche deutsche Unternehmen, die derzeit von der Bundesregierung beurteilt werden, würden sehr wahrscheinlich nicht die Anforderungen der Regierung erfüllen. "Das würde eine Antwort des Bundestags nötig machen", so Blomer.
Hintergrund ist eine schriftliche Befragung zur Umsetzung des "Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte". Den Aktionsplan hatte die Bundesregierung 2016 ins Leben gerufen, um stärker gegen mögliche Ausbeutung und Kinderarbeit in den globalen Wertschöpfungsketten vorzugehen. Demnach müssen bis 2020 mindestens die Hälfte der deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt in ihre Unternehmensprozesse integriert haben. Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag die "konsequente Umsetzung" des Aktionsplans in Aussicht gestellt. Das Auswärtige Amt hatte dafür im Sommer 1800 zufällig ausgewählte Unternehmen kontaktiert und ihnen bis Ende Oktober Zeit zur freiwilligen Beantwortung gegeben. Im Frühjahr 2020 soll die Befragung wiederholt und die Ergebnisse danach veröffentlicht werden.
Der Menschenrechtsexperte Blomer betonte, die Ergebnisse der britischen Studie machten schon jetzt verpflichtende staatliche Kontrollen nötig, sowohl in Deutschland als auch international. "Arbeiter und Gemeinden, die unter den Schäden leiden, die Unternehmen verursacht haben, können nicht länger warten."
Für die Studie wurden die öffentlich verfügbaren Informationen der 20 Unternehmen anhand der UN-Leitprinzipien untersucht. Diese umfassen Vorgaben in den Bereichen Unternehmensführung und Selbstverpflichtung, der sorgfältigen Kontrolle des Einhaltens von Menschenrechten und möglicher Beschwerdemechanismen.