US-amerikanische Finanzmarktrisiken auf Welttournee


Der momentane Zustand des Finanzmarktes zeigt, dass die weitere Entwicklung großen Unsicherheiten ausgesetzt ist, die insbesondere durch Meldungen aus den USA geschürt werden. Zweifel an der Überlebensfähigkeit der US-Hypothekenfinanzierer Freddie Mac und Fannie Mae sowie des Investmenthauses Lehman Brothers schrecken derzeit die Investoren ab. Der laut dem Magazin "Forbes" reichste Mann der Welt, Investor Warren Buffett, sagte dem Sender CNBC am Freitag, das Ausmaß der von Fannie und Freddie benötigten Hilfe sei derart groß, dass sie wohl kaum aus dem dem privaten Sektor kommen könne. Die Verlangsamung der US-Konjunktur werde bis ins Jahr 2009 andauern und stärker ausfallen als von vielen erwartet, sagte Buffett weiter. Die Bewältigung der Folgen der Krise am Markt für Wohnimmobilien werde Jahre dauern. Mit Blick auf Fannie Mae and Freddie Mac ergänzte der Investor, dass die beiden Unternehmen offensichtlich nach Hilfe suchten. Ihm sei nichts von irgendwelchen Plänen bekannt, doch könne man wohl in Kürze mit irgendeiner "Aktion" rechnen. Er sehe eine begründete Chance, dass das Aktienkapital der beiden Hypothekenfinanzierer "ausgelöscht" werde. Bis zum Verkauf der Anteile im Jahr 2001 sei seine Holding Berkshire Hathaway Inc der größte US-Anteilseigner beider Unternehmen gewesen. Analysten warnen davor, dass möglicherweise nicht nur die "normalen" Aktionäre von Fannie Mae und Freddie Mac unter einer möglichen Verstaatlichung der beiden Institute leiden würden. Getroffen würden von einer Rettungsaktion auch jene Banken, die so genannte Junior Debt hielten. Allerdings hätten bisher nur sehr wenige Banken ihr Engagement in diese Papiere von Fannie und Freddie freiwillig offengelegt. Bei den Papieren bestehe ein höheres Risiko, im Falle einer Rettung der Institute leer auszugehen als bei vorrangigen Schulden oder durch Hypotheken besicherten Papieren. Analysten der Researchfirma CreditSights schätzen das Volumen solch "anfälliger" Junior Securities auf rund 50 Mrd. USD, ein Großteil dürfte bei den Banken liegen.

Kollaps mehrerer US-Banken

Generell bereitet die Entwicklung der US-amerikanischen Bankenlandschaft der Branche auch außerhalb der Staaten große Sorgen. So wurde jetzt die US-Bank Columbian Bank & Trust mit Sitz in Kansas von den Aufsichtsbehörden des Bundesstaates geschlossen. Sämtliche Bankgeschäfte wurden mit sofortiger Wirkung an die staatliche US-Einlagensicherungsgesellschaft FDIC (Federal Deposit Insurance Corp) übertragen. Ende Juni verfügte das Finanzinstitut über 752 Mio. USD Bilanzaktiva und Einlagen im Volumen von 622 Mio. USD. Die Einlagen würden von der Citizens Bank and Trust Co übernommen, teilte die FDIC mit. Der Zusammenbruch der Columbian Bank ist der neunte Kollaps einer Bank in diesem Jahr, die dem Einlagensicherungsfonds des Bundes angehörte. Seit Juli war es laut FDIC der fünfte Zusammenbruch. Noch verursachen die Vorkommnisse keine systemischen Risiken, denn jene Banken, die in jüngster Zeit ihre Tore schließen mussten, spielen aus der Gesamtperspektive eine eher untergeordnete Rolle. Dennoch sind die Warnsignale bereits deutlich vernehmbar. Hinzu kommt, dass die von den USA ausgehende Abschwächung der Weltwirtschaft nun verstärkt in anderen Regionen und damit auch in Euroland spürbar wird und negative Nachrichten von der Konjunkturfront eine verunsichernde Wirkung bei Investoren hinterlassen.

Bankenschieflage auch in Dänemark

Darüber hinaus ist eine durch die Finanzkrise verursachte Bankenschieflage kein US-amerikanisches Spezifikum, wie auch die Marktlage in Europa zeigt. Die KfW Bankengruppe, Bund und Banken mussten insgesamt rund 10,5 Mrd. EUR zur Rettung der IKB aufwenden. Auch Dänemarks Zentralbank und ein Rettungsfonds der dänischen Finanzwirtschaft haben die in Schwierigkeiten geratene Roskilde Bank übernommen, um eine Kettenreaktion zu vermeiden. Die Prüfung eines Zwischenberichts hatte ergeben, dass die Roskilde Bank nicht mehr den Solvenzanforderungen genügt. Deshalb mussten die Nationalbank und der Notfonds das Kernkapital um rund 4,5 Mrd. DKK erhöhen. Die Nationalbank begründete den für dänische Verhältnisse sehr ungewöhnlichen Schritt damit, dass sich auf diese Weise die negativen Auswirkungen auf das Finanzsystem des Landes minimieren ließen. Die Regierung wird im Finanzausschuss des Folketings beantragen, dass die sich aus der Transaktion möglicherweise ergebenden Verluste der Nationalbank mit öffentlichen Mitteln ausgeglichen werden. Die Roskilde Bank war im Zusammenhang mit der internationalen Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten.

Überzogene Reaktionen unangebracht

Unter diesem Gesamteindruck mahnt der Bankenverband zu besonderer Vorsicht, warnt allerdings vor überzogenen Reaktionen. „Die deutsche Wirtschaft verliert gegenwärtig deutlich an Fahrt und steuert auf ein schwaches zweites Halbjahr zu“, sagt Prof. Dr. Manfred Weber, Geschäftsführender Vorstand des Bankenverbandes. Konjunkturelle Absturzszenarien, die den negativen Trend der Konjunkturindikatoren einfach fortschreiben, seien allerdings überzogen. Zum einen stehe die deutsche Wirtschaft heute auf einem besseren Fundament als nach dem New-Economy-Boom vor sieben Jahren. Zum anderen habe es bei zwei zentralen Belastungsfaktoren – den hohen Ölpreisen und dem hohen Euro-Kurs – in den letzten Wochen nennenswerte Korrekturen gegeben. Laut Weber dürften diese Korrekturen längere Zeit Bestand haben: „Der Ölpreis reagiert gegenwärtig stark auf die Abkühlung der Weltwirtschaft. Das ist ein wichtiger Unterschied zur Entwicklung nach dem ersten Ölpreisschock in den 1970er Jahren. Die Gefahr einer globalen Stagflation ist dadurch heute erheblich geringer als vor 30 Jahren.“ Moderate Lohnabschlüsse vorausgesetzt, hält es Weber für möglich, dass die Teuerungswelle in Deutschland und im Euro-Raum bereits im Herbst dieses Jahres ihren Höhepunkt hinter sich haben werde. „Die dann nach und nach geringere Inflation sollte dem privaten Konsum wieder mehr Halt geben.“ Die Abwertung des Euro schmälere zwar innerhalb der Währungsunion die in US-Dollar gerechneten Preisrückgänge beim Rohöl. Auf der anderen Seite stärke der niedrigere Euro-Kurs die preisliche Konkurrenzfähigkeit europäischer Unternehmen und sollte sich positiv auf die zuletzt stark gesunkenen Gewinnmargen der Unternehmen auswirken. „Das ist im Hinblick auf die Investitionsneigung der Unternehmen im Euro-Raum wichtig“, erläuterte Weber.

Warnung vor kurzfristigen Konjunkturprogrammen

Vor kurzfristigen Konjunkturprogrammen, wie sie derzeit diskutiert werden, warnte Weber. „Solche Programme entfalten ihre Wirkung regelmäßig zur falschen Zeit oder verpuffen relativ schnell. Zurück bleiben dann höhere Schulden, die alle Bürger und Unternehmen auf Dauer belasten.“ Anders sähe dies hingegen bei Wirtschaftsreformen aus, die langfristig angelegt sind und die Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung verbessern. Hier mahnte Weber dringend entschlossenes Handeln an: „Relativ zügig wäre eine weitere Entlastung beim Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung ohne neue Finanzierungslücken möglich. Hilfreich wäre auch ein überzeugendes Ergebnis der Föderalismuskommission II hinsichtlich einer Schuldenbremse und der Stärkung des föderalen Wettbewerbs. Dadurch würde der Wille zu einem wirklichen Kurswechsel in der Finanzpolitik nachdrücklich dokumentiert.“ Zudem seien jetzt schon die Vorarbeiten für eine Steuerreform und die weitere Umgestaltung der Sozialversicherungen in der nächsten Legislaturperiode zu leisten.


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