Auf Initiative der INTES Stiftung für Familienunternehmen und des Interessenverbandes "Die Familienunternehmer" hat eine 27-köpfige Kommission aus renommierten Familienunternehmern und Wissenschaftlern neue Leitlinien zur Führung von Familienunternehmen entwickelt. Der neue Kodex löst ein entsprechendes Werk aus dem Jahr 2004 ab. Noch deutlicher als zuvor setzen sich die Leitlinien von dem im Regierungsauftrag entwickelten "Deutschen Corporate Governance Kodex" ab. "Dieses Regelwerk ist für Familienunternehmen nicht geeignet", so die Meinung von Peter May und Familienunternehmer-Präsident Patrick Adenauer, unter deren Vorsitz das neue Pflichtenheft für Familienunternehmer entstand. Auftrag der Regierungskommission war es sicherzustellen, dass angestellte Manager kapitalmarktorientierter Aktiengesellschaften verantwortlich mit dem Unternehmen, d. h. dem Vermögen der Aktionäre, umgehen. Die Prinzipien für Familienunternehmen sollen hingegen sicherstellen, dass die Inhaber verantwortlich mit ihrem eigenen Unternehmen umgehen.
"Familienunternehmen findet man in unterschiedlichen Rechts- und Finanzierungsformen, in sehr unterschiedlichen Unternehmensgrößen und mit Inhaberstrukturen, die von wenigen bis zu mehreren hundert Personen reichen – dieser Vielfalt muss ein Governance Kodex Rechnung tragen", so May, der Honorarprofessor an der WHU – Otto Beisheim School of Management – in Vallendar ist. Der jetzt vorgelegte Kodex wird durch eine Kommentierung ergänzt, die dabei helfen soll, die allgemeinverbindlichen Grundsätze auf die jeweils individuelle Unternehmens- und Familienverfassung zu übertragen. Wie Kommissions-Vize Patrick Adenauer betont, wollten die Familienunternehmer ihre Verantwortung als Inhaber festschreiben: "Wir stehen zu unserer gesellschaftlichen Mitverantwortung und übernehmen nach dem ‚Familienunternehmer-Prinzip‘ auch das Risiko für unsere unternehmerischen Entscheidungen." Konkrete Auswirkungen habe dieses Bekenntnis beispielsweise auf das Thema Haftung, das in dieser Form neu im Kodex auftaucht. Haftungsregeln für die Unternehmensleitung und die Aufsichtsorgane sollten künftig explizit und eindeutig festgelegt werden.
Die Richtlinien und Empfehlungen des Governance Kodex für Familienunternehmen berücksichtigen die Unternehmenssphäre und die Familiensphäre gleichermaßen. Die Leitlinien enthalten beispielsweise Vorgaben zur Nachfolgeplanung in der Familie oder zeigen auf, wie durch rechtzeitig getroffene Maßnahmen Streitigkeiten in der Inhaberfamilie vermieden werden können, die sich negativ auf das Unternehmen auswirken könnten. Der Kodex verlangt eindeutige und objektiv nachvollziehbare Kriterien für Fälle, in denen Familienmitglieder in die Unternehmensleitung eintreten und fordert etwa Altersgrenzen für deren Tätigkeit. Er spricht sich zudem für die Einrichtung von Aufsichtsgremien aus, selbst wenn sie im Familienunternehmen nicht zwingend sind und gibt Empfehlungen zur Zusammensetzung und Qualifikation der Mitglieder. Ebenso formuliert er Prinzipien, um das rechte Maß für Ausschüttungen und Eigenkapitalquote zu finden.
Der Kodex und die Kommentierung sind auf der Website www. kodex-fuer-familienunternehmen.de abrufbar. Die Homepage ist zugleich ein neues Diskussionsforum für alle Themen, die Familienunternehmen betreffen, wobei Besucher ihrerseits Kommentare abgeben können. Einmal jährlich entscheidet die Kommission dann, welche Inhalte in die offizielle Kommentierung aufgenommen werden.
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