Die 20 mächtigsten Industrie- und Schwellenländer der Welt hatten bei ihrem Treffen am Freitag und Samstag in Schanghai viele grundsätzliche Diskussionen zur langfristigen Stärkung der Weltwirtschaft auf der Agenda. Doch im Mittelpunkt der Tagung der G20 standen einmal mehr vor allem die kurzfristigen Konjunkturaussichten. Verwunderlich war das angesichts von Marktturbulenzen und Unsicherheiten über die Wirtschaftsschwäche des Gastgebers China nicht.
Das Rezept der Finanzminister und Notenbankchefs der 20 Länder dagegen ist einfach - ob es wirkt, muss sich aber erst noch zeigen: Sie verordneten den Märkten einfach eine verbale Beruhigungspille. Sie erklärten, die weltweite Erholung setze sich fort, auch wenn die "Abwärtsrisiken und Anfälligkeiten" zugenommen hätten. Zugleich betonten sie aber, "dass das Ausmaß der jüngsten Marktvolatilität nicht die zugrunde liegenden Fundamentaldaten der Weltwirtschaft reflektiert hat", und kündigten obendrein eine bessere Abstimmung über die Wechselkurse an. Ausdrücklich erwarten die G20 weiter ein gemäßigtes Wachstum in den meisten Industrieländern und ein starkes in den wichtigsten Schwellenländern.
Schäuble und Weidmann loben Lage der Weltwirtschaft
Wie ein roter Faden zog sich das Bemühen durch die Veranstaltung, die Märkte durch Sprache nicht wie oft bei solchen Gelegenheiten zu verunsichern, sondern angesichts der Volatilität der vergangenen Wochen zu beruhigen. Besonders tat sich in Schanghai damit der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hervor. "Wir sind nicht im Krisenmodus," konstatierte er schon unmittelbar nach seiner Landung in der chinesischen Metropole. Um bei seiner Abschlusspressekonferenz festzustellen, es gebe überhaupt "keinen Anlass für eine Krise".
Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann bekräftigte dies und meinte, die Lage der Weltwirtschaft sei "besser als ihr Ruf" - jedenfalls an den Finanzmärkten. Und Schäuble kritisierte obendrein auch das Agieren der Marktteilnehmer. Ob es so einfach ist und solche Worte gegenüber dem Markt tatsächlich die erwünschte Wirkung zeigen, muss sich allerdings erst noch erweisen. Denn es ist nicht so, dass die Händler vor allem wegen unvorsichtiger und vielleicht widerstreitender Äußerungen von Politikern nervös geworden wären, wie das noch im Fall der Finanzkrise oder von Griechenland manchmal der Fall gewesen sein mag.
Hoffnungen auf schnelle Ausgabenprogramme enttäuscht
Ein Auslöser der jüngsten Marktturbulenzen waren die so nicht erwarteten Schwächezeichen der chinesischen Wirtschaft und die teilweise erratischen Handlungen der Verantwortlichen im Reich der Mitte, die sich bei der Erklärung ihrer Schritte vor allem durch Schweigen hervortaten. Das soll sich nun ändern, hat China in Schanghai angekündigt und eine klarere Kommunikation versprochen. Vielleicht beruhigt das die Märkte, wenn sie es wahrgenommen haben.
Wahrscheinlicher ist, dass die Marktteilnehmer realisieren werden, dass sich ihre Hoffnungen auf schnelle Augabenprogramme der G20 nicht erfüllen, die trotz einer geradezu sturen Haltung Schäubles dagegen die Börsen parallel zu dem Schanghaier Treffen beflügelten. Die G20 ließen hierzu zwar einen Weg offen, indem sie vage ankündigten, sie wollten "fiskalpolitische Flexibilität nutzen, um das Wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Vertrauen zu stärken". Ob das aber ausreicht, um die jüngste Markthoffnung weiterzutragen, wird sich erst noch zeigen.