Finanzkrise gefährdet geistiges Eigentum der Unternehmen

Verlust durch Datendiebstahl auf mehr als 770 Mrd. Euro geschätzt


In der Studie "Unsecured Economies: Protecting Vital Information" warnen Sicherheitsexperten und IT-Entscheider davor, dass die Gefährdung geschäftsentscheidender Informationen aufgrund der weltweiten Rezession nie so hoch war wie heute. Forscher des Center for Education and Research in Information Assurance and Security (CERIAS) der Purdue-Universität in West Lafayette im US-Bundesstaat Indiana befragten über 800 IT-Verantwortliche (CIOs) in den USA, Großbritannien, Deutschland, Japan, China, Indien, Brasilien und Dubai. Sie ermittelten, wo geistiges Eigentum und andere für die Strategieumsetzung relevanten Informationen ihren Ursprung haben, wo sie vorgehalten werden, wie sie übertragen werden und wie sie abhanden kommen können.

Die befragten Unternehmen schätzten, dass sie allein im Jahr 2008 geistiges Eigentum im Wert von insgesamt 4,6 Milliarden US-Dollar (rund 3,5 Mrd. Euro) verloren und rund 600 Millionen US-Dollar (460 Mio. Euro) zur Behebung von Schäden aus Datenlecks aufgewendet hatten. Hochgerechnet bedeutet dies, dass Unternehmen weltweit im vergangenen Jahr insgesamt mehr als eine Billion US-Dollar (770 Mrd. Euro) verloren haben.

"Unternehmen unterschätzen den Wert ihres geistigen Eigentums und die Bedeutung eines Verlusts", sagt Eugene Spafford, Informatikprofessor an der Purdue-Universität und Executive Director des CERIAS. "Vergleichbar mit Gold, Diamanten oder Erdöl ist geistiges Eigentum eine Art Währung, die international gehandelt wird. Ein Diebstahl macht sich daher ökonomisch empfindlich bemerkbar."

DeWalt, President und Chief Executive Officer von McAfee, weist ergänzend darauf hin, dass der weltweite Schaden von über einer Billion Dollar eher konservativ geschätzt sei. "Unser Bericht ist ein Weckruf. Es besteht die Gefahr, dass in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise in großem Stil überlebenswichtige Geschäftsinformationen verloren gehen. Kostendruck und der damit verbundene Personalabbau führen zu laxeren Sicherheitsvorkehrungen in den Unternehmen und öffnen Verbrechern die Tür. Unternehmen dürfen den Schutz ihrer Werte nicht länger als Kostenfaktor sehen, sie müssen ihn als Grundlage ihrer Geschäftstätigkeit begreifen."

Unsecured Economies kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem in Brasilien, Japan und China in sichere Speicherorte für geistiges Eigentum investiert wird. So gaben beispielsweise 60 Prozent der Befragten aus China an, das ein besserer Schutz vor dem Zugriff Unbefugter der Grund dafür sei, dass sie sensible Informationen außerhalb des eigenen Landes verwahrten.
 
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie

Geistiges Eigentum durch Rezession stärker gefährdet
Unternehmen fürchten die Auswirkungen der globalen Finanzkrise auf die Sicherheit von geistigem Eigentum und anderen betriebswichtigen Informationen. 39 Prozent der Befragten gaben an, dass solche Informationen im gegenwärtigen Wirtschaftsklima gefährdeter seien als zuvor.
 
Bemühungen zum Schutz von Informationen variieren

In Schwellenländern ist die Motivation, geistiges Eigentum zu schützen, größer als in vielen westlichen Ländern. In Brasilien, China und Indien wird für entsprechende Sicherheitsmaßnahmen mehr Geld ausgegeben als in Deutschland, Großbritannien, den USA und Japan. 74 Prozent der chinesischen und 68 Prozent der indischen Befragten sehen in Investitionen zum Schutz geistigen Eigentums eine Maßnahme zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit.
 
Geistiges Eigentum ist eine internationale Währung

Internetverbrecher haben es zunehmend auf geistiges Eigentum abgesehen. Nach Aussagen von Experten waren Mafiabanden im Cyberspace zuletzt für eine wachsende Zahl von Angriffen auf Unternehmensdaten verantwortlich. Deren Vertreter nehmen verstärkt Führungskräfte mittels ausgefeilter Phishingtechniken ins Visier. 39 Prozent der Untersuchungsteilnehmer bezeichneten den Schutz ihres geistigen Eigentums vor externen Datendieben als ihre derzeit größte Sorge.
 
Mitarbeiter veruntreuen vertrauliche Informationen

Eine wachsende Zahl von Angestellten, die finanziell unter Druck stehen, nutzt den Zugang zu firmeneigenen Systemen, um betriebswichtige Informationen zu entwenden. Die anhaltende Rezession und der fortschreitende Arbeitsplatzabbau verführen Mitarbeiter dazu, sich durch gestohlene Betriebsgeheimnisse für künftige Arbeitgeber interessanter zu machen. 42 Prozent der Befragten betrachteten entlassene Mitarbeiter als Hauptgefahr für schützenswerte Informationen.
 
Es gibt regionale Unterschiede

In die Datenschutzrichtlinien der Unternehmen fließen länderspezifische Risiken ein. Vor allem China, Pakistan und Russland wurden von den Befragten aus rechtlichen, kulturellen und ökonomischen Gründen als unsicher eingestuft. So verzichteten 26 Prozent der Untersuchungsteilnehmer bewusst darauf, in China betriebswichtige Informationen vorzuhalten. Auf der anderen Seite gaben 47 Prozent der chinesischen Befragten an, sie glaubten, dass die größte Bedrohung für ihr geistiges Eigentum von den USA ausgehe.
 

Kommentare zu diesem Beitrag

Claudia /29.01.2009 12:25
Herr Steinbrück und die Politik machen es doch vor. Der Staat zahlte fünf Millionen Euro für eine Daten-DVD mit Informationen über Steuersünder, die zuvor über kriminelle Kanäle dem BND angeboten wurde. Mit der Involvierung des BND ist die Anwendbarkeit von § 9 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst indiziert, wonach der Dienst Informationen an inländische öffentliche Stellen nur übermitteln darf, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Die strafrechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehung gehört eindeutig nicht dazu. Auch für die Zwecke der öffentlichen Sicherheit musste der Staat keine kriminellen Pfade betreten.

Beschaffung und Weitergabe der DVD-Daten ist - nach Meinung so ziemlich aller Rechtsexperten - rechtswidrig gewesen. Leider haben unsere Politiker noch nicht verstanden, dass man kein Recht schafft, indem man selber Unrecht begeht. Daher dürfen sich unsere Politiker nicht wundern, wenn auch in der Gesellschaft es als "normal" angesehen wird, dass man Daten klaut und für eigene Zwecke verwendet, um seine eigenen Ziele zu erreichen.
Hero /29.01.2009 18:56
Seriöse Zahlen für den Schaden basierend auf Datendiebstahl zu schätzen kommt Kaffeesatzleserei gleich. Es sei erinnert: Auf dem Schwarzmarkt sind Bankverbindungen von 21 Millionen Bundesbürgern illegal im Umlauf. Die Datenmenge wurde Journalisten der Wirtschaftswoche für knapp zwölf Millionen Euro angeboten. Neben den Angaben zur Person wie etwa Geburtsdaten sollen die Datensätze die Bankverbindung mit Kontonummer und Bankleitzahl, in einigen Fällen sogar detaillierte Angaben zur Vermögenslage enthalten. Wie will ich allein hierfür den Schaden ermitteln?
Uwe /29.01.2009 23:02
Liegen die Ursachen wirklich in der anhaltenden Rezession und dem fortschreitenden Arbeitsplatzabbau? Oder liegt es vielmehr daran, dass in unserer Gesellschaft nur die wenigsten ein Gefühl dafür haben, was rechtswidrig ist ;-( Die diversen Skandale beim Handel mit Adress- und Kontodaten zeigen doch, wie es um den Datenschutz in Deutschland bestellt ist!
CyberKing65 /30.01.2009 06:49
Über die exakte Schadendimension in Euro kann man sicherlich streiten. Fakt ist jedoch, dass sich in 2008 ggü dem Vorjahr - nach Informationen des Bundeskriminalamts (BKA) - die Gesamtzahl der mithilfe des Internets verübten Straftaten um acht Prozent auf 180.000 erhöhte. Allein beim Diebstahl von Kontodaten mit dem sogenannten Phishing erhöhte sich die Zahl der Fälle um 20 Prozent auf 4.200.
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