Die Stunde der Regulatoren

Vertrauen muss in die Märkte zurückkehren


Die Aufsichtsbehörden in den europäischen und transatlantischen Ländern laufen derzeit auf vollen Touren, um dem Sturm der internationalen Finanzkrise entgegen zu steuern. Anfang der Woche haben die Regierungen Belgiens, Frankreichs und Luxemburgs dem angeschlagenen Kreditunternehmen Dexia mit einer milliardenschweren Finanzspritze ausgeholfen. Die Staaten und weitere Anteilseigner der belgisch-französischen Finanzgruppe werden im Zuge einer Kapitalerhöhung 6,4 Mrd. Euro in Dexia investieren. Belgiens Ministerpräsident Yves Leterme erklärte, nach langen Verhandlungen hätten sich die drei Staaten in der Nacht Dienstag auf die Hilfe verständigt. Die Finanzspritze soll nach Letermes Darstellung die Märkte beruhigen, nachdem der Kurs der Dexia-Aktie am Vortag um fast 30 Prozent eingebrochen war.

Die Stützung von Dexia war nach Aussage von Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde ein notwendiger Schritt. Ein Zusammenbruch des Finanzinstituts wäre "für die Stabilität des gesamten Systems gefährlich" gewesen, so Lagarde. Ohne die Finanzspritze der Regierungen wäre die Bank in den kommenden Tagen in Liquiditätsprobleme geraten. Dexia stellt nach Aussage der Finanzministerin rund 50 Prozent des Finanzierungsbedarfs der kommunalen Regierungen in Frankreich. Eine Pleite hätte die Gefahr eines systemischen Risikos nach sich gezogen. Die auf Kommunalkredite spezialisierte Dexia AS war über ihre US-Anleihenversicherersparte FSA stark im US-Immobilienmarkt engagiert und wurde von der Subprime-Krise hart getroffen. Die Krise des Instituts hat auch personelle Konsequenzen: Dexia-CEO Axel Miller sowie der Chairman, Pierre Richard, mussten bereits ihren Hut nehmen. Weitere Verantwortliche aus dem Risikomanagement dürften noch folgen. Weiterhin hat die französische Regierung eine Staatsgarantie für Banken in Aussicht gestellt. Budgetminister Eric Woerth sagte, der Staat würde alle Einlagen bei Banken, die sich in Schwierigkeiten befinden, garantieren. Zugleich äußerte Woerth aber die Überzeugung, dass die französischen Banken "stark" seien.

Auch in Spanien sind die Aufseher zum raschen Eingreifen bereit. Zwar befände sich das spanische Bankensystem trotz der globalen Finanzkrise nach Einschätzung von Finanzminister Pedro Solbes in einer soliden Verfassung. "Aufgrund der Informationen, die uns vorliegen, glauben wir, dass die spanischen Banken in einer auskömmlichen Position sind", sagte der frühere
EU-Kommissar. Sollen trotzdem Probleme entstehen, dann sei seine Regierung zum Handeln bereit. Die Situation in Spanien sei aber nicht mit der Lage in anderen Ländern vergleichbar. Obwohl Spanien wegen des Einbruchs am Immobilienmarkt unter einer starken Abschwächung der Wirtschaft leidet, sagen Analysten, dass die Banken des Landes durch eine gute Eigenkapitalausstattung und einer ausreichenden Risikovorsorge geschützt sind.

Intervenieren musste dagegen schon jetzt die Regierung in Irland. Der irische Staat garantiert alle Einlagen bei den wichtigsten inländischen Banken. Wie die Regierung jetzt mitteilte, werden neben den Einlagen auch Pfandbriefe sowie vorrangig besicherte und nachrangig besicherte Schulden garantiert. Für die Finanzinstitutionen Allied Irish Bank, Bank of Ireland, Anglo Irish Bank, Irish Life and Permanent, Irish Nationwide Building Society und Educational Building Society gilt bereits gilt die Staatshaftung. Erst vor zehn Tagen hatte die Regierung verkündet, sie werde Einlagen bis zur Höhe von 100.000 EUR garantieren. Die auf zwei Jahre Laufzeit angelegte Garantie wird den Institutionen zu üblichen Geschäftsbedingungen angeboten. Das Finanzministerium in Dublin erklärte, man wolle jede Unsicherheit aus dem Umfeld der Banken verbannen.

In der Schweiz ist man dagegen um Beruhigung der Märkte bemüht. Die UBS AG und die Credit Suisse Group sind nach Einschätzung der Schweizer Bankenaufsicht trotz des Scheiterns des Rettungspakets für den Finanzsektor im US-Kongress gut kapitalisiert. Es sei zwar noch zu früh zu sagen, welche Auswirkungen der zunächst fehlgeschlagene Bailout-Versuch für die hiesigen Banken habe, sagte Alain Bichsel, Sprecher der Schweizer Bankenaufsicht. Klar sei aber, dass die größten Banken gut kapitalisiert in diese schwierige Situation gingen. Der Rettungsplan der US-Regierung für den Finanzsektor mit einem Volumen von 700 Mrd USD war am Montag spektakulär gescheitert. Im Repräsentantenhaus stimmten 228 Abgeordnete gegen das Maßnahmenpaket, nur 205 votierten dafür. Unter den demokratischen Abgeordneten fand der Gesetzentwurf eine Mehrheit, die Republikaner von US-Präsident George W. Bush und Finanzminister Henry Paulson stimmten hingegen mehrheitlich gegen ihn.

Für ein Ende der Finanzkrise muss Vertrauen in die Märkte zurückkehren. Diese Einschätzung äußerte Deutsche-Bank-CEO Josef Ackermann am Rande einer Veranstaltung in Frankfurt. "Wir alle müssen dazu beitragen, dass das Vertrauen zurückkehrt", sagte der Manager. Es gebe ausreichend Liquidität im Markt. Ackermann wollte nichts zu dem möglichen Zeitpunkt eines Endes der Finanzkrise sagen. Er lobte lediglich das Liquiditätsmanagement der Europäischen Zentralbank. Die Rettung der Hypo Real Estate Holding AG diese Woche sei ein "sehr wichtiges Signal" und habe Marktanormalitäten im deutschen Markt verhindert.

Die Gruppe der sieben führenden Industrieländer (G-7) steht nach Aussage von Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen notfalls für weitere Maßnahmen zur Stabilisierung des internationalen Finanzsystems bereit. "Auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene haben die Notenbanken, Aufseher und Finanzministerien schnell und entschieden reagiert, um die aktuelle Finanzmarktkrise einzudämmen", sagte Asmussen am Mittwoch in Berlin. Sie stünden bereit, das System "so zu stabilisieren, dass die Finanzsysteme weiter funktionieren", kündigte Asmussen an. "Die Lage am Finanzmarkt ist weiter angespannt", konstatierte der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium (BMF). Die G-7-Finanzminister und Notenbankgouverneure hätten erneut unterstrichen, dass sie bereit seien, "individuell und kollektiv alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Stabilität des internationalen Finanzsystems zu sichern", sagte Asmussen bei einer Veranstaltung der True Sales Intiative (TSI) zur Perspektive der Verbriefungsmärkte und forderte zudem Neuregelungen für verbriefte Produkte. 


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