GRC in der Praxis

Von der Resilienz und dem nachhaltigen Handeln


Interview

Die Krise gibt, die Krise nimmt. Während die Coronakrise und die damit verbundenen Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung viele Unternehmen und Branchen an den Rand des wirtschaftlichen Abgrunds drängen, geht es auch um Hilfsprogramme im mehrstelligen Milliarden-Euro-Bereich. In diesem Zuge stellt sich die Frage: Welche Unternehmen die Coronakrise überleben und förderungsfähig sind?  

Für Josef Scherer, Professor an der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) und Gründer des "International Institute for Governance, Management, Risk & Compliance (GMRC)", ist klar: "Es würde jetzt keinen Sinn ergeben, nach dem Gießkannenprinzip Milliarden zu verteilen." Denn seiner Meinung nach kämen große Teile dieser Summe überhaupt nicht an. Im Umkehrschluss müssten nach Scherers Worten Unternehmen, die kein zukunftsfähiges Geschäftsmodell hätten oder so resilient seien, dass sie die Krise überhaupt überleben könnten, über den Weg der Insolvenz nachdenken. Scherer bringt es auf den Punkt: "In solchen Fällen ist die Insolvenz ein schmerzliches Mittel, aber ein heilsames Mittel." Doch auch in der Insolvenz besteht nach seinem Dafürhalten die Chance eines Neuanfangs.  

In diesen Überlegungen schwingt viel das Thema der Nachhaltigkeit mit. Also eines nachhaltigen Wirtschaftens – nach vorne gerichtet und die Chancen für das Unternehmen suchend. Damit Nachhaltigkeit nicht zum reinen Schlagwort verkommt, muss erst einmal definiert sein, was nachhaltig ist. Nach Scherers Worten ist nachhaltig mehr als Ökologie. Es gehe vielmehr darum, neben der ökologischen Nachhaltigkeit auch die Aspekte der wirtschaften und sozialen Nachhaltigkeit zu betrachten und in den Gesamtdiskurs einzubeziehen. Damit wird der Kreis erweitert und es finden sich Punkte, wie Risiko- und Compliancemanagement, aber auch Ethik und Menschenrechte verankert.

Übertragen auf die viel diskutierte Digitalisierung stellt sich beispielsweise die Frage, ob ein digitalisierter Prozess überhaupt einen Wertbeitrag im täglichen Arbeitsablauf bedeutet. Scherer bricht es auf den einfachen Nenner herunter: "Ich kann sehr viel digitalisieren, oft bringt es aber nichts." Das heißt: Es geht darum, den digitalen Ideen und der Umsetzung in Organisationen stets einen Wertbeitrag entgegenzusetzen. Ist dieser nicht vorhanden oder zu schwach, dann bringt dieser digitalisierte Prozess für das Unternehmen wenig, kostet Geld, Zeit und Ressourcen.

Um das theoretische Gebilde von Governance, Risk- und Compliancemanagement in die Praxis zu überführen braucht es aus der Sicht Scherers das praktische Arbeiten – ein Umstand, der in seinem Institut durch die starke Praxisverankerung gegeben ist. "Wir kommen in viele Unternehmen rein und machen dort Informationssicherheit, Risikomanagement und Compliance." Und Scherer ergänzt: "Wir schauen uns die Organisation von innen an, um daraus zu lernen."

Die Redaktion von RiskNET traf und sprach im Rahmen des RiskNET Summit 2020 im Oktober 2020 Josef Scherer, Professor an der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) sowie Gründer des "International Institute for Governance, Management, Risk & Compliance (GMRC)". Unser Interview handelt unter anderem vom Überleben von Unternehmen und deren Resilienz, dem Digitalisierungsweg sowie Managementsystemen und GRC in der Praxis.

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[ Bildquelle Titelbild: RiskNET GmbH | Peter Hartmann ]
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