Der Fachverband Unternehmensführung und Controlling BDU hatte die Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP) entwickelt, um die Aussagefähigkeit und Qualität von Unternehmensplanungen zu erhöhen.
Mit den GoP sollen die essentiellen Anforderungen an Unternehmensplanungen festgelegt werden. Durch den damit aufgespannten Rahmen wird die Planung zu einem sicheren und reproduzierbaren Prozess mit Rückkopplungsschleifen. Jeder individuellen Unternehmensplanung geht dabei eine Analyse voraus, die sowohl den Ist-Zustand abbildet als auch zukünftige Potenziale aufzeigt.
Ausgangspunkt der zukunftsbezogenen Planung ist dabei die Prognose künftiger Entwicklungen und Veränderungen des Unternehmens und seines Umfeldes (beispielsweise Wettbewerber und Kunden). Der Unternehmensplan legt unter anderem
- die Unternehmensziele,
- die strategische Ausrichtung,
- die geplanten Maßnahmen und
- die zur Realisierung vorgesehenen Mittel
für die Planperioden fest. Die Strategie ist Grundlage der operativen Planung. Diese muss gemäß GoP mittels integriertem Planungsmodell Erfolgs-, Bilanz- und Cashflow-Planung transparent verknüpfen. Die Ableitung von Teilplänen (beispielsweise Personalplan, Investitionsplan) wird von den GoP empfohlen.
Eine der wichtigen Herausforderungen für jede Planung besteht darin, Transparenz zu schaffen hinsichtlich der Planungssicherheit. Risiken werden dabei verstanden als mögliche Planabweichungen, was Chancen (mögliche positive Abweichungen, "upside risk") und Gefahren (mögliche negative Abweichungen, "downside risk") einschließt. Die GoP tragen dieser engen Verknüpfung von Planung und Risiko Rechnung, indem Transparenz gefordert wird über diejenigen Risiken, die Planabweichungen auslösen können. Risiken, beispielsweise unsichere Plannahmen, sind dabei zu identifizieren und quantitativ zu beschreiben. Dies ist beispielsweise möglich durch die Angabe von (a) Mindestwert, (b) wahrscheinlichstem Wert und (c) Maximalwert einer Plangröße oder Planannahme, womit implizit auch der Erwartungswert erfasst wird. Dieser ergibt sich bei einer oft unterstellten "Dreiecksverteilung" gerade als der Durchschnitt der drei genannten Werte. Durch die Angabe solcher "Bandbreiten" werden Scheingenauigkeiten vermieden.
Abbildung 1: Struktur und Inhalte der "Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP)"
Erst durch die Berücksichtigung von Chancen und Gefahren (Risiken) ist es möglich, tatsächliche aussagefähige und entscheidungsrelevante Planwerte im Sinne von Erwartungswerten zu erhalten. Es ist eine wesentliche Anforderung der GoP vorzugsweise Planwerte zu bestimmen, die "im Mittel" richtig sind, also bei denen mögliche positive und negative Planabweichungen adäquat berücksichtigt sind. Nur auf diese Weise berechnete Planwerte können die Grundlage für unternehmerische Entscheidungen (beispielsweise Investitionsentscheidungen) sein – nicht jedoch beispielsweise "wahrscheinlichste Werte" (Modus), wie man sie heute noch oft in der Planung sieht.
Die Transparenz über die Planungssicherheit ist zudem notwendige Voraussetzung für eine wertorientierte Unternehmensführung, denn bekanntlich ist Planungssicherheit (der aggregierte Gesamtrisikoumfang) die Grundlage für die Bestimmung von planungskonsistenten Risikomaßen (Standardabweichung der Cashflows oder Value-at-Risk), die dann wiederum die risikogerechten Kapitalkosten (risikogerechte Anforderungen an die zu erwartende Rendite) bestimmen.
Rating und Finanzplanung in den GoP
Die Finanzierungsplanung ist ein wesentlicher Teil der operativen Unternehmensplanung, und der zu finanzierende Kapitalbedarf des Unternehmens muss fundiert abgeleitet werden, beispielsweise unter expliziten Annahmen bezüglich Debitorenfrist, Kreditorenfrist und Vorratsreichweite, Investitionen usw. Die Verknüpfung von Risikomanagement und Planung, die durch die GoP angestoßen wird, schafft die Voraussetzung dafür, risikogerechte Finanzierungsstrukturen abzuleiten, eine Bedrohung des zukünftigen Ratings rechtzeitig zu erkennen und bei wesentlichen Entscheidungen erwartete Erträge und Risiken im Sinne einer wertorientierten Unternehmensführung gegeneinander abzuwägen.
Bei den heute noch vorherrschenden kapitalmarktorientierten Steuerungssystemen (beispielsweise Economic Value Added-Konzepte, EVA) auf Grundlage des Capital Asset Pricing Models (CAPM) zur Bestimmung von Kapitalkostensätzen ist Planungskonsistenz dagegen nicht gewährleistet, wenn – statt Plandaten – historische Aktienrenditen betrachtet werden. Bei einer Unternehmensplanung gemäß der GoP ist gewährleistet, dass Transparenz geschaffen wird über die an sich bewertungsrelevanten zukünftigen Risiken. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, Kapitalkostensätze (Diskontierungszinssätze) im Rahmen des wertorientierten Managements fundiert abzuleiten aus den entscheidungsrelevanten (aggregierten) zukünftigen Risiken. Der Umweg über Kapitalmarktdaten, die für viele Unternehmen nicht verfügbar sind, ist nicht mehr erforderlich: Zunehmende mögliche Planungsabweichungen bzw. Bedarf an Eigenkapital implizieren höhere Kapitalkostensätze, also höhere Anforderungen an eine risikogerechte Rendite.
Analog dem auf dem Kontroll- und Transparenzgesetz (KonTraG) basierenden IDW- Prüfungsstandard 340 fordern die GoP die Bestimmung des aggregierten Gesamtrisikoumfangs, da nur auf diese Weise der Umfang möglicher Planabweichungen (Planungssicherheit), der risikogerechte Eigenkapitalbedarf und die Bestandsgefährdung des Unternehmens beurteilt werden können.
Die Verknüpfung von Planung mit Risikoinformationen ermöglicht sogar die Erstellung sogenannter "stochastischer" Ratingprognosen, die einen Entwicklungskorridor (eine Bandbreite) der zukünftigen Ratingentwicklung anzeigen und damit in besonderer Weise für eine mögliche in der Zukunft liegende Bedrohung des Kreditratings und damit des Unternehmens sensibilisieren können.
Das zukünftige (Kredit-)Rating eines Unternehmens ist abhängig von der Unternehmensplanung und denjenigen Risiken, die Planabweichungen auslösen können. Zwischen Unternehmensplanung und Rating gibt es jedoch eine wechselseitige Abhängigkeit, die zu berücksichtigen die GoP fordert. Zum einen ist es für eine tragfähige Unternehmensplanung notwendig, dass deren Konsequenzen für die zukünftige Entwicklung wesentlicher Finanzkennzahlen (wie Eigenkapitalquote oder Gesamtkapitalrendite) zu einem Rating führen, das die diesbezüglichen Mindestanforderungen der Kreditinstitute erfüllt. Eine Unternehmensplanung muss also auch aus Sicht der Gläubiger tragfähig sein, was schon bei der Erstellung der Planung berücksichtigt werden muss ("Ratingprognose").
Darüber hinaus ist eine wichtige Größe der Unternehmensplanung – der Fremdkapitalzinssatz – unmittelbar vom Kreditrating und der geschätzten Insolvenzwahrscheinlichkeit des Unternehmens abhängig. Um also den zukünftigen Fremdkapitalzinssatz und damit den Zinsaufwand fundiert beurteilen zu können, müssen die Konsequenzen der Unternehmensplanung (bzw. Planszenarien) für die wesentlichen Finanzkennzahlen, die das zukünftige Kreditrating bestimmen, abgeschätzt werden. Es ist offensichtlich ein erheblicher Unterschied für die Planung und die Planergebnisse, ob in Anbetracht des daraus resultierenden Ratings (beispielweise) mit einer einprozentigen oder achtprozentigen Insolvenzwahrscheinlichkeit gerechnet wird, da die geschätzte Insolvenzwahrscheinlichkeit als Risikozuschlag im Fremdkapitalzinssatz berücksichtigt wird.
Unternehmenskrisen entstehen, wenn durch das Wirksamwerden von Risiken erhebliche negative Planabweichungen auftreten. Um die Bestandsgefährdung und Krisenanfälligkeit eines Unternehmens zu bestimmen, können ausgehend von einer Unternehmensplanung im Sinne der GoP zunächst sogenannte "Stressszenarien" berechnet werden (beispielsweise Umsatzeinbruch um 30 Prozent). Für das so berechnete "Worst case"-Szenario kann im nächsten Schritt geprüft werden, welches Kreditrating (geschätzte Insolvenzwahrscheinlichkeit) sich hier ergibt, womit auf eine mögliche Bestandsbedrohung hingewiesen wird.
Mit Hilfe der bereits erwähnten "Bandbreitenplanung" und den "stochastischen" Ratingprognosen kann ergänzend mittels Simulation unmittelbar berechnet werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit bei einer gewählten Planungsvariante (und gegebenem Risikoprofil) ein vorgegebenes Mindest-Rating verfehlt bzw. Kreditvereinbarungen (Covenants) verletzt werden.
Mit den GoP wurde eine wichtige Grundlage geschaffen, um Mindestanforderungen an eine Unternehmensplanung zu gewährleisten. Mit den GoP 2.1 wurde in methodischer Hinsicht eine wesentliche Weiterentwicklung erreicht. Hervorzuheben sind die Forderungen nach mehr Klarheit bezüglich der verwendeten Begriffe und der Transparenz über die Planungssicherheit sowie die Anforderung, eine Unternehmensplanung auch aus Perspektive der Gläubiger zu beurteilen – weil nur Planungen umsetzbar sind, die auch für Gläubiger akzeptabel sind.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass eine Unternehmensplanung nach GoP zu mehr Transparenz führt und die Voraussetzungen schafft für eine fundiertere Entscheidungsvorbereitung durch das Controlling.
Autoren:
Dr. Werner Gleißner, Vorstand FutureValue Group AG, Leinfelden-Echterdingen.
Frank Romeike, Geschäftsführender Gesellschafter RiskNET GmbH, Brannenburg und verantwortlicher Chefredakteur der Zeitschriften Risk, Compliance & Audit (RC&A) und RISIKO MANAGER.
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