Weltbankpräsident Robert Zoellick hat Europa zu größeren Anstrengungen zur Beilegung der Schuldenkrise aufgefordert. Dazu könne die Ausgabe von Euro-Bonds gehören, um größere Länder wie Spanien und Italien zu stützen. Deren zuletzt gestiegenen Zinsen haben die Zweifel an ihrer Fähigkeit zum Abbau des Defizits wachsen lassen.
Zoellick forderte im Interview mit dem Wall Street Journal zudem Industrie- wie Schwellenländer zu langfristigen Maßnahmen auf, die über die traditionelle Ausgabenpolitik und Zentralbankprogramme hinausgehen. Damit soll das Wachstum gefördert werden, während sich die Umstände deutlich eingetrübt haben.
Die Weltwirtschaft werde noch über Jahre unter der anhaltenden Krise in Europa und einer allgemeinen Unsicherheit leiden, sagte Zoellick. "Das Problem ist nicht einfach ein kurzfristiger Abschwung", erklärte er. "Die Erholung wird lange Zeit brauchen, in der wir noch für einige Zeit durch Europa anfällig sein werden."
Auch der Schuldenabbau werde langsamer vorangehen und die Preise von Öl und anderen Rohstoffen schwanken, was die Unsicherheit weiter erhöhe, sagte Zoellick. "Also muss auch die Politik differenziert sein", forderte er, der Ende Juni nach fünfjähriger Amtszeit die Geschäfte an Jim Yong Kim übergibt. Der Republikaner wird immer wieder als möglicher Finanz- oder Außenminister genannt, sollte Mitt Romney im November zum US-Präsident gewählt werden.
Nach Ansicht von Zoellick haben die Schwierigkeiten Europas schon weit mehr negative Folgen als nur die Ansteckung der Schwellenländer in der Region. "Frustrierend dabei ist: Europa unternimmt zwar Schritt für Schritt Maßnahmen, um die Kombination der Probleme anzugehen: Bankensektor, Staatsschulden und Wettbewerbsfähigkeit", sagte er. "Aber es ist immer einen Tag zu spät und ein Euro zu wenig."
Da die Gefahr eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone immer größer wird, stehen die Politiker Europas unter zunehmendem internationalen Druck, mehr für die Integration zu tun, um die Krise einzudämmen. Viele der diskutierten Möglichkeiten dazu werden aber von Deutschland abgelehnt. Berlin fürchtet, die strauchelnden Länder könnten dann den als nötig erachteten Reformkurs verlassen.
Zoellick zufolge scheint Europa durch die geplanten Infrastrukturprogramme mehr in Richtung Wachstum zu unternehmen. Länder wie Italien oder Spanien bräuchten dennoch Zeit für die groß angelegten Reformen und in dieser Zeit eine Finanzierung, argumentierte er. "Meine Meinung ist, dass die Deutschen recht haben mit ihren Reformforderungen und dass sie auch nicht einfach ihren Kredit weitergeben", sagte Zoellick. Es gebe aber "teilweise Euro-Bonds-Lösungen", die die langfristige Finanzierung sicherten.
Auch die direkte Rekapitalisierung der europäischen Banken durch den Eurorettungsfonds, wie er gerade diskutiert wird, würde in seinen Augen das stete "Tröpfeln von schlechten Nachrichten und der Unsicherheit" verhindern. "Ich denke, man wird schnell den Punkt erreichen, wo der Souverän, dem die Märkte vertrauen, kein nationaler mehr ist, sondern ein Euro-Souverän sein muss", formulierte Zoellick.
Die Euro-Krise belastet die Wachstumsaussichten der ganzen Welt. Osteuropa, der Nahe Osten und Teile Afriks sind durch ihre Verbindungen in die Eurozone betroffen. Auch große Schwellenländer wie China verzeichnen eine Verlangsamung ihres Wachstums. Zoellick rät den Chinesen zu Konjunkturprogrammen, da zuletzt die Inflation zurückgegangen ist. Peking solle dabei aber mehr auf langfristige Investitionen zielen und die Ausgaben sollten von größeren strukturellen Reformen der Volkswirtschaft begleitet sein.
"Es wäre ein Fehler, zu einem Programm wie 2008 zurückzukehren, das aus großer Infrastruktur, Finanzmarktrausch und Kreditausweitung bestand", sagte er. "Ich denke, die chinesischen Behörden wissen das. Also hoffe ich, dass sie eine Mischung finden", fügte er hinzu.
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Die Bundesregierung hat ihre Ablehnung gegen die Einführung von Eurobonds bekräftigt. Die Haltung der Regierung sei "glasklar", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Eurobonds seien "ein völlig ungeeignetes Mittel, Europa aus der Krise zu führen". Seibert verwies aber darauf, dass am Ende einer Fiskalunion "über ein gemeinsames Schuldenmanagement" geredet werden könne. Zum jetzigen Zeitpunkt seien Eurobonds aber keine Lösung.
Die Bundesregierung widersprach Meldungen, dass sie Spanien dränge, unter den europäischen Rettungsschirm zu gehen. "Es ist allein Sache der nationalen Regierungen zu entscheiden, ob sie Rettungsschirme in Anspruch nimmt", sagte Seibert. Falls Hilfe benötigt werde, stehe Europa aber bereit, fügte Seibert hinzu.
Auch der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus, betonte, die spanische Regierung sei die einzige Instanz, dies zu entscheiden. Zugleich betonte er, sich nicht an Spekulationen über einen möglichen Griechenland-Austritt nach der Präsidentschaftswahl am 17. Juni zu beteiligen. "Alle Bestrebungen gehen dahin, dass Griechenland Teil der Eurozone bleibt", sagte er. Dafür werde aber eine stabile griechische Regierung gebraucht.
Am Abend wollen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zu einem zweistündigen Meinungsaustausch in Berlin treffen. Thema soll die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion sein. Barroso wird einen Zwischenstopp in Berlin auf dem Weg vom EU-Russland-Gipfel in St. Petersburg einlegen.